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Lebenslanges Lernen

In einer Gesellschaft vorherrschende Bilder über „das Alter“ drücken sich nicht zuletzt in der Sprache aus. Altersdiskriminierung findet dabei alltäglich statt, auch in der Medienberichterstattung. Ein aktueller Kommunikationsleitfaden zeigt Alternativen.

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„Ageismus ist ein häufiges, wenig erkanntes und oft unwidersprochenes Phänomen“, heißt es im WHO Global Report on Ageism (2021). Unter dem Begriff Ageismus (im Englischen: ageism) wird die ungleiche Behandlung und Diskriminierung älterer Menschen verstanden, die auf defizitäre Altersbilder zurückzuführen sind. Hier komme auch den Medien große Bedeutung zu: Verbreitete Texte und Bilder können entscheidend das Denken, Fühlen und Handeln in Bezug auf ältere Menschen beeinflussen.

Einer Kommunikation, die der Diversität im Alter gerecht wird, hat sich der Kommunikationsleitfaden verschrieben, der vom Bundesseniorenministerium veröffentlicht wurde. „Ältere Menschen kommen medial relativ selten vor, und wenn, fallen die Darstellungen tendenziell eher negativ aus, punktuell aber auch übertrieben positiv, sodass sie nicht selten unauthentisch wirken“, stellt die Autorin Prof. Dr. Eva-Marie Kessler in der Publikation fest. Der Leitfaden hat das Ziel, für medialen Ageismus in Wort und Bild zu sensibilisieren und eine wissenschaftlich fundierte Hilfestellung zu geben. Zielgruppe sind daher Akteur*innen aus dem Medienbereich, aber auch Menschen, die im Kontext von Senior*innenarbeit kommunizieren.

Als typisch nennt der Leitfaden beispielsweise das sogenannte „Othering“ in der Kommunikation über das Alter, also das Sprechen im Sinne von „den Anderen“. „Die Älteren“ oder „Die alte Generation“ sind Beispiele dafür. Als Alternative dazu wird vorgeschlagen, von „Menschen im höheren und höchsten Lebensalter“ oder „Menschen (zum Beispiel) über 70 Jahren“ zu sprechen.

Auch apokalyptische Bilder vom Altern wie „Die überalterte Gesellschaft“ oder „Demographische Alterung“ sollten laut Leitfaden durch ein Verständnis des demographischen Wandel als gestaltbare Chance abgelöst werden (z.B. „Die Gesellschaft des längeren Lebens“).

Beispiele für Ageismus in Bildform sind typische defizitäre Darstellungen, die häufig Zeitungsartikel zum Thema Alter bebildern und ältere Menschen zum Beispiel mit Gehwagen im Krankenhaus zeigen. Die Autorin des Kommunikationsleitfadens kritisiert: „Statt Gesichtern sieht man oft nur einzelne Körperteile – häufig faltige, knöchrige Hände. Typischerweise kommen solche anonym anmutenden Fotos im Zusammenhang mit Problemen bei der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme und der Pflege zum Einsatz.“

Diese und weitere Beispiele zur Sensibilisierung der Sprache finden Sie in dem Kommunikationsleitfaden „‚Altern - ältere Menschen - demografischer Wandel‘ in Sprache und Bild“. Die Broschüre ist Teil des Programms Altersbilder des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

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Auch für dieses Jahr hat das Kompetenzzentrum Demenz Schleswig-Holstein einen Fortbildungskalender veröffentlicht. Erste Präsenzveranstaltung wird am 13. März 2024 in Neumünster sein.

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„Bettlägerig und dement!? Wie kann ich jetzt noch aktivieren und beschäftigen?“ – so der Titel der ersten Fortbildung in diesem Jahr, die das Kompetenzzentrum in Neumünster anbietet. In Kiel wird am 28. März zur Veranstaltung „Wer stört hier wen? – Herausforderndes Verhalten bei Menschen mit Demenz“ eingeladen. Doch auch in Meldorf, Ahrensburg, Niederkleveez, Eutin und vielen weiteren Städten und Gemeinden sind Angebote geplant.

