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Gesellschaftliches Leben

Der Dachverband Lesben und Alter e.V. startet eine bundesweite Umfrage, um die soziale Lebenssituation von Lesben ab 55 Jahren in Deutschland zu erfassen. Mit der Umfrage „Würdevolles Altern – Zur sozialen Lebenssituation älterer und alter Lesben* in Deutschland“ möchte der Verband herausfinden, wie die Befragten in verschiedenen Teilen des Landes leben, welche Erfahrungen sie gemacht haben und welche Wünsche sie für die Zukunft haben.

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Dass Menschen im Alter neben Themen, die spezifisch in dieser Lebensphase auf sie zukommen, immer auch ihre gesamte Lebensgeschichte mitnehmen, ist bekannt. Wir haben in unseren Artikeln das Thema von Mehrfachdiskriminierungen im Alter aufgegriffen. Dabei geht es allerdings nicht nur um sichtbare Probleme. Es gibt auch „blinde Flecken“, wie wir sie in unserem Artikel zur Demenz beschreiben.

In einer Gesellschaft, in der gerade ältere Menschen, die von mehrfacher Diskriminierung betroffen sind, häufig nicht mitgedacht werden, macht es Sinn, dass ein Verband wie Lesben und Alter e.V. sich für die spezifischen Bedürfnisse und Erfahrungen dieser Menschen interessiert.

Das Ausfüllen des Fragebogens dauert ca. 20 bis 25 Minuten und kann unter diesem Link anonym ausgefüllt werden. Sollte eine Online-Teilnahme nicht möglich sein, bietet der Dachverband eine Printversion an, die auf Anfrage per Post zugeschickt wird. Dafür gibt es hier ein Kontaktformular.

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Im Juli veröffentlichte die Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten Schleswig-Holsteins, Samiah El Samadoni, ihren Tätigkeitsbericht für den Berichtszeitraum 2023. Während der 35 Jahre des Amts der Bürgerbeauftragten wurden insgesamt 101.217 Petitionen eingereicht.

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Laut Bericht waren dabei die häufigsten Themen: Grundsicherung für Arbeitsuchende (bzw. Bürgergeld) mit 673 Petitionen, Sozialhilfe mit 412 Petitionen und gesetzliche Krankenversicherung mit 397 Petitionen.

Ein zunehmendes Thema ist die Pflege. So lag der Eigenanteil für die stationäre Pflege in Altenheimen im Jahr 2023 bei etwa 2.700 Euro monatlich. Aktuell liegt dieser Anteil für Schleswig-Holstein bei 2.855 Euro. Eine aktuelle Aufschlüsselung des Eigenanteils und der Kosten findet sich unter pflege.de. Zwar stellt der Bericht fest, dass betroffene Partner*innen „einen Antrag auf Hilfe zur Pflege in Form von Übernahme der Heimkosten für den Eigenanteil bei der stationären Pflege“ stellen können. Allerdings gelten dafür einige Bedingungen.

Demnach besteht ein Vermögensfreibetrag für Ehepaare von 20.000 €. Zudem werden Leistungen nach dem SGB XII (Sozialhilfe), also z.B. Grundsicherung im Alter und die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG), nicht angegriffen. Laut Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB) beträgt die Grundrente für 2024 1.129 Euro. Die Grundsicherung liegt noch darunter. Auch Kindergeld – das gerade bei älteren Ehepaaren eher unwahrscheinlich ist – bleibt unberührt. Eine vollständige Liste findet sich auf der Seite der Verbraucherzentrale. Dort heißt es auch, dass zu den abzugsfähigen Beiträgen neben Einkommenssteuern und Beiträgen zur Sozialversicherung auch geförderte Altersvorsorgebeiträge (z.B. Riesterverträge) bis zur Höhe des Mindesteigenbeitrages nach § 86 Einkommensteuergesetz (EStG) sowie Werbungskosten abgesetzt werden können. „Das Sozialamt beteiligt sich in diesen Fällen nur dann an Pflegekosten, wenn die pflegebedürftige Person oder deren Ehe- oder Lebenspartner nicht ausreichend Einkommen oder Vermögen haben, um die Kosten bezahlen zu können.“

Mit anderen Worten, Personen, die eine Pflegeeinrichtung in Anspruch nehmen müssen, machen im Prinzip zwei Steuererklärungen. Hinzu kommt, dass viele der abzugsfähigen Gründe beim Renteneintritt wegfallen oder minimiert werden.

