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Medizinische Versorgung

Mitte Juni hat das Pflegeunterstützungs- und entlastungsgesetz (PUEG) den Bundesrat passiert. Das Gesetz belaste insbesondere Rentner*innen mit mehreren Kindern über 25 Jahren über die Maßen, argumentiert der Sozialverband VdK – und will klagen.

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„Die Pflegereform bleibt eine große Enttäuschung“, erklärt die VdK-Präsidentin Verena Bentele im Juni in einer Pressemitteilung. Die Reform sieht unter anderem eine Erhöhung des  Pflegegeldes vor, die laut Bentele allerdings nicht ausreiche, um die starke Inflation auszugleichen. „Wir hatten eine Erhöhung von mindestens 16 Prozent gefordert“, so die Präsidentin,  die hinzufügt:  „Das erhöhte Pflegegeld wird bei vielen schnell aufgezehrt sein, denn Rentnerinnen und Rentner müssen ja nun erhöhte Beitragssätze bezahlen.“

Tatsächlich geht mit der Reform eine Erhöhung der Beiträge zur Pflegeversicherung einher. Seit dem 1. Juli 2023 werden die Beitragssätze nun jedoch nach der Kinderzahl differenziert, sodass Eltern generell 0,6 Beitragssatzpunkte weniger zahlen als Kinderlose. Damit wird ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. April 2022 umgesetzt.

Das Gesetz ist allerdings so ausgestaltet, dass der ermäßigte Beitragssatz für Eltern mit mehreren Kindern nur in der Erziehungszeit gilt, also bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres. Versicherungsmitglieder mit einem Kind profitieren hingegen lebenslang von einem geringeren Beitragssatz. Hierin sieht der Verband einen Anlass, vor Gericht zu ziehen: „Der VdK wird gegen die Pflegereform klagen und gegen die zeitliche Begrenzung der gestaffelten Beitragssätze für Eltern ab dem zweiten Kind vor Gericht ziehen. Die Ungleichbehandlung von Eltern mit mehreren Kindern gegenüber Eltern mit nur einem Kind ist nicht hinzunehmen.“ Insbesondere Rentner*innen mit mehreren Kindern über 25 Jahren würden durch die Reform über die Maßen belastet werden.

Details zum PUEG finden Sie auf der Internetseite des Bundesgesundheitsministeriums.

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Seitdem das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2020 das damalige Verbot der Suizidhilfe kippte, diskutiert der Deutsche Bundestag über eine Neuregelung der Sterbehilfe. Zwei unterschiedliche Anträge wurden diskutiert, am Ende fand keiner von beiden eine Mehrheit.

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Am 6. Juli 2023 hat der Bundestag über die Anträge zweier Abgeordnetengruppen diskutiert, die sich über die Fraktionsgrenzen hinweg gebildet hatten. Für die Debatte und die anschließende Abstimmung wurde der Fraktionszwang aufgehoben. Wir berichteten im vergangenen Jahr schon einmal über die Debatte zur Neuregelung und die beiden unterschiedlichen Ansätze der Abgeordnetengruppen. Damals hatte es gerade eine erste Orientierungsdebatte und kurze Zeit später die erste Lesung zu den Gesetzentwürfen gegeben. Nun wurden die Entwürfe in zweiter und dritter Lesung behandelt – beide bekamen mehr Nein- als Ja-Stimmen.

Hintergrund des parlamentarischen Prozesses war ein Urteil des Bundesverfassungsgericht aus dem Februar 2020. Dieses kippte das 2015 durch den  Bundestag beschlossene Verbot der geschäftsmäßigen Suizidhilfe. Seither ist die Sterbehilfe in Deutschland in einer rechtlichen Grauzone, fehlt es immerhin an einer klaren gesetzgeberischen Regelung.

Im Zuge der Neuregelung hat die Gruppe um Dr. Lars Castellucci (SPD), Ansgar Heveling (CDU) und Dr. Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) eine Regelung im Strafgesetzbuch vorgeschlagen – also einem grundsätzlichen Verbot mit klar formulierten Ausnahmen. „Ein Schutzkonzept, das keine Konsequenzen hat, wenn man es verletzt, ist kein Schutzkonzept“, begründet der Abgeordnete Castellucci die Notwendigkeit einer strafrechtlichen Lösung.

Dass das Strafrecht keine Antwort sein darf, formulieren Katrin Helling-Plahr (FDP), Renate Künast (Grüne), Dr. Petra Sitte (Linke) und andere in ihrem Entwurf. Für diese Gruppe genüge es, sich einer Beratung unterziehen zu müssen und eine dreiwöchige Wartefrist einzuhalten.

Da beide Anträge abgelehnt worden sind, kommt es vorerst zu keiner Neuregelung des assistierten Suizids. Dieser bleibt seit dem Urteil des Verfassungsgerichts weiterhin ungeregelt legal und die jahrelange Arbeit der Parlamentarier*innen damit zunächst ohne gesetzgeberisches Ergebnis. Dass der Bundestag in dieser Legislaturperiode noch einmal über eine Neuregelung entscheiden wird, gilt als unwahrscheinlich.

