Bis 2050 wird die Anzahl der Menschen mit Demenz voraussichtlich von 57 Millionen auf 153 Millionen steigen. Zu diesem Schluss kommt die „Lancet Commission on Dementia Prevention, Intervention, and Care“. Die Kommission untersucht seit Jahren, inwieweit die Erkrankung durch Vorbeugung abgemildert oder verhindert werden kann.
Laut einem Artikel des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) lassen sich nach dem neuesten Bericht der Lancet Kommission mittlerweile 14 Risikofaktoren für Demenz identifizieren, darunter
- schlechte Bildung
- Schwerhörigkeit
- Kopfverletzungen
- Bluthochdruck
- hoher Alkoholkonsum
- Adipositas
- Rauchen
- Depressionen
- psychischer Stress
- soziale Isolation
- Luftverschmutzung
- körperliche Inaktivität
- Altersdiabetes
Diese Faktoren seien für etwa 40 % aller Demenzerkrankungen verantwortlich. Neu hinzu kommen ist ein hoher LDL-Cholesterinspiegel (9 %) und unbehandelter Sehverlust (2 %).
Die gute Nachricht ist, dass viele dieser Risikofaktoren behandelbar sind, wenn sie frühzeitig erkannt werden. Außerdem ist das Demenzrisiko in Deutschland in den letzten Jahren gesunken. Laut Stefan Teipel, Leiter der Sektion für Gerontopsychosomatik und demenzielle Erkrankungen der Universitätsmedizin Rostock, hat jemand, „der heute 60 Jahre alt ist, […] ein etwa 3,5 Prozent geringeres Demenzrisiko als jemand, der vor zehn Jahren schon 60 Jahre alt war“. Teipel weist allerdings darauf hin, dass die genauen Faktoren für den Rückgang nicht im Detail rekonstruiert werden können. „Vermutlich liege es aber am Zugang der Nachkriegsgeneration zu einer besseren Gesundheitsversorgung und zu Bildung (gerade bei Frauen) und daran, dass die Zahl der Raucher und Raucherinnen bis vor wenigen Jahren abgenommen hat.“
Insgesamt kommt die Lancet-Studie zu dem Schluss, dass Maßnahmen zur Förderung der Herzgesundheit auch die Hirngesundheit unterstützen. Dazu zählen die Behandlung hoher LDL-Cholesterinwerte spätestens ab 40 Jahren sowie die allgemeine Reduktion von Zucker, Salz und Fett. Ebenfalls vorbeugend sind Maßnahmen gegen Sehstörungen und Hörstörungen, wobei Hörstörungen einen stärkeren Einfluss auf das Demenzrisiko haben.
Eine gute Versorgung mit Hörgeräten kann daher die Gedächtnisleistung verbessern und somit das Risiko senken. Weitere wichtige Maßnahmen sind weniger Rauchen und die Verringerung von Luftverschmutzung. Auf sozialer bzw. gesellschaftlicher Ebene sind der Zugang zu Bildung und ein aktives Leben in der mittleren Lebensphase entscheidend, ebenso wie die Förderung von Gemeinschaftseinrichtungen zur Vermeidung von Isolation. Für weitere Vorschläge lohnt sich ein Blick in den Artikel des Redaktionsnetzwerkes Deutschland.
Einen Aspekt, der im Artikel nicht weiter aufgegriffen wird, ist die Schnittmenge der Risikofaktoren mit denen der häufigsten Zivilisationskrankheiten, von denen gerade Ernährung und Luftverschmutzung durchaus mit der sozioökonomischen Lebenssituation und den darin entstehenden Konventionen zusammenfallen. Aber auch der Zugang zu Bildungsangeboten liegt nicht im alleinigen Handlungsraum der Person, sondern hängt immer auch von den lokalen Angeboten und dem finanziellen Spielraum von Menschen und Kommunen ab.
Folgt man den Faktoren, lassen sich drei grobe Kategorien erkennen:
- Gesundheit und Ernährung, etwa durch Reduktion von zu viel Salz, Zucker oder Fett sowie Umgebungseffekte wie bspw. schlechte Luft.
- Anregung und Entwicklung des Gehirns über Bildungszugänge und Aktivitäten.
- Soziale Kontakte.
Wie wir bereits in unserem Artikel „Strategien gegen Einsamkeit“ dargelegt haben, liegen die Handlungsmöglichkeiten dabei nicht unbedingt bei den Betroffenen selbst. Zwar kann sich jede Person, die sich dazu in der Lage sieht und weiß, wo ihre Risiken liegen, präventiv darum kümmern. Gesamtgesellschaftlich liegt die Verantwortung für Prävention von Demenz allerdings auch bei Politik und Institutionen, die den Rahmen für den Zugang zu Bildung und Gesundheit sowie den sozialen Anschluss gestalten.