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Gesundes Leben

Um künftig besser auf die Bedürfnisse älterer Menschen in gesundheitlichen Notlagen einzugehen, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Publikation veröffentlicht, die sich mit altersfreundlichen Ansätzen in Städten und Kommunen während Krisenzeiten befasst. Die Lehren aus der Corona-Pandemie sollen dazu beitragen, die Vorbereitung und Reaktion der Städte und Kommunen auf zukünftige Krisen zu optimieren.

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Der Bericht basiert auf den Erfahrungen von 16 Städten in Europa und wurde vom europäischen Regionalbüro der WHO veröffentlicht. Damit richtet sich die WHO an politische Entscheidungsträger*innen und Stadtplaner*innen und schlägt Maßnahmen vor, um sicherzustellen, dass Städte altersfreundlich auf zukünftige Krisen vorbereitet sind und ihre Resilienz ausbauen können.

Im Rückblick auf die Pandemie wurden die Herausforderungen benannt, die den Schutz älterer Menschen in städtischen Gebieten betreffen:

  • die Notwendigkeit, das Überleben älterer Menschen sichern, ohne sie zu isolieren oder zu stigmatisieren
  • in gesundheitlichen Notlagen soziale Gerechtigkeit gemeinsam mit altersfreundlichen Maßnahmen berücksichtigen
  • Anpassungsprozesse für Ältere erleichtern und sie aktiv in Entscheidungs- und Gestaltungsprozesse von Städten einbeziehen

Konkret wurden fünf Lehren aus der Pandemie formuliert, auf deren Grundlage Städte künftig besser auf gesundheitliche Krisen reagieren können:

  1. Gemeinsam Resilienz aufbauen.
  2. Einen Resilienz-Zyklus etablieren, um sowohl vorsorglich als auch während und nach Krisen (re-)agieren zu können.
  3. Einen „All-Hazard“-Ansatz anwenden, da unterschiedliche Krisen die gesundheitliche Versorgung und Vulnerabilität älterer Menschen beeinflussen können.
  4. Strategische Investitionen in die kommunale Infrastruktur tätigen.
  5. Sicherstellen, dass ältere Personen eine Stimme haben.

Zur (englischsprachigen) Publikation auf der Webseite der WHO.

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Unter allen fünf Sozialversicherungen ist die Pflegeversicherung hierzulande die jüngste. Erst 1995 wurde sie unter Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) eingeführt, da die Zahl pflegebedürftiger Menschen einen stetigen Anstieg verzeichnete. Ihr Bestehen ist eine Grundvoraussetzung für (niedrigschwelligere) Hilfsmaßnahmen und gesenkte Kosten im Pflegefall, doch oftmals wird sich damit erst dann auseinandergesetzt, wenn die Pflegebedürftigkeit bereits eingetroffen ist oder unmittelbar bevorsteht.

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Der 1950 gegründete Sozialverband VdK hat im vergangenen Juni ein YouTube-Video veröffentlicht, in welchem Daniel Overdiek, Leiter der Rechtsabteilung des bayerischen VdK, die zentralen Aspekte der Pflegeversicherung zusammenfasst und aufzählt, was Sie als pflegeversicherte Person beachten sollten:

https://youtu.be/3AyD4TvXpKk?si=psrtNPG8x5ZuURvw

Seit die Pflegeversicherung 2017 reformiert wurde, wird die Pflegebedürftigkeit anhand von 65 Kriterien (z.B. Mobilität, kognitive Fähigkeiten, psychische Auffälligkeiten) gemessen. Zunächst wird seitens der Angehörigen der Antrag an die Pflegekasse gestellt, in deren Auftrag der Medizinische Dienst sich in Form eines Hausbesuchs oder eines Telefonats ein Bild von der pflegebedürftigen Person macht, um den Pflegegrad festzulegen. Je mehr Kriterien der Alltagsbewältigung Defizite aufweisen, desto pflegebedürftiger ist die Person einzustufen.

Ab Pflegegrad II besteht ein Anspruch auf Pflegegeld, das gemeinsam mit dem Pflegegrad steigt. Dieses steht dabei der pflegenden Person zu, kann aber auch durch eine Pflegesachleistung ersetzt werden. Darüber hinaus ist in der Pflegeversicherung auch die Tages- und Nacht- sowie die vollstationäre Pflege in Form der vorübergehenden oder dauerhaften Heimunterbringung inkludiert. Wird diese in Anspruch genommen, erhöht sich auch der Satz des Pflegegeldes. Die Kosten für stationäre Pflege werden jedoch nur teilweise von der Pflegeversicherung getragen, wohingegen der Rest eigenständig gezahlt werden muss. Ist dies finanziell nicht möglich und kommen auch weitere Angehörige für die Kostenübernahme nicht in Frage, kann beim Sozialamt Hilfe zur Pflege beantragt werden. Ein Entlastungsbetrag von 125€ kann in Anspruch genommen werden, findet aber aufgrund mangelnder Verfügbarkeit von Pflegediensten nicht immer Anwendung.