Neben den insgesamt 25 Präsenzfortbildungen lädt das Kompetenzzentrum Demenz auch zu Online-Fortbildungen über Zoom ein. Hier geht es am 6. Juni los mit dem Thema „‘Wer ich bin und was ich mach‘ – so präsentiere und dokumentiere ich meine Arbeit als Betreuungskraft“. Im Jahresprogramm (s.u.) finden Sie neben einer Übersicht aller Termine auch die jeweiligen Veranstaltungsbeschreibungen mit weiteren Details.

„Unser Anliegen im Kompetenzzentrum Demenz ist es u.a., die bestmögliche Versorgung und Unterstützung für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen sicherzustellen. Es gilt, die Handlungsempfehlungen des Demenzplans weiter mit umzusetzen“, heißt es einleitend zu dem Jahresprogramm. Und: „Gut fortgebildet sind Sie ein entscheidender Baustein dafür!“

Zu dem Programm gelangen Sie hier.

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Im Januar folgten rund 400 Gäste der Einladung des schleswig-holsteinischen Landtags und der Landesregierung zum Symposium „Aus der Corona-Krise lernen – gemeinsam besser werden“ in Kiel.

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„Die Corona-Pandemie und ihre Folgen sind noch immer präsent“, erklärte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) auf der Veranstaltung. Viele Menschen seien gestorben, viele weitere leiden bis heute an den Folgen der Erkrankung. „Wir alle mussten beispiellose Einschränkungen unserer Grundrechte mittragen und ertragen angesichts einer unbekannten Krankheit und einer Pandemie, für die es keine Blaupause gab. All diese Maßnahmen dienten dem Schutz der eigenen Gesundheit und der unserer Mitmenschen“, so Günther weiter. Das Symposium am 19. Januar 2024 bot Raum, um Lehren aus der Pandemie und den Schutzmaßnahmen zu ziehen.

Die Auswirkungen von Pandemie und Maßnahmen wurden in sechs Panels diskutiert, die sich jeweils einem gesellschaftlichen und politischen Bereich gewidmet haben. Neben „Gesundheit und medizinische Forschung“ wurde auch zu „Bildung und Hochschule“, „Gesellschaftliches Leben (Kultur & Sport)“, „Kita und Pflege“, „Staat und Recht“ sowie „Wirtschaft“ diskutiert. Interessierte konnten den Panels auch im Livestream folgen, die Mitschnitte können weiterhin auf der Internetseite des Landes Schleswig-Holstein angesehen werden.

„Wir alle hoffen, nie wieder eine solche Pandemie zu erleben. Falls doch, werden wir aber besser vorbereitet sein“, so der Ministerpräsident zum Abschluss der Veranstaltung. „Dieses Symposium hat dafür einen wichtigen Beitrag geleistet.“

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Im Rahmen des BAGSO Projekts DigitalPakt Alter sollen 300 Erfahrungsorte für digitales Lernen ausgezeichnet werden. Dafür findet derzeit eine neue Bewerbungsphase statt.

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Der Ausbau von sogenannten Erfahrungsorten für digitales Lernen, also Orte, an denen ältere Menschen niedrigschwelligen Zugang zu Lern- und Übungsangeboten zu digitalen Medien bekommen, gehört zu den Zielen des DigitalPakt Alter (wie bereits in einem früheren Artikel berichtet wurde). Es werden bereits 200 Akteur*innen gefördert, die als Good Practice Beispiele dienen und zeigen, wie solche digitalen Erfahrungsorte aussehen können, um ältere Menschen besser in digitale Prozesse einzubinden.

(Senior*innen-)Initativen und Vereine können sich seit dem 8. Januar 2024 bewerben, um im Rahmen des Projekts gefördert zu werden. Darunter gehört neben einer finanziellen Unterstützung auch Vernetzungsarbeit sowie Schulungsmöglichkeiten. Die Bewerbunsphase endet am 2. Februar 2024. Hier geht es zu den weiteren Informationen und dem Bewerbungsformular.

