Der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung Ulrich Hase hat eine Broschüre zum Thema barrierefreies Bauen vorgestellt. In der Broschüre werden die Fragestellungen „Wie sind die Anforderungen an Barrierefreiheit?“, „Wie lassen sie sich in der Praxis umsetzen?“ beantwortet.
Die Broschüre wurde in Zusammenarbeit mit den Architekten und Sachverständigen für Barrierefreiheit André Burkhardt und Marc Jestrimsky sowie dem Deutschen Seminar für Tourismus Berlin e.V. entwickelt. „Ein Faltblatt von 2011 diente als Orientierungshilfe zum Thema Barrierefreiheit. Darin fanden sich Anlaufstellen zur Beratung. Jetzt stellen wir bauliche Hürden im Alltag von Menschen mit Behinderungen dar und zeigen konkrete Maßnahmen auf, wie diese Hürden abgebaut werden können“, so der Landesbeauftragte. Berücksichtigt sind Barrieren, die Menschen mit körperlichen Einschränkungen, mit Hör- oder Sehschädigung sowie kognitiven Einschränkungen behindern.
Mit §2 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen wird bereits ersichtlich, wie umfangreich Barrierefreiheit ist. Knapp zwanzig Prozent, also etwa 545.000 Personen der Bevölkerung in Schleswig-Holstein haben Beeinträchtigungen. Ein großer Anteil dieser Personen ist im Alltag baulichen Hürden ausgesetzt. Das sind beispielsweise schwer zu öffnende Türen oder zu überwindende Ebenen. Sie sind auch für Menschen ohne Behinderung Hürden, wie für Personen mit Gepäck oder Kinderwagen. Welche Bereiche weiterhin Hürden aufweisen können und wann sie als barrierefrei gelten, wird zu Beginn der Broschüre definiert. Demnach werden u.a. die Bereiche:
- Bauliche Anlage,
- Verkehrsmittel,
- Gebrauchsgegenstände auf technischer Ebene,
- Systeme der Informationsverarbeitung,
- Visuelle und akustische Kommunikationseinrichtungen und Informationsquellen
aufgeführt, die als barrierefrei gelten, sofern sie für Menschen mit Behinderung ohne fremde Unterstützung und ohne besonderen Aufwand zugänglich und damit nutzbar sind. Daneben thematisiert das Vorwort der Broschüre das Verständnis des Begriffes der Barrierefreiheit auf der Ebene der UN-Behindertenrechtskonvention, welches die Grundlage der Broschüre bildet. Entsprechend werden die folgenden Schwerpunkte unter dem Fokus des barrierefreien Planens und Bauens inhaltlich betrachtet:
- Gestaltung von Bewegungsfreiheit: Vor allem für Menschen, die Hilfsmittel wie Rollstühle, Rollatoren oder Gehhilfen nutzen sind Bewegungsflächen von 1,50 x 1,50 Meter erforderlich. Das gilt für Sanitärräume, Flure, Wege im Außenbereich sowie für Flächen vor Türen, Fahrstühlen und Bedienelementen.
- Ermöglichung von Sitzplätzen: Für Personen, die eine Gehbehinderung haben oder für besonders große Menschen bedarf es Sitzgelegenheiten mit größerer Beinfreiheit. Zudem sollten Begleitpersonen von Rollstuhlfahrer/innen Sitzplätze in Nähe der Standplätze der Rollstühle eingerichtet werden und bei fest eingebauten Tischen darauf geachtet werden, dass diese eine von Rollstühlen zu unterfahrene Höhe aufweisen.
- Erleichterung in der Betätigung von Türen: Türen sollten zu öffnen und zu schließen sein, indem der Kraftaufwand dieser Handlung auf ein Minimum begrenzt wird oder die Türen über z.B. Automatiken auf entsprechender Greiftiefe, die für Menschen mit Sehbehinderung durch starke Kontraste erkennbar gemacht werden sollten, verfügen.