Bei vier Fünftel aller pflegenden Personen handelt es sich um Angehörige, welche die Pflege ihrer Ehepartner*in, Eltern oder Geschwister eigenständig übernehmen. Diese erhalten hierfür ein fiktives Arbeitsentgelt, das später ihrer eigenen Rente zugute kommt, wobei sich auch dieser Betrag an den Pflegegrad des zu pflegenden Angehörigen orientiert. Pflegende Personen, welche bereits das Renteneintrittsalter erreicht haben, haben zudem die Möglichkeit, Gebrauch von der Teilrente zu machen, damit deren gängige Rente von der Pflegetätigkeit unberührt bleibt. Gegenwärtig zahlen Arbeitnehmer*innen ab dem 24. Lebensjahr, sofern sie kinderlos sind, 4% des Bruttolohns in die Pflegekasse ein, wobei der Anteil mit jedem Kind um einen Viertel Prozentpunkt sinkt.

Hier erhalten Sie weitere Informationen über den VdK.

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Im Juli veröffentlichte die Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten Schleswig-Holsteins, Samiah El Samadoni, ihren Tätigkeitsbericht für den Berichtszeitraum 2023. Während der 35 Jahre des Amts der Bürgerbeauftragten wurden insgesamt 101.217 Petitionen eingereicht.

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Laut Bericht waren dabei die häufigsten Themen: Grundsicherung für Arbeitsuchende (bzw. Bürgergeld) mit 673 Petitionen, Sozialhilfe mit 412 Petitionen und gesetzliche Krankenversicherung mit 397 Petitionen.

Ein zunehmendes Thema ist die Pflege. So lag der Eigenanteil für die stationäre Pflege in Altenheimen im Jahr 2023 bei etwa 2.700 Euro monatlich. Aktuell liegt dieser Anteil für Schleswig-Holstein bei 2.855 Euro. Eine aktuelle Aufschlüsselung des Eigenanteils und der Kosten findet sich unter pflege.de. Zwar stellt der Bericht fest, dass betroffene Partner*innen „einen Antrag auf Hilfe zur Pflege in Form von Übernahme der Heimkosten für den Eigenanteil bei der stationären Pflege“ stellen können. Allerdings gelten dafür einige Bedingungen.

Demnach besteht ein Vermögensfreibetrag für Ehepaare von 20.000 €. Zudem werden Leistungen nach dem SGB XII (Sozialhilfe), also z.B. Grundsicherung im Alter und die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG), nicht angegriffen. Laut Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB) beträgt die Grundrente für 2024 1.129 Euro. Die Grundsicherung liegt noch darunter. Auch Kindergeld – das gerade bei älteren Ehepaaren eher unwahrscheinlich ist – bleibt unberührt. Eine vollständige Liste findet sich auf der Seite der Verbraucherzentrale. Dort heißt es auch, dass zu den abzugsfähigen Beiträgen neben Einkommenssteuern und Beiträgen zur Sozialversicherung auch geförderte Altersvorsorgebeiträge (z.B. Riesterverträge) bis zur Höhe des Mindesteigenbeitrages nach § 86 Einkommensteuergesetz (EStG) sowie Werbungskosten abgesetzt werden können. „Das Sozialamt beteiligt sich in diesen Fällen nur dann an Pflegekosten, wenn die pflegebedürftige Person oder deren Ehe- oder Lebenspartner nicht ausreichend Einkommen oder Vermögen haben, um die Kosten bezahlen zu können.“

Mit anderen Worten, Personen, die eine Pflegeeinrichtung in Anspruch nehmen müssen, machen im Prinzip zwei Steuererklärungen. Hinzu kommt, dass viele der abzugsfähigen Gründe beim Renteneintritt wegfallen oder minimiert werden.

Für Menschen mit wenig Vermögen oder Einkommen bedeutet ein Pflegefall, der nicht mehr zuhause versorgt werden kann, häufig, dass Ehepartner*innen in finanzielle Not geraten. Diese müssen oft große Teile ihres Einkommens aufwenden, was zu Altersarmut führen kann, kritisiert auch El Samadoni. Die logische Forderung wäre eine grundlegende Reform der Pflegefinanzierung in Form einer Vollkostenversicherung, ähnlich der Krankenversicherung, um eine gerechtere Finanzierung sicherzustellen.