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Beitragsbild
Derzeit erarbeitet die Europäische Union eine neue europaweite Führerscheinrichtlinie. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) lehnt in einer Stellungnahme eine pauschale Überprüfung der Fahrtauglichkeit allein aufgrund des Alters als diskriminierend ab.

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Bis 2030 will die EU die Zahl der Verkehrstoten halbieren. Bis 2050 solle gar niemand mehr auf europäischen Straßen tödlich verunglücken – so das Ziel der Reform. Die in Erarbeitung befindliche 4. Führerscheinrichtlinie sieht in einem Entwurf vor, die Führerscheingültigkeit wie bisher auf 15 Jahre zu begrenzen. Mehrheitlich befürworten die EU-Staaten eine Selbstauskunft zur Fahrtauglichkeit vor einer erneuten Ausstellung nach Fristablauf. Im März 2023 hatte die EU-Kommission zudem vorgeschlagen, Menschen ab 70 Jahren künftig alle fünf Jahre die Fahrerlaubnis verlängern zu lassen.

Im Januar hat sich die BAGSO nun mit einer Stellungnahme auf die 4. Führerscheinrichtlinie bezogen und erklärt, pauschale Überprüfungen der Fahrtauglichkeit aufgrund des kalendarischen Alters abzulehnen. Es sei diskriminierend und zeige auch in Ländern mit entsprechenden Regelungen keine Effekte des Sicherheitsgewinns. Unfälle, die durch ältere Menschen verursacht würden, seien nicht dem kalendarischen Alter geschuldet. Es seien vielmehr Einflussfaktoren wie ein verändertes Sehvermögen oder der körperlichen Beweglichkeit – Risikofaktoren, die durch ältere Autofahrer*innen aber häufig durch angepasstes Fahrverhalten kompensiert würden.

„Anstatt alle älteren Menschen ab einem bestimmten Alter unter Generalverdacht zu stellen, ist ein risikobasiertes Vorgehen notwendig, das die Ursachen mangelnder Fahrtüchtigkeit anlassbezogen und unabhängig vom Lebensalter in den Blick nimmt, z.B. einschränkende Erkrankungen oder auffälliges Verkehrsverhalten, wie häufige Unfälle oder alkoholisiertes Fahren“, kommentiert der Verband.

Sollte die im Gespräch befindliche Regelung der kürzeren Fristen für ältere Verkehrsteilnehmer*innen kommen, müsse dies zumindest diskriminierungsfrei ausgestaltet werden. „So muss sichergestellt werden, dass auch für ältere Fahrerinnen und Fahrer nur alle 15 Jahre Verwaltungskosten bei der Führerscheinverlängerung anfallen“, so die BAGSO.

Hier geht es zur Stellungnahme.

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Mit dem Beitritt der verbliebenen fünf Bundesländer sind in diesem Monat nun alle Länder im Bündnis vertreten. Der DigitalPakt Alter verfolgt das Ziel, ältere Menschen in der digitalen Welt zu stärken.

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Auch Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt sind am 7. Dezember 2023 dem DigitalPakt beigetreten und vervollständigen damit den Kreis der Länder. Die Bündnispartner*innen haben eine gemeinsame Erklärung zur lebensnahen Unterstützung von Senior*innen unterzeichnet. Auch für strukturelle Veränderung macht sich die Erklärung stark.

Die ersten Länder waren im April dieses Jahres dem DigitalPakt Alter beigetreten. Neben den 16 Bundesländern gehören seit 2021 bereits Initiativen und Verbände aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft dem bundesweiten Bündnis an. Initiiert wurde der DigitalPakt Alter vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO). Inzwischen arbeitet der DigitalPakt Alter mit 28 Partner*innen zusammen, um ältere Menschen in der digital geprägten Welt zu stärken.