Für Menschen mit wenig Vermögen oder Einkommen bedeutet ein Pflegefall, der nicht mehr zuhause versorgt werden kann, häufig, dass Ehepartner*innen in finanzielle Not geraten. Diese müssen oft große Teile ihres Einkommens aufwenden, was zu Altersarmut führen kann, kritisiert auch El Samadoni. Die logische Forderung wäre eine grundlegende Reform der Pflegefinanzierung in Form einer Vollkostenversicherung, ähnlich der Krankenversicherung, um eine gerechtere Finanzierung sicherzustellen.

Wie der Bericht mit Bezug auf den Anstieg von Petitionen im Jahr 2023 zeigt, ist das Thema von großem Interesse für die Bürger*innen Schleswig-Holsteins. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass die Landesregierung und der Landtag den Bericht zur Kenntnis genommen haben. Gedanken zu Plänen zur Pflegereform oder zur Effizienz in der Pflege entnehmen Sie unseren jeweiligen Beiträgen.

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Laut eines Briefes zur „mentalen Gesundheit von älteren Menschen“ der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) bleiben psychische Erkrankungen oft unbemerkt und unbehandelt, werden als normales Altern abgetan oder durch andere Gesundheitsprobleme überschattet.

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Laut „Policy Brief“ der UNECE vom Juni 2024 zählen dabei ältere Frauen, Personen mit niedrigem sozioökonomischem Status und Bewohner*innen von Langzeitpflegeeinrichtungen zu den zentralen Risikogruppen. Insbesondere Depressionen machen dabei mit fast 30 % einen großen Teil der Problemlage aus. Fast 80 % der Depressionen bleiben dabei unbehandelt.

Mit ca. 25 % an Depression erkrankten Personen unter Personen ab 60 Jahren liegt Deutschland dabei im Mittelfeld der UNECE-Länder. Betrachtet man die Unterschiede nach Geschlecht und Alter, so liegt Deutschland auf Platz 19 bzw. 22 von 28 Ländern.

Insbesondere Bildung, die zudem häufig mit sozioökonomischen Faktoren wie einem geringeren Verdienst korreliert, stellt laut UNECE in Deutschland einen bedeutenden sozioökonomischen Ungleichheitsfaktor in Bezug auf Depressionen dar. Ein weiterer zentraler Risikofaktor ist Einsamkeit. Auch hier sind in einigen europäischen Ländern fast 30 Prozent der älteren Menschen betroffen. Durch die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie wurde der Einsamkeitsfaktor zudem noch verschärft.

Dabei beginnen die Ursachen bereits weit vor den Symptomen, unter denen Menschen in einer späten Lebensphase zu leiden haben. „Die physische und soziale Umgebung, in der Menschen leben und altern, prägt ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten im Laufe ihres Lebens und spielt eine bedeutende Rolle für die psychische Gesundheit. Zum Beispiel kann das Leben in Wohnvierteln mit hohen Kriminalitätsraten oder der Angst vor Verbrechen zu chronischer Angst führen, was die soziale Interaktion und Teilnahme am Gemeinschaftsleben einschränken kann.“

Auch individuellere Umstände spielen eine Rolle. Für Personen, die bspw. sozioökonomisch schlecht abgesichert sind, können hohe Behandlungs- und Pflegekosten zu Stress und Angst beitragen, was das Risiko für psychische Störungen erhöht.

Der Bericht stellt konkrete Strategien und Beispiele aus verschiedenen Ländern vor, die sich mit einer Verbesserung im Umgang mit der psychischen Gesundheit befassen. Für Deutschland ist es der Ratgeber „Entlastung für die Seele. Ein Ratgeber für pflegende Angehörige“ der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO). Neben der Beschreibung von „typischen“ Belastungen, auf die pflegende Angehörige treffen können, geht es hierbei auch um „Wege […], wie ein gesunder Umgang mit den eigenen Kräften gelingen kann“. Dazu zählt auch, rechtzeitig Entlastung und Hilfen von außen in Anspruch zu nehmen. Zu diesem Zweck gibt der Ratgeber konkrete Unterstützungsangebote. Allerdings fokussiert der Ratgeber der BAGSO auf individueller Hilfe, es werden keine systemischen, präventiven Maßnahmen benannt.