Wie der Bericht mit Bezug auf den Anstieg von Petitionen im Jahr 2023 zeigt, ist das Thema von großem Interesse für die Bürger*innen Schleswig-Holsteins. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass die Landesregierung und der Landtag den Bericht zur Kenntnis genommen haben. Gedanken zu Plänen zur Pflegereform oder zur Effizienz in der Pflege entnehmen Sie unseren jeweiligen Beiträgen.

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In wenigen Wochen feiert die Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA) ihren 50. Geburtstag. Ein Grund mehr, um über die Organisation und ihre Tätigkeiten zu informieren.

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Der Grundgedanke der BIVA liegt im Wohlergehen aller pflegebedürftigen Menschen unter Berücksichtigung deren individueller Bedürfnisse und schließt auch Angehörige mit ein. Grund, Intensität und Dauer der Pflege können variieren, ebenso wie die Art der Einrichtung (inkl. Heimpflege). Es handelt sich um einen übergreifenden Interessenverband mit rund 7.000 Mitgliedern. Obwohl politisch unabhängig, setzt sich die BIVA für eine kulantere Rechtslage gegenüber pflegebedürftigen Menschen ein und hat hierbei bereits Erfolge zu verzeichnen.

Genauso bietet die BIVA auch juristische Beratung an und klärt u. a. Ansprüche auf Pflege, die Rechtmäßigkeit von Verträgen und beantwortet Fragen bezüglich der Finanzierung. Darüber hinaus kann die Bewohnervertretung einer stationären Pflegeeinrichtung auf Wunsch vor Ort Schulungen seitens der BIVA-Akademie in Anspruch nehmen.

Neben der Lobbyarbeit und der Beratung bezieht sich die dritte Säule der Organisation auf Aufklärung. Pflegebedürftige, Angehörige und Interessierte können sich durch umfassendes von der BIVA zur Verfügung gestelltes Material, wie beispielsweise hier, über Wissenswertes um Themenfelder wie z. B. Pflege und Wohneinrichtungen informieren. Von häuslicher Pflege über stationäre Pflege bis zu alternativen Wohnformen wie z. B. der Mehrgenerationen-WG werden hierbei sämtliche Möglichkeiten um die Gestaltung der Pflege abgedeckt und beleuchtet.

Die BIVA finanziert sich über Spenden, es besteht die Möglichkeit, im Verein als Mitglied einzutreten. Die BIVA ist auch auf Facebook vertreten.

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Von Demenz betroffene Menschen sind oftmals nicht mehr dazu in der Lage, Ausflüge zu unternehmen. Mehrere Organisationen und Vereine aus Schleswig-Holstein haben ein Projekt erarbeitet, um genau dies zu ändern. Zwei Angebote für das sogenannte Naturabenteuer wurden hierfür erarbeitet.

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Zunächst lädt der Tierpark Arche Warder am Mittwoch, den 28.08.2024 zu einem vierstündigen Naturerlebnis für alle an Demenz erkrankten Menschen sowie deren Angehörigen ein. Den Senior*innen wird dadurch die Möglichkeit geboten, trotz ihrer Krankheit den gesamten Vormittag im Grünen zu verbringen. Geplant ist eine informative Führung durch den Tierpark, bei der u. a. Esel, Hühner, Schweine, Ziegen, Kühe und Hasen beobachtet werden können. Der Kontakt mit Flora und Fauna habe eine beruhigende Wirkung und könne die aus einem überfordernden Alltag herausholen. Darüber hinaus wird ein Mittagessen für alle Besucher*innen und Besucher angeboten.

Einige Wochen später folgt am Dienstag, den 15.10.2024 ein weiteres Naturangebot auf dem Ponyhof Reesdorf. Zwischen Kiel und Neumünster können die Gäste einen herbstlichen Vormittag umgeben von Zwergeseln und Ponys erleben, in welchem ebenfalls Verpflegung enthalten ist. Der Hof liegt inmitten der norddeutschen Natur und stellt für diesen Tag zudem einen Fotografen, der die Erinnerungen der Menschen festhalten kann.

Beide Angebote sind barrierefrei, finden unter der Begleitung und Betreuung durch geschultes Personal und Freiwillige statt und erfordern eine Anmeldung beim Kompetenzzentrum Demenz (hier geht es direkt zum Online-Anmeldeformular) sowie einen Eintritt von 5,00 Euro (Mahlzeit inbegriffen). Die Anreise muss eigenverantwortlich von den Teilnehmenden organisiert werden.