„Eine App auf dem Handy installieren, der Videoanruf bei den Enkeln oder der Kauf eines Tickets für den ÖPNV - für ältere Menschen kann die Digitalisierung hohe Hürden bedeuten. Ich freue mich sehr darüber, dass nun alle Bundesländer dem DigitalPakt Alter beigetreten sind“, begrüßt Bundessenior*innenministerin Lisa Paus (Grüne) den Zuwachs. In einer Pressemitteilung ihres Ministeriums spricht sich weiter von einem „wichtigen Schritt“, alle gesellschaftlichen Gruppen im Land von der digitalisierten Welt profitieren lassen zu können. Gleichzeitig appelliert Paus an die Eigenverantwortlichkeit der Zielgruppe: „Liebe Seniorinnen und Senioren, diese Hilfsangebote im Umgang mit dem Internet sind auf Sie zugeschnitten, bitte nutzen Sie sie. Es lohnt sich.“

Im Rahmen des DigitalPakts werden bis Ende 2025 unter anderem 300 Erfahrungsorte gefördert, an denen ältere Menschen in digitalen Angelegenheiten Unterstützung bekommen können. Hier gelangen Sie zur Seite des DigitalPakt Alter.

Eine Verteilung von 300 Orten im ganzen Bundesgebiet bedeutet nicht unbedingt eine Wohnortnähe, vor allem in Flächenländern. Es bleibt abzuwarten, ob für viele ältere Menschen Ansprechpartner*innen in der Nähe sein werden, die bei Tätigkeiten wie "App auf dem Handy installieren, der Videoanruf bei den Enkeln oder der Kauf eines Tickets für den ÖPNV" unterstützen können.

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Die AGE Platform Europe hat ihr diesjähriges Barometer veröffentlicht. Die Ausgabe 2023 beleuchtet die Situation älterer Arbeitnehmer*innen auf dem Arbeitsmarkt.

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Ältere Menschen sind auf dem Arbeitsmarkt häufig Diskriminierung und Vorurteilen ausgesetzt, wie der Bericht der AGE Platform zeigt. So liegt die Beschäftigungsquote in Europa für Menschen im Alter von 55-64 Jahren bei nur rund 62 %. Dabei ist insbesondere die Langzeitarbeitslosenquote bei älteren Arbeitnehmer*innen deutlich höher als bei jüngeren Altersgruppen. Der Mangel an Unterstützung für ältere Menschen auf dem Arbeitsmarkt führe dazu, dass eine große Mehrheit der Betroffenen eher inaktiv werde als nach dem 50. Lebensjahr eine neue Beschäftigung zu finden.

Laut AGE-Barometer brauche es hier einen personenzentrierten Ansatz zur besseren Unterstützung älterer Arbeitnehmer*innen. Auch die Gesetzgebung müsse in den Blick genommen werden, die beispielsweise durch die Verwendung von Altersgrenzen eine Vielzahl von Praktiken ermögliche, älteren Personen das Recht auf Arbeit zu verweigern.

AGE Platform Europe ist das größte europäische Netzwerk von Organisationen, die sich für ältere Menschen in den jeweiligen Mitgliedsstaaten der EU einsetzen. Das AGE-Barometer befasst sich jährlich mit der sozioökonomischen Situation älterer Menschen in der EU. Die regelmäßigen Ausgaben werden vom Netzwerk selbst als Instrument der Interessenvertretung gesehen – sie sollen einen Überblick über soziale Realitäten geben und dazu beitragen, die Lebensqualität im Alter zu verbessern.

Das AGE-Barometer 2023 können Sie hier in englischer Sprache herunterladen.

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Noch vor Ende der kürzlich abgelaufenen Legislaturperiode hatte die hessische Landesregierung eine Kampagne gegen Diskriminierung gestartet. Unter dem Titel „Hessen. Da geht noch was.“ wird auch über Altersdiskriminierung informiert und zeigt, was jede*r dagegen tun kann.

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Auch wenn laut hessischer Landesverfassung vor dem Gesetz alle Menschen gleich sind, so sieht die Realität doch anders aus. „Ausgrenzung und Benachteiligung sind Alltag in Hessen“, ist auf der Kampagnenseite „Hessen. Da geht noch was.“ zu lesen. Die Internetseite klärt über verschiedene Diskriminierungsformen auf und macht Projekte, Vereine und Initiativen sichtbar, die sich für Solidarität, Respekt und Akzeptanz einsetzen.

