Der Bundestag hat die Antragsfrist bis 2027 verlängert, nach der Personen, die aufgrund des damaligen § 175 StGB – und des § 151 StGB in der DDR – verurteilt worden waren, entschädigt werden können. Der Paragraf 175 stellte Homosexualität von Männern unter Strafe, der Paragraf 151 der DDR galt für homosexuelle Kontakte von Frauen und Männern zu Jugendlichen.
Seit 2017 werden schwule Männer rehabilitiert, die durch die ehemalige Strafrechtsnorm verurteilt worden sind. Beantragt werden können Entschädigungen in Höhe von 3.000 Euro pro Verurteilung und weiteren 1.500 Euro je angefangenem Jahr in Haft. Im Rahmen der Abstimmung des Deutschen Bundestag zur Streichung des § 219a StGB (sog. Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche), wurde auch die Entschädigungsfrist des § 175 um fünf Jahre verlängert. Die nun bis 21. Juli 2027 laufende Möglichkeit einer Antragsstellung wäre andernfalls im Juli 2022 ausgelaufen.
2019 folgte eine Erweiterung des Entschädigungskreises. Seither haben nicht nur Verurteilte die Möglichkeit, einen Entschädigungsantrag zu stellen, sondern auch jene, die ohne rechtskräftiges Urteil wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Schaden erlitten haben. Das betrifft beispielsweise schwule Männer, die aufgrund ihrer Homosexualität und drohender Strafverfolgung ihren Job verloren haben.
Die Strafrechtsnorm trat bereits 1872 in Kraft, wurde durch die Nationalsozialist*innen sogar noch drastisch verschärft, in dem die Höchststrafe auf bis zu fünf Jahre hochgesetzt wurde. In der Bundesrepublik hielt man nach Ende des Zweiten Weltkrieges noch Jahrzehnte an der nationalsozialistischen Fassung fest, bis zu den Reformen 1969 bis 1973. Ersatzlos gestrichen wurde § 175 StGB allerdings erst 1994.
Der § 175 StGB der BRD ist im Rahmen der Debatte um die Verfolgung homosexueller Männer und damit verbundene Rehabilitation deutlich bekannter, entschädigt werden können jedoch auch alle Personen, die in der DDR unter dem Paragrafen § 151 StGB-DDR gelitten haben. In der DDR wurde der § 175 durch den § 151 ersetzt: „Fortan war Homosexualität zwischen Erwachsenen nicht mehr strafbar. Der homosexuelle Kontakt zu Jugendlichen wurde allerdings weiterhin unter Strafe gestellt, erstmals nun auch bei Frauen.“ Mehr zu diesem Hintergrund können Sie hier nachlesen. Einblicke in den Lebensalltag von Lesben in der DDR bietet dieser Film.
20.07.2022: Der Titel dieses Beitrages und der Abschnitt zum § 151 StGB DDR wurden erweitert, vielen Dank für den Hinweis an die Redaktion.