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Laut eines Briefes zur „mentalen Gesundheit von älteren Menschen“ der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) bleiben psychische Erkrankungen oft unbemerkt und unbehandelt, werden als normales Altern abgetan oder durch andere Gesundheitsprobleme überschattet.

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Laut „Policy Brief“ der UNECE vom Juni 2024 zählen dabei ältere Frauen, Personen mit niedrigem sozioökonomischem Status und Bewohner*innen von Langzeitpflegeeinrichtungen zu den zentralen Risikogruppen. Insbesondere Depressionen machen dabei mit fast 30 % einen großen Teil der Problemlage aus. Fast 80 % der Depressionen bleiben dabei unbehandelt.

Mit ca. 25 % an Depression erkrankten Personen unter Personen ab 60 Jahren liegt Deutschland dabei im Mittelfeld der UNECE-Länder. Betrachtet man die Unterschiede nach Geschlecht und Alter, so liegt Deutschland auf Platz 19 bzw. 22 von 28 Ländern.

Insbesondere Bildung, die zudem häufig mit sozioökonomischen Faktoren wie einem geringeren Verdienst korreliert, stellt laut UNECE in Deutschland einen bedeutenden sozioökonomischen Ungleichheitsfaktor in Bezug auf Depressionen dar. Ein weiterer zentraler Risikofaktor ist Einsamkeit. Auch hier sind in einigen europäischen Ländern fast 30 Prozent der älteren Menschen betroffen. Durch die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie wurde der Einsamkeitsfaktor zudem noch verschärft.

Dabei beginnen die Ursachen bereits weit vor den Symptomen, unter denen Menschen in einer späten Lebensphase zu leiden haben. „Die physische und soziale Umgebung, in der Menschen leben und altern, prägt ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten im Laufe ihres Lebens und spielt eine bedeutende Rolle für die psychische Gesundheit. Zum Beispiel kann das Leben in Wohnvierteln mit hohen Kriminalitätsraten oder der Angst vor Verbrechen zu chronischer Angst führen, was die soziale Interaktion und Teilnahme am Gemeinschaftsleben einschränken kann.“

Auch individuellere Umstände spielen eine Rolle. Für Personen, die bspw. sozioökonomisch schlecht abgesichert sind, können hohe Behandlungs- und Pflegekosten zu Stress und Angst beitragen, was das Risiko für psychische Störungen erhöht.

Der Bericht stellt konkrete Strategien und Beispiele aus verschiedenen Ländern vor, die sich mit einer Verbesserung im Umgang mit der psychischen Gesundheit befassen. Für Deutschland ist es der Ratgeber „Entlastung für die Seele. Ein Ratgeber für pflegende Angehörige“ der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO). Neben der Beschreibung von „typischen“ Belastungen, auf die pflegende Angehörige treffen können, geht es hierbei auch um „Wege […], wie ein gesunder Umgang mit den eigenen Kräften gelingen kann“. Dazu zählt auch, rechtzeitig Entlastung und Hilfen von außen in Anspruch zu nehmen. Zu diesem Zweck gibt der Ratgeber konkrete Unterstützungsangebote. Allerdings fokussiert der Ratgeber der BAGSO auf individueller Hilfe, es werden keine systemischen, präventiven Maßnahmen benannt.

Die UNECE kommt zu dem Ergebnis: „Die psychische Gesundheit älterer Menschen wird durch die Ansammlung von Erfahrungen und Herausforderungen beeinflusst, denen sie im Laufe ihres Lebens begegnet sind, einschließlich im späteren Leben. […] Durch Investitionen in frühzeitige Präventionsinitiativen wie Bildungsprogramme zur psychischen Gesundheitskompetenz und die Förderung sozialer Kontakte in Kindheit und Jugend können politische Maßnahmen dazu beitragen, Menschen mit den Werkzeugen auszustatten, um den Stress des Lebens zu bewältigen. Darüber hinaus kann die Förderung gesunder Lebensgewohnheiten, einschließlich regelmäßiger körperlicher Aktivität, sozialer Kontakte sowie psychischer Gesundheit am Arbeitsplatz während des gesamten Erwachsenenalters erheblich zur psychischen Gesundheit im späteren Leben beitragen. Diese frühen Investitionen können nachhaltige Auswirkungen haben und eine Grundlage für Resilienz und psychische Gesundheit im Alter schaffen.“

Die Bekämpfung psychischer Erkrankungen in den späten Lebensphasen beginnt also damit, sozioökonomische Ungleichheiten in der Kindheit zu kompensieren und die Menschen während und über die Erwerbsphase hinaus nicht allein zu lassen.