Auch die Diskriminierung aufgrund von Alter wird auf der Kampagnenseite thematisiert. Altersdiskriminierung – gegenüber jungen Menschen auch „Adultismus“ und gegenüber älteren Menschen auch „Ageismus“ genannt – sei die „vielleicht am weitesten verbreitete Diskriminierungsform“. Trotzdem werde kaum darüber gesprochen.

Auf der Kampagnenseite finden Sie ein Interview zur Altersdiskriminierung mit der Frankfurter Erziehungswissenschaftlerin Dr. Ursula Kämmerer-Rütten von der University for Applied Sciences. Kämmerer-Rütten lehrt und forscht dort im Fachbereich „Soziale Arbeit und Gesundheit“ insbesondere zur Diskriminierung älterer Menschen im Gesundheitssystem. Neben dem Interview und weiteren Informationen finden sich auf der Seite auch Anlaufstellen für von Altersdiskriminierung Betroffene in Hessen.

Die noch in der Legislaturperiode vor der Landtagswahl im Oktober gestartete Antidiskriminierungskampagne war im Koalitionsvertrag (2018) vereinbart worden. Sie soll ein Beitrag für eine „Kultur des Respekts und der Solidarität“ leisten.

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Auf seniorenpolitik-aktuell wird - als Teil des politischen Prozesses - immer mal wieder auf Ergebnisse von Meinungsumfragen hingewiesen. In der Ergebnisdarstellung ist oft zu lesen, dass diese repräsentativ seien. Warum das problematisch sein kann, haben wir für Sie zusammengefasst.

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Erhebung: Auswahl

Zunächst eine relativ neue Entwicklung bei Erhebungen per Telefon, welche als Zufallsauswahl durchgeführt werden. Diese werden inzwischen sehr häufig als Dual-Frame Stichprobe erhoben, es werden also Personen per Festnetz- und Mobiltelefon kontaktiert. Dies ist eine Reaktion auf die Kritik, dass immer größere Personengruppen nur noch mobil erreichbar sind - und dadurch aus Festnetzerhebungen komplett herausfielen.

Dieses Beispiel zeigt: Schon die Erhebung selbst kann die Ergebnisse stark beeinflussen, Personengruppen können - trotz beworbener Repräsentativität - ausgeschlossen sein.

Auch für eine Befragung per Mobiltelefon benötigen die Befragten Zeit. Es benötigt wenig Fantasie, um Personengruppen zu nennen, die über wenig Zeit frei verfügen können. Für beispielsweise Alleinerziehende; Beschäftigte in Vollzeitberufen oder Schichtarbeit; Menschen, die Angehörige pflegen ist die Ressource Zeit wertvoll. Ein Anruf eines Umfrageinstitutes wird wahrscheinlich eher weggedrückt.

Letztlich kann auch der Zeitpunkt der Erhebung Fragen aufwerfen. So werden die Telefonbefragungen häufig nur über einen oder wenige Tage durchgeführt. Wird das Wochenende ausgespart, wird wahrscheinlich ein Teil der Arbeitnehmer*innen nicht teilnehmen können. Auch wird über die tatsächliche Uhrzeit der Anruf(versuche) oft keine Auskunft gegeben.

Erhebung: Fragestellung

Bei jeder Befragung sollten die konkreten Fragestellungen und die möglichen Antworten kritisch betrachtet werden. Gerade bei politischen Fragestellungen sind geschlossene Antworten problematisch. Wird nach der befürworteten politischen Reaktion auf ein gesellschaftliches Problem gefragt, bilden die Antwortmöglichkeiten den repräsentierten politischen Rahmen ab. Fehlt dann auch noch die Antwortmöglichkeit "Keine der Genannten", machen die Meinungsforschungsinstitute Politik, indem sie politische Lösungen ausklammern.

Ein Beispiel aus 2015: In einer Forsa-Umfrage gab es zwei Antwortoptionen zu der Griechenlandpolitik der Bundeskanzlerin: 1. ob sie sich mit ihrer strikten Haltung "Drittes Hilfsprogramm nur gegen strenge Auflagen" alles in allem richtig verhalten habe oder ob sie 2. Griechenland zu einem Ausstieg aus dem Euro hätte zwingen sollen. Diese zwei Antwortoptionen lassen eine Menge politische Optionen aus, führten aber zu aufsehenerregenden Schlagzeilen wie "Grünen-Wähler begrüßen Merkels Krisenkurs" (im Spiegel) oder "Deutsche zufrieden mit Krisenmanagerin Merkel" (im Stern). Besonders brisant: Auftraggeber der Befragung war der Stern.