Die UNECE kommt zu dem Ergebnis: „Die psychische Gesundheit älterer Menschen wird durch die Ansammlung von Erfahrungen und Herausforderungen beeinflusst, denen sie im Laufe ihres Lebens begegnet sind, einschließlich im späteren Leben. […] Durch Investitionen in frühzeitige Präventionsinitiativen wie Bildungsprogramme zur psychischen Gesundheitskompetenz und die Förderung sozialer Kontakte in Kindheit und Jugend können politische Maßnahmen dazu beitragen, Menschen mit den Werkzeugen auszustatten, um den Stress des Lebens zu bewältigen. Darüber hinaus kann die Förderung gesunder Lebensgewohnheiten, einschließlich regelmäßiger körperlicher Aktivität, sozialer Kontakte sowie psychischer Gesundheit am Arbeitsplatz während des gesamten Erwachsenenalters erheblich zur psychischen Gesundheit im späteren Leben beitragen. Diese frühen Investitionen können nachhaltige Auswirkungen haben und eine Grundlage für Resilienz und psychische Gesundheit im Alter schaffen.“

Die Bekämpfung psychischer Erkrankungen in den späten Lebensphasen beginnt also damit, sozioökonomische Ungleichheiten in der Kindheit zu kompensieren und die Menschen während und über die Erwerbsphase hinaus nicht allein zu lassen.

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„Dritte Orte“ sind wichtige Begegnungsräume für ältere Menschen, um Gemeinschaft, Kultur und Bildung zu erleben. Gerade in einer Lebensphase ohne Erwerbsarbeit können soziale Beziehungen und gesellschaftliche Teilhabe am Arbeitsplatz (als zweitem Ort) und in der Familie (als erstem Ort) für viele Menschen seltener werden oder sogar ganz verschwinden.

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Zu diesem Schluss kommt auch die 2023 von der Körber Stiftung veröffentlichte Studie „Dritte Orte. Begegnungsräume in der altersfreundlichen Stadt“. Dritte Orte sind öffentliche Räume, die durch ihre Funktion und Struktur eine solche Gemeinschaft in kultureller oder bildender Atmosphäre erschaffen. Sie sind „[…] einladend, offen, kommunikativ, niedrigschwellig und gut erreichbar.“ Gerade vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft bieten sie einen nicht zu unterschätzenden Hebel für eine gute Quartiersgestaltung, auch zwischen den Generationen.

Neben ihrer Beschreibung des Phänomens „Dritte Orte“ beleuchtet die Studie auch die Schwierigkeiten bei ihrer Gestaltung. Während es sich durch die vorhandene Infrastruktur in Städten lohnt, bereits in der Stadtplanung „Dritte Orte“ mitzudenken und es genügend Träger mit unterschiedlichstem Angebot gibt, stellt sich auf dem Land zunächst die Frage: Wer kommt und vor allem, wie, wohin? Die Studie betont, dass es hier vor allem Dorffeste und Vereine sind, die den „Dritten Ort“ ausmachen.

Aber Vereine sind nicht für jeden etwas und manchmal möchte man in der Gesellschaft auch etwas für sich machen können. Gemeinschaft und Eingebundensein müssen schließlich nicht zwangsläufig bedeuten, dass eine Person, die von Einsamkeit betroffen ist, ständig Aktion und Programm sucht. Vor diesem Hintergrund bekommen Cafés und auch Bibliotheken einen nicht zu unterschätzenden Stellenwert. Während in Universitätsstädten in Zeiten digitaler Medien und Ausleihe die Bibliotheken fast durchgehend voll besucht sind, werden „gewohnheitsmäßige Leser*innen seltener“. Auch die Medienausleihe ist in Zeiten von Streamingdiensten ein selten genutztes Angebot.

Die Studie liefert deshalb einige gute Ideen für Initiativen, Vereine, lokale Politiker*innen und Privatpersonen, was möglich ist bzw. was man ausprobieren könnte. Ein gutes Beispiel für Orte, die bereits auch in kleinen Städten und sogar in einigen Gemeinden existieren, sind Bibliotheken. Diese haben den Vorteil, dass sie nicht erst gebaut werden müssen. Sie bieten einen kostenlosen und öffentlichen Raum und haben meist Platz für Veranstaltungen. Die Körber-Studie führt hier die etwas pathetische Konzeptidee an, Bibliotheken zu „Palästen des Volkes, die dem Gemeinwesen Stabilität verleihen“, umzugestalten. „In den USA, den Niederlanden und Nordeuropa verstehen sich bereits viele Bibliotheken ausdrücklich als Dritte Orte – und erschließen so neue Nutzergruppen aller Generationen.“

Allerdings wirft dies in ländlichen Regionen wieder die Frage auf, wie Menschen dort hin- und wegkommen. Vor dem Hintergrund klammer Kommunalkassen stellt sich die Frage, wie Umbau oder Neugestaltung hin zu einer Begegnungsstätte finanziert werden könnte.