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Wenn wir die Bezeichnung „ältere“ Menschen verwenden, haben wir oft eine für uns grobe, aber individuelle Vorstellung im Kopf, was damit gemeint sein soll und ob wir uns mit einschließen. Dasselbe gilt für die Bezeichnung „Jüngere“. Erinnern wir uns zurück an unsere Kindheit, wird dabei erkennbar, dass sich diese Vorstellungen abhängig vom eigenen Alter und dem der Menschen um einen herum verändern. Etwas genauer sind da die beiden Begriffe Lebensphase und Lebenslage.

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Laut Definition der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung (BZgA) meint Lebenslage einen bestimmten Altersabschnitt und Übergangsphase. Als Beispiele kennen wir den Eintritt in die Ausbildung, in den Job, in die nachberufliche Phase, in die Phase des Elternseins und weitere, sich überschneidende Phasen. Hingegen bezieht sich „der soziologische Begriff der Lebenslage […] auf die soziale Position und die Umstände, unter denen Individuen und soziale Gruppen leben“. Hierzu zählt Armut ebenso wie Einsamkeit. Ihnen gegenüber stehen ökonomischer Reichtum und soziale Eingebundenheit.

Für die BZgA sind beide Begriffe der Lage und Phase essenziell, wenn es um die Gesundheit des Menschen geht. Die Begriffe helfen, individuelle Bedürfnisse, Probleme, aber auch Ressourcen der Personen zu bestimmen und damit offenzulegen. Gleichzeitig machen die Begriffe deutlich, dass viele der Themen, die mit (Alters-)Diskriminierung zusammenhängen, nie allein auf das „Altsein“ beschränkt sind.

Der dritte Begriff im Bunde, der sich direkt daran anschließt, unterscheidet zwischen „alt" und „gebrechlich“ sein. „Gebrechlichkeit beschreibt einen Zustand verminderter körperlicher und mentaler Belastbarkeit und Kraft. Betroffene reagieren somit deutlich anfälliger auf Stressfaktoren und haben ein erhöhtes Risiko, ihre Selbstständigkeit zu verlieren oder auch zu versterben.“ So die Definition der Seite Pflege Box, auf der es weitere Informationen zu Symptomen und Maßnahmen, aber auch Prävention bei und von Gebrechlichkeit (englisch: Frailty) gibt. Dabei tritt Gebrechlichkeit häufig im Zusammenhang mit einem hohen Alter auf, betroffen können aber auch junge Menschen sein.

Wie hoch das Risiko ist, dass beispielsweise eine Lungenentzündung einen schweren Verlauf hat, kann durchaus mit der Lebensphase zusammenhängen, aber eben auch mit der Lebenslage. Wieviel Stress eine Person ausgesetzt ist, ob sie genug sozialen Rückhalt hat oder wie gesund sie lebt, sind entscheidende Faktoren. Diese Aspekte stehen häufig in Verbindung mit Fragen der (Alters-)Armut und der sozialen Einbindung.

Die drei zentralen Parameter Phase, Lage und Gesundheit müssen stets berücksichtigt werden, wenn es darum geht, ob und auf welche Weise Menschen ausgeschlossen werden. Diese Faktoren bestimmen auch, welche Ressourcen zur Verfügung stehen und wo Hilfebedarfe bestehen. Falsche Zuschreibungen oder Verallgemeinerungen von Fähigkeiten können dazu führen, dass Personen ausgeschlossen werden, die aufgrund ökonomischer, sozialer und/oder gesundheitlicher Gründe nicht eigenständig an bestimmten Hilfsangeboten teilnehmen können.

Für Institutionen und Vereine, die sich politisch engagieren, kann es angezeigt sein, ihre eigenen blinden Flecken zu überprüfen. Das kann helfen, zu einem würdevollen Leben in den späteren Lebensphasen beizutragen. Insbesondere in Bezug auf die Lebenslage können über die verschiedenen Altersphasen hinweg Verbündete gefunden werden, wenn soziale Probleme wie Armut nicht einfach als Generationen- oder Nationalitätenkonflikte abgetan werden.

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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach plant nach der Sommerpause ein Konzept für ein weitere Pflegereform vorzulegen. Der Grund hierfür sind steigende Kosten der Pflege in Milliardenhöhe. Dafür liegt ein Kommissionsbericht mit vier Finanzierungsmodellen vor.

