Am 27. Januar 2023 hat sich der schleswig-holsteinische Landtag mit dem Antrag befasst, den die SPD Mitte des Monats vorgelegt hatte. Darin fordern die Sozialdemokrat*innen die Landesregierung auf, 100 hauptamtliche „Vor-Ort-für-dich-Kräfte“ einzusetzen, die vollständig aus Landesmitteln gefördert werden sollen. Kommunen sollen sich mit einem Konzept für die Förderung einer oder mehrerer dieser Stellen bewerben können.
Der Vorschlag erinnert stark an die Idee der Gemeindeschwester, über die wir auch auf diesem Portal schon einige Male berichtet haben (z. B. hier).
In ihrem Antrag beruft sich die SPD-Landtagsfraktion auch auf dieses Modell, ihr Vorschlag knüpfe daran an. „Die Vor-Ort-für-dich-Kraft schließt die Angebotslücke zwischen gesundheitlicher, pflegerischer und sozialer Unterstützung. Sie ist im Dorf oder Quartier präsent und macht aufsuchende Sozialarbeit“, heißt es im Antrag.
Der Antrag benennt dabei auch die Gruppe der Senior*innen. Sie sei in besonderem Maße von Einsamkeit betroffen. Verwiesen wird in der Antragsbegründung auf eine Forsa-Umfrage, nach der sich jede fünfte Seniorin und jeder fünfte Senior ab 75 Jahren einsam fühle. Die „Vor-Ort-für-dich-Kraft“ könnte im Ort bekannt sein und niedrigschwellige Hilfe leisten oder an geeignete Unterstützungsangebote verweisen. „Ein solcher auf Prävention ausgerichtet Ansatz kann viel dazu beitragen, dass rechtzeitig Hilfsbedarfe erkannt werden, so dass langfristig auch Kosten eingespart werden können.“
Der SSW unterstützt den Vorschlag grundsätzlich, weist aber auf ungeklärte Fragen hin. So ergebe sich aus dem Antrag nicht, ob es sich um Vollzeitstellen handeln solle. Unverständlich sei auch, warum sich eine Kommune für mehrere dieser 100 Stellen bewerben könne, bedenkt man, dass es in Schleswig-Holstein über 1100 Gemeinden gebe. In seiner Rede fasst Christian Dirschauer (SSW) zusammen: „Und deshalb muss ich in aller Deutlichkeit sagen, dass das, was die SPD hier beantragt, nur ein Anfang sein kann.“
Die Koalitionsfraktionen von CDU und Grünen haben – wie es in solchen Fällen zwischen Regierung und Opposition üblich ist – einen Alternativantrag vorgelegt. Der Antrag geht in eine ähnliche Richtung und spricht sich ebenfalls für die Stärkung von Ansprechpersonen vor Ort aus. „Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gilt für alle Menschen, auch für Seniorinnen und Senioren, Menschen mit Pflegebedarf und anderen Einschränkungen“, so der Alternativantrag. „Daher brauchen wir mehr Ansprechpartnerinnen und -partner in sozialen Angelegenheiten vor Ort und bei Verbänden, z. B. zu Themen wie Pflege oder soziale Teilhabe“.
Im Gegensatz zum SPD-Antrag enthält die Vorlage der Regierungsfraktionen allerdings keine konkrete Stellenanzahl, sondern ist eher allgemein gehalten. Der CDU-Abgeordnete Werner Kalinka spricht sich in seiner Rede allerdings dafür aus, dass nicht allein das Land die Stellen schaffen solle: „Mir scheint es aber naheliegend zu sein, auch eine Tätigkeit bei Verbänden ins Auge zu fassen“, so Kalinka in der Plenardebatte. „Über mögliche Felder der Tätigkeiten, Chancen der Finanzierung und der Umsetzung sollten wir im Sozialausschuss des Landtages das Gespräch führen und beraten. Eine Anhörung dort wäre angezeigt.“
Beide Anträge wurden einstimmig zur weiteren Beratung an den Sozialausschuss überwiesen.
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