Für Interessierte, die sich damit näher auseinandersetzen möchten, findet am 7. Oktober 2024 von 14 bis 16.30 Uhr, ein online Gespräch des Kompetenzzentrum für Kulturelle Bildung im Alter und inklusive Kultur (Kubia) statt.

  • Darin stellt Karin Haist, Demografie-Expertin der Körber-Stiftung, die Ergebnisse der Studie „Dritte Orte. Begegnungsräume in der altersfreundlichen Stadt“ vor.
  • Zudem berichten Heike Pflugner von der Stadtbibliothek Solingen und Anja Wansing von der Stadtbücherei St. Felizitas in Lüdinghausen von ihren Praxiserfahrungen mit Senior*innencafés, Lesepat*innen-Projekten, Bücherplauschstunden und anderen Formaten für Ältere.
  • Im Anschluss gibt es Gelegenheit, sich in Kleingruppen über eigene Erfahrungen und Ziele auszutauschen.

Hier geht es zur Anmeldung für die Online-Veranstaltung. Dort finden sich auch Kontaktdaten der Veranstalter für etwaige Nachfragen.

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Das Kuratorium Deutsche Altershilfe Wilhelmine-Lübke-Stiftung e. V. (KDA) wurde 1962 vom damaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke und seiner Ehefrau Wilhelmine Lübke gegründet. Das KDA steht unter der Schirmherrschaft des amtierenden Bundespräsidenten und verfolgt das Ziel, eine humane Gesellschaft des langen und selbstbestimmten Lebens aktiv mitzugestalten.

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Es setzt sich dafür ein, die Rahmenbedingungen für das Altern zu verbessern, das Zusammenleben von Menschen jeden Alters zu stärken und die gesellschaftliche Teilhabe - einschließlich der digitalen Teilhabe - älterer Menschen zu sichern.

Das KDA ist ein gemeinnütziger Verein, der als Dienstleister und Ratgeber für öffentliche und private Einrichtungen sowie für die Politik fungiert. "Im Auftrag von Bundes- und Landesministerien, Pflegekassen, Stiftungen, kommunalen Spitzenverbänden und Trägern führt die KDA-Projekte durch. Ziel der Projektarbeit des KDA ist die Entwicklung und Umsetzung von praxisorientierten Konzepten und Ansätzen zur Verbesserung der Lebenssituation älterer Menschen und derjenigen, die sie unterstützen." Damit nährt sich das KDA den Fragen von Alter in der Gesellschaft aus einer forschenden Perspektive.

Unter folgendem Link können Sie mehr zu den aktuellen Projekten erfahren. Abgeschlossene Projekte sind im Projektarchiv zu finden.

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Einsamkeit, Pflege und altersgerechtes Wohnen sind wichtige Themen für ein würdiges Leben im Alter geht. Diese Themen zeigen auch, wie relativ Alter(n) sein kann: Es ist nicht das Altwerden selbst, sondern mögliche Nebenerscheinungen, auf die die Person, ihr soziales Umfeld oder die baulichen Strukturen im Wohnumfeld (noch) keine Antwort haben.

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Das Thema Einsamkeit haben wir bereits mehrfach aufgegriffen. Auch das Thema Pflege und ihr massiver Reformbedarf gerade vor dem Hintergrund des demographischen Wandels wurde von uns schon öfter behandelt. Beim Thema Wohnen hatten wir zuletzt über die Wohnungsberatung „Wohnen im Alter“ in Lübeck berichtet: „Die Ausstellung am Kolberger Platz 1 in Lübeck zeigt, mit welchen Hilfsmitteln barrierefrei oder barrierearm gewohnt werden kann. So gibt es neben einer Musterküche und einem Musterbad mit barrierefrei gestaltetem Duschbad und einem Wasch-WC-Aufsatz seit 2021 auch einen installierten Treppenlift, den Interessierte vor Ort ausprobieren können.“ Aber auch handliche Exponate für den alltäglichen Gebrauch können hier begutachtet werden.

Ein Aspekt, der beim Wohnraum allerdings weniger beleuchtet ist, ist die Frage, wie viele potenzielle Wohnungen es überhaupt gibt, die altersgerecht sind oder das Potenzial haben, bei Bedarf umgebaut zu werden. Nicht in jeden Hausflur passt ein Treppenlift. Hiermit will sich das Forschungsprojekt „Neubau von altersgerechten Wohnungen – Quantitäten und deren Belegungsstrategien“ des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) befassen. Laut den Verantwortlichen fehle es bundesweit und regional an belastbaren Informationen über die Anzahl altersgerechter Wohnungen sowie über qualitative Merkmale der Anbieter, Belegung und Preissegmente. Auch eine Definition von „altersgerecht im baulichen Sinne“ gebe es nicht. Frühere Studien zeigen allerdings, so das BBSR, dass altersgerechter und bezahlbarer Wohnraum knapp sind.