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Nach Angaben der Tagesschau vom 03. Juli 2024 hat das Bundeskabinett heute über entsprechende Vorschläge einer Finanzreform abgestimmt. „Dabei soll es um ein Gesamtpaket für mehr Kapazitäten beim Pflegepersonal, eine bessere Prävention von Pflegebedürftigkeit und das Schließen der Finanzlücke gehen.“ Im vergangenen Jahr (2023) beliefen sich die Gesamtausgaben auf rund 59,2 Milliarden Euro. Nach dem Bericht der zuständigen Kommission „aus Experten, mehreren Bundesministerien und Vertretern der Bundesländer“ ist zukünftig mit einer Lücke von etwa 24 Milliarden Euro zu rechnen.

Wie das Ärzteblatt zusammenfasst, skizziert der Kommissionsbericht vier Finanzierungsmodelle:

  1. Status quo mit Versichertenbeiträgen, Steuermitteln und privaten Eigenleistungen: Dieses Modell basiert auf einer Kombination aus Beiträgen der Versicherten, Steuermitteln und privaten Eigenleistungen, wie es aktuell praktiziert wird.
  2. Reduzierter privater Eigenanteil mit verpflichtender individueller Vorsorge: Dieses Modell schlägt vor, den Anteil der privaten Eigenleistungen zu verringern und zusätzlich eine neue, verpflichtende individuelle Vorsorge einzuführen. Dadurch soll das bisherige System weiterentwickelt werden.
  3. Umlagefinanzierte Vollversicherung mit Beiträgen und Steuermitteln: In diesem Modell wird eine umlagefinanzierte Vollversicherung vorgeschlagen, die sowohl durch Beiträge der Versicherten als auch durch Steuermittel finanziert wird.
  4. Umlagefinanzierte Vollversicherung allein durch ein Umlageverfahren: Hier wird eine umlagefinanzierte Vollversicherung vorgestellt, die ausschließlich über ein Umlageverfahren finanziert wird, ohne zusätzliche Beiträge oder Steuermittel.

Schaut man sich die vier Modelle an, zeigen sich allerdings einige Gefahren, die eine Entsolidarisierung in der Gesellschaft fördern könnten. So könnte die Erhöhung des Eigenanteils, unabhängig davon, ob er progressiv gestaltet ist, insbesondere Menschen mit kleinem Geldbeutel treffen, die bereits jetzt mit Preissteigerungen bei einem zu geringen Mindestlohn vor Problemen stehen (Umfangreiche Informationen zum Thema Mindestlohn bieten Verdi und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) auf ihrer Webseite).

Ähnliches könnte auch bei einer verpflichtenden individuellen Vorsorge entstehen, indem Menschen mit geringerem Einkommen auch nur geringer „individuell“ vorsorgen könnten oder eine verhältnismäßig höhere Belastung haben. Hinzu kommt, dass eine progressive Ausgestaltung vor dem Problem steht, dass „breitere Schultern“ meist eine bessere Lobby haben. Lediglich Modelle 3 und 4 erwähnen eine „Vollversicherung“. Ohne Vollversicherung stellt sich aber die Frage nach der Abstufung und ihren Kriterien.

In den 20 Uhr Nachrichten vom 03. Juli schließt die Tagesschau ihren Bericht mit der Anmerkung, dass der Druck auf Gesundheitsminister Lauterbach steige. Wie wir allerdings bereits in unserem Artikel zur „Effizienz in der Pflege“ thematisiert haben, richtet sich dieser Druck vermutlich an die falsche Adresse. Bei Finanzierungsproblemen bräuchte es ggf. eine Reform der Schuldenbremse, welche nicht in Lauterbachs Entscheidungsbereich liegt.

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In Teilen der Gesellschaft wird ein defizitorientiertes Altersbild wahrgenommen. Mit diesem Beitrag möchte Ute Büchmann auf dieses negativ geprägte Bild reagieren und auf die Möglichkeiten der Senioren-Assistenz hinweisen.

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Ute Büchmann ist Mitautorin dieses Beitrages und Initiatorin der Ausbildung in der Senioren-Assistenz nach dem Plöner Modell.

Defizitorientiertes Altersbild

Das Bild vom Alter ist in Teilen der Gesellschaft stark defizitorientiert. Es gibt die Vorstellung, dass Ältere z. B.

  • körperlich und/oder geistig krank seien,
  • ständig Kaffee trinken würden,
  • schwerhörig und langweilig seien,
  • stundenlang vor dem Fernseher sitzen oder
  • meist in einer Einrichtung leben würden.