Auch die Auswahl der Fragen kann schon Politik sein: Bei einer Befragung zur Altersvorsorge wird durch die Reduktion auf Fragen zur privaten Altersvorsorge die Relevanz der gesetzlichen Rente komplett ausgeklammert werden. Als Ergebnis kann dann verkündet werden: "90% wünschen sich eine Stärkung der privaten Rentenversicherung".

Auswertung

In der Auswertung werden die Ergebnisse nach verschiedenen Merkmalen differenziert ausgewertet und auch mit dem tatsächlichen Anteil an der Gesamtbevölkerung gewichtet. Das mag zunächst interessant und transparent klingen, wirft aber zwei neue zentrale Probleme auf.

Zunächst das Problem der Auslassung: Welche Kategorien werden in der Auswertung nicht unterschieden? Fehlen diese soziodemografischen Daten, kann auch nicht garantiert werden, dass die Erhebung in Hinblick auf diese Kategorie repräsentativ für die gesamte Bevölkerung ist.

Problem der Kategorienbildung

Es werden unterschiedliche Kategorien aufgeführt und damit unterstellt, dass Personengruppen mit dieser Zugehörigkeit unterschiedlich sein müssten. Wir befassen uns hier nur beispielhaft mit dem Aspekt „Region“. Eine grobe und unbegründete Unterscheidung kann suggerieren, dass z.B. die Unterschiede zwischen Lübeck und Rostock schwerer wiegen als zwischen Hamburg und Isny im Allgäu. Klingt abwegig? Ist jedoch die scheinbar beliebteste Perspektive:

So sollen die Unterscheidung in "Ost" und "West" Erkenntnisse generieren. Aber ist das nach über drei Jahrzehnten wirklich immer noch das wichtigste regionale Merkmal? Es klingt vielleicht zunächst schlüssig. Das kann auch daran liegen, dass Meinungsforschungsinstitute uns seit Jahrzehnten immer wieder diese Unterscheidungskategorien präsentieren. Aus Meinungsforschung wird dann auch Meinungsbildung, ganz ohne Daten.

Der Wohnort ließe sich nämlich auch ganz anders unterscheiden, z.B. nach der Einwohnerzahl des Ortes, orientiert am Statistikamt Nord:

  • Ländlich: bis 2.000
  • Landstadt: 2.001 bis 5.000
  • Kleinstadt: 5.001 bis 20.000
  • Mittelstadt: 20.001 bis 100.000
  • Kleinere Großstadt: 100.001 bis 500.000
  • Großstadt: Über 500.000

Auch regionale Unterschiede ließen sich andere finden, gerne plakativ in zwei Kategorien:

  • Stadtstaaten und Bundesländer
  • Kreisfreie Städte und Kreise

Oder wie wäre es mit einer ganz neuen politischen Aufteilung des Bundesgebietes, z.B. in Nord, Ost, West und Süd? Oder nach aktuelleren politischen Faktoren, wie der Aufteilung nach Regionen des EU-Förderprogrammes Interreg B? Hier wäre die Bundesrepublik in die Förderregionen Alpen, Donau, Mitteleuropa, Nordsee, Ostsee und Nordwesteuropa unterscheidbar. Diese überschneiden sich zwar, könnten aber die Grundlage für eine differenziertere regionale Auswertung liefern.

Diese regionalen Unterscheidungen würden zu recht neue Fragen aufwerfen, der Zuschnitt der Regionen kann je nach politischem Thema hinterfragt werden. Aber warum sollte die politische Aufteilung der Jahre 1949 bis 1989 das einzige regionale Kriterium bleiben, welches erhoben wird?

Fazit

Warum werden solche Umfragen in Auftrag gegeben, warum wenden Meinungsforschungsinstitute diese ungenauen, mitunter fragwürdigen, Methoden an?