„Das Forschungsprojekt soll klären, ob die derzeitige und künftige Neubauentwicklung altersgerechter Wohnungen einen entscheidenden Beitrag zur Wohnraumversorgung älterer und anderer bedürftiger Personen leistet.“

Vor diesem Hintergrund steht die Quartiersentwicklung. Selbst wenn es gelingt, dass sich ein Quartier pflegerisch gut aufstellt und sich Ältere - oder auch jüngere Bewohner*innen mit Bedarf - über die Pflegekassen oder andere Töpfe mit diesen Angeboten ausstatten können, bleibt immer noch die Frage: Können ob sie überhaupt in ihren Wohnungen langfristig bleiben können oder ob diese  ungeeignet sind.

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Alternative Wohnformen ermöglichen es älteren Menschen, Unterstützung im Alltag zu erhalten, indem sie einen Teil ihres Wohnraums vergünstigt an Jüngere, zumeist Student*innen, vermieten. In seinem Bericht aus dem Dezember 2023 weist der Bundesrechnungshof allerdings darauf hin, dass viele dieser Wohnformen steuerlich nicht korrekt abgewickelt werden. Grund hierfür sei das Fehlen klarer gesetzlicher Regelungen.

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Bereits 2019 plante die Bundesregierung eine Gesetzesinitiative, um Unterkunft, Verpflegung und Vorteile aus den Unterstützungsleistungen steuerfrei zu stellen. Laut Bericht des Bundesrechnungshofs (BRH) an den Finanzausschuss wurde dabei von einem Steuervolumen von rund 50 Mio. Euro bei ca. 50.000 entsprechenden Wohnformen ausgegangen. Allerdings beschloss das Parlament damals, keine gesetzliche Regelung zu erlassen, wie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) ergänzend bemerkt. Die Folge sind rechtliche Unklarheiten.

Aus diesem Grund empfiehlt der BRH dem Gesetzgeber, klare gesetzliche Regelungen für alternative Wohnformen, inklusive steuerlicher Regelungen, zu schaffen. Als Beispiel schlägt er vor, geleistete Hilfe von der Einkommenssteuer zu befreien. „Die Beteiligten erhalten Rechtssicherheit bei der gegenseitigen Unterstützung. Dies kann gleichzeitig als Grundlage dienen, um die Akzeptanz und die Wirksamkeit solcher Wohnformen als sozialpolitisches Instrument zu erhöhen.“

Laut BAGSO folgt der BRH damit der Empfehlung, die diese zusammen mit der Bundesarbeitsgemeinschaft „Wohnen für Hilfe Deutschland“ und der Stadt Düsseldorf abgegeben hatte. Dabei betont sie die dreifache Wirkung dieser Wohnform. Neben günstigem Wohnraum und Unterstützung bietet diese Form auch eine reale Maßnahme gegen Einsamkeit. Allerdings muss an dieser Stell etwas Wasser in den Wein geschüttet werden: Solche Wohnformen sind nicht nur auf bürokratischer Ebene gewissen Voraussetzungen unterworfen.

Auch sozioökonomisch gibt es Bedingungen. Ist bspw. die Wohnung groß genug? Lebt die Person auf dem Land oder in der Stadt? Bestehen neben Alltagshilfe möglicherweise psychische Belastungen wie Depressionen oder Ähnliches, die eine „private“ Unterstützung überfordern würden? Auf Letzteres hatten wir bereits in unserem Artikel zu „Strategien gegen Einsamkeit“ hingewiesen. Hinzu kommt die Frage, welche jungen Leute gefragt sind und welche ausgeschlossen werden.

Es zeigt sich also, dass die Suche nach Rechtssicherheit gleichzeitig ein riesiges Paket an weiteren Fragen aufwirft. Darüber hinaus sollte klargestellt werden, dass das Pflegeproblem sehr viel weitreichender ist, ebenso wie der Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Es kann sich daher nur um eine Möglichkeit unter vielen handeln, die für eine bestimmte Gruppe Älterer und Jüngerer eine Ressource darstellt. Für diese Menschen ist es allerdings wert, dass solche Wohngemeinschaften gefördert werden.

Ob allerdings eine Regelung tatsächlich Rechtssicherheit schafft oder stattdessen andere bürokratische Hürden erzeugt, bleibt zu beobachten.