Dass 80 Prozent aller älteren pflegebedürftigen Menschen im eigenen Zuhause leben (häufig mit Unterstützung von Verwandten, häufig aber auch allein) ist nicht allen bewusst, denn auch in Presseberichten liegt der Schwerpunkt der Berichterstattung auf der Situation in Altenheimen und Senioreneinrichtungen. Ältere sind in vielen Fällen gute Kommunikationspartner*innen: Sie verfügen über ein enormes Erfahrungswissen, von dem Jüngere profitieren können.

Das defizitorientierte Bild vom Alter innerhalb der Gesellschaft müsste sich dringend ändern. Stattdessen könnten die Chancen für eine Gesellschaft, die die Potenziale der Älteren als wichtigen Baustein mit einbezieht, in den Fokus gesetzt werden.

Potentiale Älterer

Ein Beispiel sind die „Omas gegen Rechts“. Es beteiligen sich Frauen, die teilweise noch das Naziregime kennen- und hassen gelernt haben und sichtbar in der Öffentlichkeit ihre Erfahrungen weitergeben. Die Mitglieder setzen sich gegen Rechtsextremismus und für eine offene Gesellschaft ein.

Ein weiteres Beispiel sind Personen, die noch im höheren Alter eine Firma gegründet haben und erfolgreich selbstständig sind.

Als drittes Beispiel kann die sogenannte Alten-Akademie in Nürnberg betrachtet werden, an der 130 ältere Dozent*innen Seminare für Senior*innen anbieten.  Hier haben Ältere die Möglichkeit, kreativ zu sein, neue Fähigkeiten zu erlernen und gleichzeitig soziale Kontakte zu pflegen.

Aktives Altern

Bereits diese drei Beispiele zeigen, wie vielfältig und dynamisch das Engagement älterer Menschen sein kann. Sie zeigen, dass Senior*innen nicht nur am gesellschaftlichen Leben teilhaben wollen, sondern auch wesentliche Beiträge zu verschiedenen Bereichen leisten.

Diese Beispiele folgen dem positiven Bild des „Aktiven Alterns“, welches auch auf seniorenpolitik-aktuell.de sichtbar ist. Das übermäßig fokussierte Bild des Aktivierens kann auch kritisiert werden, denn es kann zum Ausschluss von Personen führen, welche keine neuen Kontakte knüpfen möchten. Auch können (nicht nur) Ältere trotz aller Aktivitäten Unterstützung benötigen, z. B. bei Alltagstätigkeiten.

Senioren-Assistenz

Diese Unterstützung bieten z. B. Senioren-Assistent*innen an. In der Begleitung von älteren Menschen mit Unterstützungsbedarf nehmen auch Senioren-Assistent*innen die enormen Erfahrungsschätze wahr, die sich bei den Menschen über Jahrzehnte angehäuft haben. Aufmerksame Zuhörer*innen können diese Schätze heben. Das macht die Arbeit als Senioren-Assistenz interessant und spannend.

Senioren-Assistent*innen haben sich während ihrer Ausbildung mit Altersbildern intensiv beschäftigt. Sie bieten nach Ausbildungsabschluss die professionelle Senioren-Assistenz als Dienstleistung an. Sie „betreuen“ Ältere nicht, sondern assistieren ihnen und geben Hilfe zur Selbsthilfe. Sie bringen Senior*innen Wertschätzung und Anerkennung entgegen und möchten für die soziale Teilhabe der Kund*innen am gesellschaftlichen Leben sorgen. Sie drücken den Älteren kein Programm auf, sondern schauen genau hin, was die Älteren benötigen. Und sie sind ständig bemüht, die Potenziale älterer Menschen in ihre Assistenzleistung mit einzubeziehen.

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Dass vor dem Hintergrund knappen Pflegepersonals und einer Zunahme an pflegebedürftigen Menschen die Frage der Effizienz aufkommt, ist verständlich. Doch ist es die richtige Frage zum richtigen Zeitpunkt? Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) bestätigt Gesundheitsminister Karl Lauterbach: „[…] Deutschland [gäbe] im internationalen Vergleich nicht übermäßig viel für die Pflege aus. Hier ist vieles schon jetzt auf Kante genäht.“

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Bedarf an Pflege

Die Anzahl der Pflegebedürftigen wird laut Institut der deutschen Wirtschaft (IW) nach einem Bericht des Deutschlandfunk bis 2040 von heute rund fünf Millionen auf sechs Millionen steigen und sich in den Jahrzehnten danach bei rund 6,7 Millionen einpendeln. Der Bedarf an Pflege wird regional aber unterschiedlich sein. In Sachsen-Anhalt und Thüringen wird bis 2055 ein geringer Anstieg von sieben Prozent bzw. neun Prozent erwartet, während in Bayern ein Anstieg um 56 Prozent und in Baden-Württemberg um 51 Prozent prognostiziert wird.

