Das Altenparlament in Schleswig-Holstein hatte im September die Einführung von Ehrenamts-Konten gefordert, um mehr Menschen für ehrenamtliche Tätigkeit zu gewinnen. Inzwischen liegen auch die Stellungnahmen der Parteien vor, die den Vorschlag überwiegend positiv aufnehmen und weitere Diskussionen dazu ankündigen.
Es war eines der zentralen Themen, die das 34. Altenparlament im September vergangenen Jahres bewegte: Das Ehrenamt. Es wurde im Hinblick auf die Situation der Tafeln zwar klargestellt, dass das freiwillige Engagement nicht zum schleichenden Ersatz für staatliche Aufgaben werden dürfe, gleichzeitig sei das Ehrenamt aber ein Instrument, um gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen. So forderten die Senior*innen die Wertschätzung für das Engagement zu fördern, ehrenamtliche Strukturen dauerhaft angemessen finanziell zu stärken und die Steuerfreistellung von Ehrenamtspauschalen auszuweiten. Und: Die Einführung eines Ehrenamts-Kontos.
Wörtlich lautet der Beschluss: „Die Landesregierung und der Schleswig-Holsteinische Landtag werden aufgefordert, ein Projekt für ein Ehrenamtskonto zu initiieren in Form von Hilfe gegen Hilfe, mit dem Menschen für das Ehrenamt gewonnen werden können.“ Die Idee dahinter ist, dass ehrenamtliche Tätigkeiten mit einem Plus-Eintrag auf einem entsprechend einzurichtenden Konto gutgeschrieben werden. Wer dann selbst Hilfe in Anspruch nimmt, solle dann mit diesem Guthaben ‚bezahlen‘ können.
Das Guthaben stellt dabei keinen Geldbetrag dar, sondern die gesammelten ehrenamtlichen Plus-Einträge. Es gehe also um eine institutionalisierte Form von ‚Hilfe gegen Hilfe‘, wie in der Begründung des Antrages erklärt wird. Zu denken sei dabei an Engagement wie „Babysitten für die junge Familie, Hilfe beim Einkaufen für die ältere Dame und Unterstützung bei der Gartenarbeit“. Eingebracht worden war der Antrag vom schleswig-holsteinischem Landesverband des Sozialverbandes Deutschland.
„Das Ziel muss sein, dass auf diese Weise insbesondere jüngere Menschen stärker an ehrenamtliche Strukturen herangeführt werden“, heißt es in der Antragsbegründung. Bei der Konzeption und dem Aufbau eines solchen Konto-Systems benötige es hauptamtliche Unterstützung, die durch die Landesregierung zu leisten sei.
Fast alle im schleswig-holsteinischen Landtag vertretenen Parteien nehmen den Vorschlag positiv auf und kündigen an, die Idee weiter zu diskutieren. „Hilfeleistungen gegen Hilfeleistungen auszutauschen und dies in Form eines virtuellen Kontos festzuhalten, ist ein sinnvolles Prinzip“, finden beispielsweise die Grünen, die eine Umsetzung im Quartier und der Kommune für am einfachsten halten. Auch die CDU-Fraktion hält es für sinnvoll, „verschiedene Ehrenämter mit einander zu verknüpfen“.
Kritische Töne kommen hingegen vom SSW: „Junge Menschen zu ‚entlohnen‘ über Hilfe gegen Hilfe, um dies auf einem entsprechenden Konto gutzuschreiben, widerspricht dem eigentlichen Gedanken des Ehrenamtes. Es würde damit den Charakter des Ehrenamtes stark verändern.“ Neben diesen grundsätzlichen Bedenken, die sich auf das Prinzip eines solchen Konto-Systems beziehen, fürchtet die Fraktion auch bürokratische Hürden: „Ein solches Konto zu initiieren und dies dann entsprechend zu dokumentieren und zu aktualisieren ist mit einem enormen Verwaltungsaufwand verbunden; insbesondere für die Anwender und Nutzer.“
Der schleswig-holsteinische Bundestagsabgeordnete Mathias Stein (SPD) hebt die Bedeutung des Themas für seine Bundestagsfraktion hervor, äußert an dem Konto-Modell des Altenparlaments aber ähnliche Kritik wie der SSW: „Eine Anrechnung von ehrenamtlicher Tätigkeit in Form eines Kontos und damit auch eine Inwertstellung dieser Tätigkeiten lehnen wir (…) ab.“ Interessant ist, dass Steins Parteifreunde aus dem Landtag deutlich unkritischer auf den Beschluss reagieren. Für sie sei ein Ehrenamts-Konto „wirklich interessant“ und man wolle das „gern diskutieren“.
Eine Einführung eines solchen Systems scheint allerdings zumindest auf Landesebene unwahrscheinlich. Das Sozialministerium weist darauf hin, dass die Einführung eines solchen Kontos nicht geplant sei, „auch vor dem Hintergrund der dafür zu schaffenden gesetzlichen Grundlagen im Verhältnis zu den zur Verfügung stehenden administrativen Ressourcen.“ Ob einzelne Kommunen den Vorschlag aufgreifen, bleibt abzuwarten.
Zu der Broschüre zu dem letzten Altenparlament mit allen Beschlüssen und Stellungnahmen der Parteien und Ministerien gelangen Sie hier. Das schleswig-holsteinische Altenparlament kommt seit 1989 jährlich im Kieler Landtag zusammen, die nächste Sitzung findet am 29. September statt. Die Beschlüsse sind nicht bindend, geben aber immer wieder Anstöße für politische Diskussionen und Entscheidungen.