Je grober die Kategorie, desto größer ist die Anzahl der Personen, die diese Kategorie repräsentieren sollen. Das führt zu gut kommunizierbaren Kategorienbildungen und erlaubt größere Gruppenbildungen. Denn die Zufallsstichprobe - welche ca. 84.359.000 Menschen abbilden soll - umfasst meist nur etwa 1.000 Personen.

Die jeweiligen Auftraggeber*innen der Befragungen haben zudem ein Interesse an zitierbaren Aussagen, je genauer die Ergebnisdarstellung, desto uninteressanter wäre das Zitat. Als Beispiel aus den Wahlumfragen: Würde man den Fehlerquotienten von meist 3 % berücksichtigen, dürfte man nicht schlussfolgern "7 % für diese Partei", sondern: "4 bis 10 % für diese Partei".

Auch sind die bekannten Meinungsforschungsinstitute gewinnorientiert und haben damit - genauso wie ihre Auftraggeber*innen - ein Interesse an kurzen Schlagzeilen, die für Aufmerksamkeit sorgen. Denn die gewonnene Aufmerksamkeit bedeutet zusätzliche Werbung und damit mögliche neue Aufträge.

Schlimmer geht immer

Wir haben in diesem Beitrag auf mögliche Probleme bei Befragungen per Telefoninterview hingewiesen. Auf vielen Nachrichtenseiten werden jedoch auch Onlinebefragungen geschaltet. Mit diesem Thema hat sich schon vor längerer Zeit der Deutschlandfunk beschäftigt.

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Älteren Menschen fällt es leichter, Einsamkeit zu vermeiden, als sich aus bestehender Einsamkeit zu befreien. Das ist eines der Ergebnisse einer aktuellen Studie mit Daten des Deutschen Alterssurveys.

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Aufgrund der Vermutung, Ältere würden weniger soziale Kontakte pflegen und weniger oft etwas mit Anderen unternehmen, wird häufig angenommen, dass Einsamkeit im Alter besonders verbreitet sei. Umfangreichen Forschungen zufolge würden Einsamkeitserfahrungen allerdings keineswegs mit dem Alter zunehmen. Forscher am Deutschen Zentrum für Altersfragen (DZA) haben den Umgang mit Zeit und Energie von Menschen im Hinblick auf soziale Beziehungen untersucht.

Die Autoren der Studie halten fest, dass sich das Risiko, einsam zu werden, im mittleren und späten Erwachsenenalter kaum verändern würde. „Es ist wichtig, diese Tatsache so weit wie möglich zu verbreiten, da viele Laien und Politiker immer noch denken, dass Einsamkeit ein besonderes Problem des Alters ist“, heißt es in einer Zusammenfassung der Studie auf der Internetseite des DZA. „Da dieser Glaube in der öffentlichen Debatte häufig und prominent vertreten wird, könnte er negative Folgen für die älterwerdenden Menschen nach sich ziehen.“

Zurückgeführt wird dies unter anderem auf die durch Lebenserfahrung gewonnenen sozialen Fähigkeiten, die helfen würden, die Beziehungsqualität zu verbessern. Älteren Menschen seien zudem eher an engen zwischenmenschlichen Beziehungen interessiert als an zahlreichen sozialen Kontakten, wie es bei jüngeren Menschen häufiger der Fall sei.

Allerdings kommt die Untersuchung auch zu dem Ergebnis, dass ältere Erwachsene große Schwierigkeiten hätten, sich aus Einsamkeit zu befreien, wenn sie erst einmal erlebt werden würde. „Denn um sich nicht mehr einsam zu fühlen, ist es nötig entweder bestehende Kontakte zu vertiefen oder neue Bindungen aufzubauen. Beides kostet Zeit und Energie“, heißt es dazu im DZA-Bericht. „Dabei schränken die mit dem Alter zunehmenden gesundheitlichen Probleme und chronischen Krankheiten die Fähigkeit zu sozialem Engagement ein.“

Hier gelangen Sie zum englischsprachigen Originalartikel der Studienautoren.

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