- Barrierefreiheit von Sanitärräumen: Jedes Gebäude der Öffentlichkeit muss über mindestens eine barrierefreie Toilette mit nach außen öffnenden Türen verfügen. Diese sollte von beiden Seiten anzufahren sein, Aspekte einer ausreichend großen Bewegungsfläche vor den diversen Sanitäranlagen (z.B. Waschbecken, WC-Becken) sowie die Unterfahrbarkeit dieser und Ausstattungen wie Stützklappgriffe, Rückenstützen sowie Notrufvorrichtungen aufweisen.
- Erleichterung des Zugangs: Eingänge oder Türschwellen sollten mit Rampen, die maximal eine Neigung von 6% haben und deren Geländer 30cm vor Anfang der Rampe beginnt und auch erst 30cm nach Ende der Rampe abschließt.
- Überwindung von Stockwerken: Neben den unverzichtbaren Aufzügen und ihren bereits angesprochenen Bewegungsflächen sind die Breiten der Aufzugtüren von mindestens 90cm und die Kabinen der Aufzüge von mindestens 1,10 x 1,40 Meter wichtige bauliche Merkmale. Darüber hinaus bedarf es taktil erfassbarer Bedienfelder mit Pyramiden- und Brailleschrift, Sprachansagen sowie sicht- und hörbare Anzeigen der Notrufeinrichtungen für blinde und sehbehinderte Menschen.
- Barrierefreie Bedienbarkeit von Schaltern und Tasten: Alle Schalter und Taster in öffentlichen Gebäuden sollten über ein visuell, akustisch und taktil wahrnehmbares Bedienelement mit vorgelagerter ausreichender Bewegungsfläche verfügen. Damit sollen der Erkennbarkeit, Erreichbarkeit und Nutzbarkeit dieser Rechnung getragen werden.
- Sicherheit von Treppen: Empfehlenswert sind Treppenaufgänge mit beidseitig durchgängigen Handläufen, die 30cm vor der Treppe beginnen sowie 30cm nach dieser enden. Daneben sind taktil wahrnehmbare Bodenindikatoren und deutlich gekennzeichnete Stufenkantenmarkierungen für sehbehinderte und blinde Personen sicherheitsfördernde Aspekte.
- Gestaltung von Wegen: Als Unterstützung blinder und sehbehinderter Personen beim gezielten Vorankommen dienen Orientierungs- und Warnelemente, wie z.B. Richtungs- und Aufmerksamkeitsfelder sowie Leit- und Auffindestreifen, im Bodenbereich. Diese sollten eine abweichende Oberflächenstruktur sowie visuelle Kontraste nach DIN 32975 aufweisen.
- Sicherheit durch Kontraste: Im Hinblick auf Glaselemente, Absturzkanten, in Verkehrsflächen hineinragende Gegenstände usw. ist eine auf Augen- und Kniehöhe kontrastierende Sicherheitsmarkierung und/oder eine taktil wahrnehmbare Absperrung für sehbehinderte Menschen unerlässlich.
- Barrierefreiheit von Rettungswegen: Für Personen mit eingeschränkter Sensorik, Motorik oder Kognition sollten angepasste Rettungskonzepte vorliegen. Demnach sollten für Rollstuhlfahrer/innen speziell gekennzeichnete Rettungswege vorhanden sein sowie für hörgeschädigte Menschen Aufenthaltsräume mit Blitzleuchten und für kognitiv eingeschränkte Menschen separierte Wartebereiche, von denen aus die Personen von den Rettungskräften hinausbegleitet werden können, eingerichtet sein.
- Vermittlung von Sprachinhalten per Induktion: Neben den optischen Kommunikationshilfen für gehörlose und ertaubte Personen bieten sich bei hörgeschädigten Menschen technische Hilfen in Form von induktiven Höranlagen (Ring- oder Induktionsschleifen) an. Diese ermöglichen die unmittelbare Übertragung der Sprache auf mit einer sogenannten T-Spule ausgestattete Hörgeräte oder Cochlea Implantate.
Zum Nachlesen der obigen Ausführungen steht Ihnen die Broschüre als PDF zur Verfügung.