Für all jene, die allerdings bereits in so einer WG leben oder ernsthaft darüber nachdenken, gilt laut Bundesgesundheitsministerium für einige dieser „Pflege-WGs“ unter „bestimmten Mindestvoraussetzungen“ die Möglichkeit, als sogenannte ambulant betreute Wohngruppe anerkannt zu werden. In diesem Fall hätten die Beteiligten sogar Anspruch auf besondere Förderung durch die Pflegeversicherung. Zusätzlich können Pflegebedürftige in diesen Gruppen eine monatliche Pauschale von 214 Euro als Wohngruppenzuschlag erhalten. Auf der Seite des Gesundheitsministerium finden sich dazu weitere Informationen.

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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach plant nach der Sommerpause ein Konzept für ein weitere Pflegereform vorzulegen. Der Grund hierfür sind steigende Kosten der Pflege in Milliardenhöhe. Dafür liegt ein Kommissionsbericht mit vier Finanzierungsmodellen vor.

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Nach Angaben der Tagesschau vom 03. Juli 2024 hat das Bundeskabinett heute über entsprechende Vorschläge einer Finanzreform abgestimmt. „Dabei soll es um ein Gesamtpaket für mehr Kapazitäten beim Pflegepersonal, eine bessere Prävention von Pflegebedürftigkeit und das Schließen der Finanzlücke gehen.“ Im vergangenen Jahr (2023) beliefen sich die Gesamtausgaben auf rund 59,2 Milliarden Euro. Nach dem Bericht der zuständigen Kommission „aus Experten, mehreren Bundesministerien und Vertretern der Bundesländer“ ist zukünftig mit einer Lücke von etwa 24 Milliarden Euro zu rechnen.

Wie das Ärzteblatt zusammenfasst, skizziert der Kommissionsbericht vier Finanzierungsmodelle:

  1. Status quo mit Versichertenbeiträgen, Steuermitteln und privaten Eigenleistungen: Dieses Modell basiert auf einer Kombination aus Beiträgen der Versicherten, Steuermitteln und privaten Eigenleistungen, wie es aktuell praktiziert wird.
  2. Reduzierter privater Eigenanteil mit verpflichtender individueller Vorsorge: Dieses Modell schlägt vor, den Anteil der privaten Eigenleistungen zu verringern und zusätzlich eine neue, verpflichtende individuelle Vorsorge einzuführen. Dadurch soll das bisherige System weiterentwickelt werden.
  3. Umlagefinanzierte Vollversicherung mit Beiträgen und Steuermitteln: In diesem Modell wird eine umlagefinanzierte Vollversicherung vorgeschlagen, die sowohl durch Beiträge der Versicherten als auch durch Steuermittel finanziert wird.
  4. Umlagefinanzierte Vollversicherung allein durch ein Umlageverfahren: Hier wird eine umlagefinanzierte Vollversicherung vorgestellt, die ausschließlich über ein Umlageverfahren finanziert wird, ohne zusätzliche Beiträge oder Steuermittel.

Schaut man sich die vier Modelle an, zeigen sich allerdings einige Gefahren, die eine Entsolidarisierung in der Gesellschaft fördern könnten. So könnte die Erhöhung des Eigenanteils, unabhängig davon, ob er progressiv gestaltet ist, insbesondere Menschen mit kleinem Geldbeutel treffen, die bereits jetzt mit Preissteigerungen bei einem zu geringen Mindestlohn vor Problemen stehen (Umfangreiche Informationen zum Thema Mindestlohn bieten Verdi und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) auf ihrer Webseite).

Ähnliches könnte auch bei einer verpflichtenden individuellen Vorsorge entstehen, indem Menschen mit geringerem Einkommen auch nur geringer „individuell“ vorsorgen könnten oder eine verhältnismäßig höhere Belastung haben. Hinzu kommt, dass eine progressive Ausgestaltung vor dem Problem steht, dass „breitere Schultern“ meist eine bessere Lobby haben. Lediglich Modelle 3 und 4 erwähnen eine „Vollversicherung“. Ohne Vollversicherung stellt sich aber die Frage nach der Abstufung und ihren Kriterien.

In den 20 Uhr Nachrichten vom 03. Juli schließt die Tagesschau ihren Bericht mit der Anmerkung, dass der Druck auf Gesundheitsminister Lauterbach steige. Wie wir allerdings bereits in unserem Artikel zur „Effizienz in der Pflege“ thematisiert haben, richtet sich dieser Druck vermutlich an die falsche Adresse. Bei Finanzierungsproblemen bräuchte es ggf. eine Reform der Schuldenbremse, welche nicht in Lauterbachs Entscheidungsbereich liegt.