Verschärft wird die Gesamtsituation noch durch einen unerwartet hohen Anstieg von 360.000 statt 50.000 zu Pflegenden im vergangenen Jahr, wie der Gesundheitsminister im selben Interview mit dem RND bestätigte. In diesem Zusammenhang betonte Lauterbach, dass Pflege keineswegs nur eine Frage des Alters sei, sondern er davon ausgehe, dass unter der großen Gruppe der sogenannten Babyboomer auch mehr jüngere Menschen pflegebedürftig würden.

Reformvorschläge

Aus diesem Grund plädiert Lauterbach für eine Dynamisierung der Leistungsausgaben für Pflege, Steuerzuschüsse für Pflegende bei Rentenbeiträgen und brachte die Einführung einer Bürgerversicherung erneut ins Spiel. Mit einer „umfassenden Finanzreform in der Pflege“ rechnet er in dieser Legislaturperiode aufgrund der verschiedenen Ansichten der Koalitionspartner allerdings nicht mehr.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) lobt die Einsicht in eine notwendige Reform, kritisiert allerdings, dass all das ohne eine zeitnahe Umsetzung niemandem helfe. Im Gegensatz zu Lauterbach fordert die BAGSO, „den Kommunen die Verantwortung für die Pflege und die Prävention von Pflegebedürftigkeit zu übertragen“, dies gesetzlich zu verankern und ausreichend zu finanzieren. Vor dem Hintergrund klammer Kommunalkassen und regional massiver Unterschiede im Pflegebedarf bleibt allerdings auch die Forderung der BAGSO mit einem Fragezeichen behaftet.

Sowohl BAGSO als auch Lauterbach sehen allerdings die Notwendigkeit, dass ohne mehr Geld sich kaum etwas verändern lässt.

Eine auf den ersten Blick andere Richtung schlägt der Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege (SVR) ein. Demnach würden die derzeitigen „strukturellen Probleme“ Druck auf die ohnehin zunehmend kritische Fachkräftesituation in der pflegerischen und medizinischen Versorgung bewirken, so Prof. Dr. med. Michael Hallek, Vorsitzender des SVR, gegenüber dem Ärzteblatt. Aus diesem Grund bräuchte es einen „effizienteren“ Einsatz von Ressourcen. Unter Effizienz wird in der freien Wirtschaft landläufig allerdings eine Verdichtung von Arbeitszeit verstanden. Entsprechend wäre diese Forderung konträr zum eigentlichen Bedarf an mehr Qualität und vor allem „mehr Zeit“ für die Patient*innen, wie es die Fachkräfte fordern. Zu diesem Ergebnis kam die Studie "Ich pflege wieder, wenn…" bereits 2022. Seitdem hat sich kaum etwas an der Situation verändert. Es wird also darauf ankommen, was der SVR unter Effizienz versteht.

Ein konkreter Vorschlag kommt von der Pflegerats-Präsidentin Christine Vogler. In einem Interview mit dem SWR schlug sie vor, dass Pflegekräfte mehr Kompetenzen erhalten, für die sie ansonsten auf Ärzt*innen angewiesen sind. In anderen Ländern sei es bereits üblich, dass Fachkräfte selbstständig Verordnungen und Pflegemittel verschreiben sowie Aufklärungsgespräche durchführen können. Effizienz, so verstanden, könnte sowohl zu einer Entlastung als auch zu einer Aufwertung führen. Ein weiteres Effizienzpotenzial liegt in einer besseren regionalen Vernetzung. Vorstellbar wäre hier, ein öffentliches Verkehrsnetz in den nächsten Jahren aufzubauen, das Angebot und Nachfrage gerade in ländlichen Regionen verbindet. Dieses Verkehrsnetz wäre vermutlich auch notwendig, sollten die Kommunen mehr Verantwortung übernehmen, wie es die BAGSO fordert.

Fazit

All das kostet Geld. Bevor also mit dem Effizienzbegriff Druck aufgebaut wird und dadurch noch mehr Pflegekräfte abwandern, sollte zunächst die Finanzierung ins Auge gefasst werden. Hieran schließt die Diskussion um eine Reform von Pflegeversicherung und sogenannter Schuldenbremse an. Kritische Stimmen zur Schuldenbremse fasst die Sendung „Die Anstalt“ vom 12. März zusammen, hier in kommentierter Fassung durch Maurice Höfgen (hauptberuflich wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundestag).

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