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2. März 2023

„Generationenkapital“: Mit Aktienspekulationen zur Generationengerechtigkeit?

„Verzockt meine Rente nicht“ titelt die Gewerkschaft ver.di in der aktuellen Ausgabe ihrer Zeitung „publik“. Die Kritik zielt ab auf die Pläne der Bundesregierung zur Einführung einer Aktienrente – im Finanzministerium spricht man inzwischen vom „Generationenkapital“. Könnte die Rente nun wirklich „verzockt“ werden? Was bedeuten die Pläne der Regierung für die Altersvorsorge, was ist dran an der Kritik?

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Wir haben schon einmal über die Aktienrente berichtet. Damals, im Herbst 2021, liefen gerade die Koalitionsverhandlungen der Ampelregierung. Die Einführung eines Aktienanteils in der Altersvorsorge war bereits im Sondierungspapier der drei Parteien vereinbart worden und hat es dann – wenig überraschend – auch in den finalen Koalitionsvertrag geschafft.

Darin heißt es zunächst, dass es keine Rentenkürzungen und keine Anhebung des Renteneintrittsalters geben soll. Ergänzt wird dann: „Um diese Zusage generationengerecht abzusichern, werden wir zur langfristigen Stabilisierung von Rentenniveau und Rentenbeitragssatz in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung einsteigen.“

Demografie als Herausforderung

„Generationengerecht“ ist dabei das zentrale Stichwort der Befürworter*innen dieses Ansatzes. Sie weisen auf den demografischen Wandel hin: Auf immer mehr Rentnerinnen und Rentner kommen immer weniger Beitragszahler*innen. Verschärft wird die Tendenz durch den Renteneintritt der sogenannten „Babyboomer“-Generation ab 2025. Gemeint sind die geburtenstarken Jahrgänge der 60er-Jahre, die in den kommenden Jahren in den Ruhestand eintreten werden.

Der Grund, warum das für das Rentensystem zur Herausforderung werden könnte, liegt in der Umlagefinanzierung der gesetzlichen Altersvorsorge. Die Beiträge, die während des Berufslebens in die Rentenversicherung eingezahlt werden, werden nicht für die eigene Rente im Alter zurückgelegt, sondern direkt auf die ältere Generation „umgelegt“, d. h. als Rente ausbezahlt. Im Ergebnis könnte das bedeuten, dass die Beiträge, die Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen in die Rentenversicherung abführen, in Zukunft immer weiter steigen müssten.

Ergänzung der umlagefinanzierten Rente

Daher soll die gesetzliche Rente nach Plänen der Bundesregierung um einen Kapitalanteil erweitert werden. In kreativer Marketing-Sprache nennt Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) das Vorhaben nun „Generationenkapital“. Das soll allerdings nicht nur gut klingen, es deutet auch an, worum es gehen soll: Vorgesehen ist nämlich nicht (mehr), die Rentenansprüche zu erhöhen. Vielmehr sollen die Beitragssätze weitgehend stabil gehalten werden. Konkret geplant ist, zehn Milliarden Euro pro Jahr in einen neu zu schaffenden Fonds zu investieren.

Zur Verwaltung des Geldes wird eine öffentlich-rechtliche „Stiftung Generationenkapital“ geschaffen, die Erträge aus der Anlage sollen durch eine rechtlich verankerte Zweckbindung der gesetzlichen Rentenversicherung zugutekommen. Aufgebaut werden soll der Fonds aus Haushaltsmitteln. Eine Verwendung der Beitragsgelder hätte ein Loch in der Rentenversicherung zur Folge, dass dann ohnehin wieder durch Haushaltsmittel hätte gedeckt werden müssen.

Das Geld aus dem Fonds soll dann am Kapitalmarkt angelegt werden und die erwarteten Erträge schon ab Mitte der 2030er  der Rentenversicherung zugutekommen. „Das Generationenkapital nutzt die Renditepotenziale der internationalen Kapitalmärkte, damit die Rentenbeiträge in Zukunft weniger stark steigen – einige europäische Länder praktizieren eine Kapitaldeckung der Rente bereits seit Jahrzehnten erfolgreich“, schreibt das Bundesfinanzministerium Mitte Januar seiner Internetseite.

Als Vorbild wird immer wieder Schweden genannt, wo die gesetzliche Rente seit der Jahrtausendwende durch Fonds ergänzt wird. Mit diesem Modell, an dem sich insbesondere die Liberalen stets orientiert hatten, hat der aktuelle Vorschlag allerdings nicht mehr viel gemeinsam. Zwar gibt es dort auch einen Staatsfonds („AP7“), es werden jedoch 2,5 Prozent des Bruttolohns in diesen oder andere, selbst gewählte und teilweise riskantere, Fonds abgeführt. Eine solche Variante schwebte in der Vergangenheit auch den Liberalen vor.

Wird die Rente jetzt „verzockt“?

Das wäre wohl etwas zu einfach. Zwar unterliegen Kapitalmärkte Kursschwankungen, allerdings können kurzfristige Schwankungen durch Investitionen über einen langen Zeitraum meist ausgeglichen werden. Richtig ist aber auch: Eine Rendite-Garantie gibt es nicht und auch Verluste sind möglich. Für solche Fälle sehen die Pläne der Bundesregierung jedoch vor, dass das Risiko für eventuelle Verluste durch den Bund getragen werde.

Ein weiterer Kritikpunkt liegt in der Summe, die langfristig in so einem Fonds angelegt werden müsste. Geplant ist perspektivisch ein dreistelliger Milliardenbetrag. Laut ver.di wäre dieser auch nötig, da allein die Verhinderung des Anstiegs des Rentenbeitrags um einen Prozentpunkt einen Gewinn von 17 Milliarden aus der Anlage voraussetzen würde. Bei einer optimistischen Rendite von jährlich acht Prozent bräuchte es für dieses eine Prozent damit 212,5 Milliarden Euro.

Gäbe es Alternativen?

Eine Alternative zu steigenden Beitragssätzen zur Finanzierung des erhöhten Rentenaufkommens könnte sein, das umlagefinanzierte System direkt durch höhere Haushaltsmittel zu stützen. Zwar gebe es dann keine Erwartung von Renditen, gleiches würde jedoch auch für Verlustrisiken gelten. Daneben fordert zum Beispiel der Sozialverband VdK statt der Ampelpläne weiterhin eine „Erwerbstätigenversicherung“, in die alle einzahlen sollen. Also auch Selbstständige, Politiker*innen und Beamt*innen. Das stärke nicht nur die finanzielle Grundlage der Rentenversicherung, es schaffe auch mehr Gerechtigkeit.

Um der Altersarmut entgegenzuwirken schlägt ver.di in dem eingangs erwähnten Leitartikel zusätzlich vor, auch eine andere Säule der Altersvorsorge in den Blick zu nehmen und zu stärken: Die betriebliche Altersvorsorge. „Insbesondere für Frauen, die häufig in kleineren Betrieben arbeiten, und für Beschäftigte im Niedriglohn würde eine Betriebsrente einen echten Beitrag gegen Altersarmut leisten – finanziert mit einem wesentlichen Beitrag der Arbeitgeber, die aufgrund des Fachkräftemangels häufig bereit sind, die Beiträge zur Betriebsrente zu finanzieren“, argumentiert die Dienstleistungsgewerkschaft. Gegenwärtig hätten nur 56 Prozent der Beschäftigten Anspruch auf eine Betriebsrente. „Gemeinsam mit Mindestsicherungselementen wäre dann nach einem langen Arbeitsleben ein ausreichend finanzierter Ruhestand möglich.“

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