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Einsamkeit im Alter ist kein unbekanntes Phänomen. Dennoch steht es im politischen Alltag oder der medialen Öffentlichkeit selten im Fokus. Daher lohnt ein Hinweis auf einen Antrag zu diesem Thema im schleswig-holsteinischem Landtag.

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Der Antrag der SPD-Fraktion betont dabei insbesondere die Notwendigkeit, ins Handeln zu kommen, anstatt auf weitere Studien zu warten. Ebenso vordergründig ist die Forderung nach hauptamtlichen Kräften. Mit dem Konzept der „Vor-Ort-Für-Dich-Kraft“, wie es die SPD nennt, sollen vor allem Angebotslücken zwischen gesundheitlicher, pflegerischer und sozialer Unterstützung im Quartier geschlossen werden. Dabei gehe es auch um präventive und systemübergreifende Maßnahmen. Die Einrichtung und Förderung niedrigschwelliger, aufsuchender Quartiersarbeit wird als notwendig erachtet, um Menschen in ihrem Lebensumfeld zu erreichen und die nötige Unterstützung zu vermitteln. Hauptamtliche Stellen sollen dabei als Lotsen durch die verschiedenen Sozialleistungen fungieren, um ein selbstständiges Leben zu Hause zu ermöglichen und gleichzeitig Einsamkeit zu vermeiden. Darüber hinaus wird im Antrag gefordert, dass die Strategie der Bundesregierung konsequenter umgesetzt wird.

Bereits am 27. Januar 2023 hat sich der schleswig-holsteinische Landtag mit einem ähnlichen Antrag befasst, den die SPD vorgelegt hatte. Die Fraktionen hatten daraufhin bis Mitte Juli Zeit, sich zu beraten. Über diese beiden Termine im Januar und im Juli hatten wir berichtet. Im 2023er-Antrag fordern die Sozialdemokrat*innen die Landesregierung auf, 100 hauptamtliche „Vor-Ort-für-dich-Kräfte“ einzusetzen. Wie der parlamentarische Geschäftsführer des Südschleswigschen Wählerverbandes Christian Dirschauer damals betonte, kann es sich bei 100 Hauptamtlichen gegenüber 1100 Kommunen in Schleswig-Holstein allerdings nur um „einen ersten Schritt“ handeln.

Einsamkeit ist dabei kein alleiniges Phänomen im Alter. Auch jüngere Menschen können unter Einsamkeit leiden. Sowohl der Antrag der SPD-Fraktion als auch der sozialpolitische Sprecher der CDU, Werner Kalinka weisen darauf hin. Und auch die Strategie der Bundesregierung schreibt klar vorneweg: „Einsamkeit kann jede und jeden treffen.“

Dieser Umstand ist besonders für die parteipolitische Arbeit, wie auch in Vereins- und Gremienarbeit, nicht zu unterschätzen. Indem sie das Bindeglied zwischen verschiedenen Gruppen und Generationen ist, die hier an einem gemeinsamen Ziel arbeiten, schafft sie ein gemeinsames Interessenfeld. Gleichzeitig ist Einsamkeit wie kaum ein zweites Thema von „anwaltschaftlichem“ Handeln, also Handeln in Stellvertretung für die Betroffenen, abhängig. Bereits das Wort „Einsamkeit“ weist darauf hin: Einsame Menschen sind schlechter vernetzt, kennen weniger Anlaufstellen und befinden sich häufig in einem Teufelskreis, der soziale Kontakte erschwert. Die Einrichtung von hauptamtlichen Stellen zielt in diese Richtung.

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Am 13. Dezember 2023 hat das Bundeskabinett die "Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit" beschlossen. Diese Strategie zielt darauf ab, Einsamkeit in der Gesellschaft in allen Altersgruppen zu bekämpfen. Ergänzend lassen sich die Tipps gegen Einsamkeit der Malteser betrachten, die sich gezielt auf Alterseinsamkeit bezieht.

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Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit

Laut Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sollen dazu Faktoren identifiziert und erforscht werden, die dazu beitragen können, Einsamkeit zu verhindern und zu bekämpfen. Des Weiteren soll mit dem Einsamkeitsbarometer ein Instrument entwickelt werden, um das Ausmaß der Einsamkeit in Deutschland erfassen zu können.

Informationen und Erkenntnisse über Einsamkeit sollen breit gestreut und zugänglich gemacht werden, um das Bewusstsein für dieses Thema in der Öffentlichkeit zu stärken. Für die Umsetzung der Strategie sind das Kompetenznetz Einsamkeit (KNE) sowie die Geschäftsstelle zur Begleitung der Strategie gegen Einsamkeit verantwortlich. Auf der Webseite des KNE findet sich eine Liste mit Hilfs und Beratungsangeboten.

