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8. Mai 2024

Altersarmut und Grundsicherung im Alter

Laut einem Bericht des NDR aus dem Februar verzeichnet Schleswig-Holstein einen erneuten Anstieg von Altersarmut. Demnach hat sich im Vergleich von 2021 zu 2022 der Anteil von Menschen über 65, die auf Grundsicherung angewiesen sind, um neun Prozent erhöht.

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Daten für 2023 sind liegen noch nicht vor. Wie der NDR unter Bezugnahme auf Zahlen des Statistikamts Nord schreibt, erhielten im Jahr 2022 24.600 Menschen, die älter als 65 Jahre sind, staatliche Leistungen. Ein Blick in die Statistik zeigt dabei einen deutlichen jährlichen Anstieg. Damit hat sich allein für Schleswig-Holstein die Zahl der auf Grundsicherung im Alter angewiesenen Personen in den letzten 20 Jahren verdoppelt.

Auch auf Bundesebene ist dieser Trend zu erkennen. Wie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) festhält, stieg der Anteil der Personen, die auf Grundsicherung im Alter angewiesen sind, seit 2006 von 2,3 Prozentpunkten auf 3,4 Prozentpunkte im Jahr 2021. Das entspricht einem Anstieg um knapp 48 % in 15 Jahren. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil in Schleswig-Holstein um 68 % an.

Überraschen sollte diese Entwicklung in den genannten Zeiträumen nicht. Bereits vor knapp einem Jahr hatten wir auf seniorenpolitik-aktuell einen Artikel zu diesem Thema veröffentlicht. Damals wurde aufgezeigt, dass ein Antrag auf Grundsicherung nach dem SGB XII bedeutet, dass das Einkommen und Vermögen nicht mehr ausreichen, um die lebensnotwendigen laufenden Kosten zu bestreiten. Das Sozialamt übernimmt dann den Teil, der für die Unterkunfts- und Heizkosten sowie für den weiteren existenzsichernden Lebensunterhalt fehlt. Dieser sogenannte „Regelbedarf“, der im Gegensatz zur Miete pauschal bemessen wird, beträgt seit dem 01.01.2024 in der ersten Regelbedarfsstufe 563 Euro.

  • Auf der Seite der Lebenshilfe finden sich umfangreiche Informationen und weiterführende Links zum Thema.
  • Auch das BMAS bietet einen umfangreichen Flyer zum Thema „Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung“.

Im Beitrag des NDR wird die Notwendigkeit einer Reform mit einem Zitat von Tim Holborn, Geschäftsführer des Landessozialverbands Schleswig-Holstein (SOVD), hervorgehoben. Holborn geht von einer Zuspitzung der Rentensituation aus und fordert mehr Einnahmen für die gesetzliche Rentenkasse, „zum Beispiel indem auch Selbstständige verpflichtend einzahlen müssen“.

Trotz Rentenreform könnte das Problem der Rente bereits bei nicht ausreichend entlohnter Arbeit angegangen werden. Der Niedriglohnsektor und soziostrukturelle Faktoren sind Grundlagen für eine schlechte Rente. Beispielhaft ist der Gender-Care-Gap zu nennen, also die Sorge-Arbeit, die meist immer noch von Frauen geleistet wird.

Dabei finden sich gerade in den Branchen, die dem Niedriglohnsektor zuzuordnen sind, immer wieder sogenannte „Scheinselbständigkeiten„. Ob also Selbständige die Lücke decken und welche sozialen Folgen dies hat, muss ebenfalls berücksichtigt werden. Hinzu kommt, dass durch eine Rentenreform diejenigen, die aufgrund ihrer Erwerbsbiografie keine oder kaum Rentenansprüche haben, diese auch weiterhin nicht haben werden, weil ihnen die Rentenpunkte fehlen. Laut BMAS haben nämlich 19,7 % der Menschen, die im Alter Grundsicherung beziehen, überhaupt kein anrechnungsfähiges Einkommen, also so wenig Rente, dass sie auf die volle Grundsicherung angewiesen sind. Bei weiteren 36,5 % sind weniger als 400 € anzurechnen.

Am Ende bleibt auch bei Altersarmut und Rentenreform die große Frage der Umverteilung zu stellen. Dabei können prekäre Arbeit und Gender-Care-Gap aufgegriffen werden. Dieser hat wiederum Auswirkungen auf den Gender-Pay-Gap (also die Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern).

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