Darüber hinaus bietet das KNE eine sogenannte „Angebotslandkarte“, in der Interessierte über die Eingabe ihrer Postleitzahl oder ihres Wohnortes nach passenden Angeboten in ihrer Nähe suchen können.

Tipps der Malteser gegen Alterseinsamkeit

Ein anderer Ansatz findet sich bei den Maltesern. Unter dem Titel „Tipps gegen Einsamkeit im Alter“ haben die Malteser eine Liste mit 10 Tipps für eigene Maßnahmen gegen Einsamkeit entwickelt. Die Malteser zielen in ihren Tipps vor allem auf das „aktive“ Individuum:

  • Tipp 1: Lebensfreude wiederentdecken, indem man auch allein etwas unternimmt. „Alleine bedeutet nicht gleich einsam zu sein.“
  • Tipp 2: Regelmäßigkeiten schaffen, sich Strukturen überlegen und diese in einem ersten Schritt auch auf Papier genau planen und festhalten.
  • Tipp 3: „Handeln Sie proaktiv! Rufen Sie alte Bekannte an oder nehmen Sie Brieffreundschaften wieder auf […].“
  • Tipp 4: Neue Technik und das Erlernen neuer Technik als Chance nutzen.
  • Tipp 5: Die Nachbarn ansprechen oder, in Verbindung mit Tipp 4, Menschen über Online-Netzwerke wie nebenan.de oder nextdoor.de zunächst online kennenlernen, wenn der persönliche Kontakt schwer fällt.
  • Tipp 6: Ehrenamtliches Engagement finden.
  • Tipp 7: Mehrgenerationenhäuser: „Wäre das Leben in einer großen Wohngemeinschaft eine Option für Sie?“ Allerdings sollte hier eingeschränkt werden, dass es auch darauf ankommt, ob und wo solche Angebote vorhanden sind.
  • Tipp 8 und 9: Gehen Sie einem Hobby nach und/oder machen Sie Sport.
  • Tipp 10: Mit einem Haustier sind Sie in guter Gesellschaft. Allerdings gilt es hier ehrlich zu fragen, ob man diese Verantwortung übernehmen kann und will. Sollte das nicht der Fall sein, bieten die Malteser immerhin einen Besuchsdienst mit Hund an.

Weitere Perspektiven auf Einsamkeit im Alter

Das Problem an diesen Tipps liegt allerdings in ihren Voraussetzungen. Nicht jeder hat Zugang zu sozialen Gruppen oder ehrenamtlichen Möglichkeiten, sei es aus geografischen, finanziellen oder gesundheitlichen Gründen.

Gerade für Menschen in ländlichen Gebieten oder mit eingeschränkter Mobilität, die zudem nicht „digitalaffin“ sind, verfehlen diese Tipps ihren Zweck. Hinzu kommt, dass nicht jeder sich in großen Gruppen oder im Rahmen von Freiwilligenarbeit wohlfühlt. Introvertierte Menschen oder solche mit sozialen Ängsten könnten solche Vorschläge als überwältigend empfinden und sich dadurch noch weiter zurückziehen, anstatt Unterstützung zu finden.

Insbesondere, aber nicht nur, wenn Einsamkeit in Verbindung mit Depressionen auftritt, können solche Tipps zu Fehlschlüssen führen, die die Verantwortlichkeit im inaktiven Verhalten der betroffenen Personen sehen und dabei den Kontext, also die Lebensbedingungen, die Persönlichkeit oder eben die Gründe für die Erkrankung aus den Augen verlieren.

Eine erste Anlaufstelle bei Depression bietet hier die deutsche Depressionshilfe, wobei explizit auch Angehörige und Menschen, die nicht wissen, ob sie eine Depression haben, sich an diese Hilfe wenden können.

Soll Einsamkeit ernst genommen werden, sollten insbesondere in der Forschung die Menschen berücksichtigt werden, die aufgrund von Einschränkungen nicht aus eigener Kraft aus ihrer Einsamkeit herausfinden können. Forschungen im Rahmen der „Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit“ sollten daher Faktoren betrachten, die über das individuelle Verhalten hinausgehen. Ein „Einsamkeitsbarometer“ könnte zusammen mit anderen soziodemografischen Daten dabei helfen, strukturelle Problemfaktoren für Einsamkeit zu erkennen. Diese Erkenntnisse wären jedoch nur dann wertvoll, wenn daraus auch nachhaltig finanzierte Projekte zur Bekämpfung von Einsamkeit entstünden.

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