Eine Zusammenfassung der Debatte sowie alle Dokumente zur Sitzung finden Sie hier.

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Zum 1. Juli 2023 sind einige neue Regelungen im Sozialrecht in Kraft getreten, über die die Bürgerbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein informiert.

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„Nachdem zum 1. Januar durch tiefgreifende Reformen ‚Hartz IV‘ das Bürgergeld geworden ist, erwarten Bezieher*innen dieser Leistungen einige weitere Änderungen“, teilt Samiah El Samadoni, die schleswig-holsteinische Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten mit. „Auch in anderen Bereichen wird es zu Neuerungen kommen.“ In einer Pressemitteilung informiert sie über die einzelnen Änderungen.

So wurde zum 1. Juli unter anderem das Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz (PUEG) eingeführt, durch das insbesondere die häusliche Pflege gestärkt und pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen entlastet werden sollten. Für die Versicherten steigt dadurch der allgemeine Beitragssatz zur Pflegeversicherung von 3,05 auf 3,4 Prozentpunkte, für Kinderlose auf 4 Prozentpunkte.

Eine weitere Änderung im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung betrifft das E-Rezept, das zwar schon letztes Jahr eingeführt wurde, seit dem 1. Juli 2023 aber über die elektronische Gesundheitskarte in der Apotheke einlösbar sein soll. Da gleichzeitig auch Systeme in den Apotheken umgestellt werden, kann eine flächendeckende Nutzungsmöglichkeit des E-Rezepts per Gesundheitskarte noch etwas dauern.

Für Rentner*innen gab es zudem mit Beginn des Monats eine Rentenerhöhung um 4,39 Prozent in Westdeutschland. Im Osten stiegen die Renten um 5,86 Prozent, wodurch die Rentenangleichung bereits ein Jahr früher als ursprünglich geplant eintritt.

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Bundesweit sollen nach Vorstellungen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) niedrigschwellige Anlaufstellen in sozial benachteiligten Regionen entstehen. Die bereits 2022 vorgestellten Pläne konkretisieren sich nun in einem Gesetzentwurf.

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Im Koalitionsvertrag der Ampelregierung ist vereinbart, in besonders benachteiligten Kommunen und Stadtteilen niedrigschwellige Beratungsangebote für Behandlung und Prävention zu errichten. Als Beispiel wurde dort bereits der Begriff der Gesundheitskioske aufgeführt. Im August 2022 stellte Minister Lauterbach dann seine Pläne dazu vor: Bundesweit sollen rund 1.000 dieser sogenannten Gesundheitskioske entstehen, die Menschen in sozial benachteiligten Regionen mit einer besseren medizinischen Versorgung erreicht. Pro 80.000 Menschen solle ein Kiosk errichtet werden, wobei die Armut des Stadtteils im Vordergrund stehen müsse, wie der SPD-Politiker damals erklärte.

Weitere Details sind nun durch den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune (Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz – GVSG) bekannt geworden. Unter anderem berichtet das Ärzteblatt im Juni zu den Inhalten. Ziel dieser Anlauf- und Beratungsstellen sei demnach, die individuelle Gesundheitskompetenz insbesondere von Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf zu erhöhen. Auch die Durchführung von Routineaufgaben wie Blutdruckmessungen sollen vor Ort übernommen werden können. Mitarbeitende sollen Pflegekräfte sein, die Leitung solle jeweils von einer Pflegefachkraft übernommen werden.

Das Bundesgesundheitsministerium geht von jährlichen Kosten in Höhe von 400.000 Euro pro Kiosk aus, wovon die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) mit knapp 75 Prozent den Hauptteil tragen soll. Weitere 20 Prozent sollen von den Kommunen übernommen werden, den Rest hätten die Privaten Krankenversicherungen (PKV) zu tragen. Die Kommunen haben bei der Errichtung laut Gesetzentwurf das Initiativrecht. Besonderheiten vor Ort könnten durch einen gewissen Gestaltungsspielraum Berücksichtigung finden, beispielsweise in Form mobiler Kioske in Bussen. Die Beratungsangebote sollen wissenschaftlich begleitet und ausgewertet werden.

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Heute ist Welttag gegen die Misshandlung älterer Menschen. Senior*innenorganisationen fordern mehr Schutz gegen Gewalt in der Altenpflege.

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Seit 2011 wird der 15. Juni von den Vereinten Nationen offiziell als Internationaler Tag gegen die Misshandlung älterer Menschen anerkannt. Verbände und Organisationen nutzen dieses Datum, um auf die Situation von älteren und von Misshandlungen bedrohten Menschen hinzuweisen, zum Beispiel in stationären Einrichtungen.

So fordert auch die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) anlässlich des 15. Junis einen besseren Schutz dieser Menschen. „Besonders gefährdet sind Menschen, die auf Hilfe und Pflege angewiesen sind“, heißt es in der Pressemitteilung. „Bislang fehlen jedoch Strukturen, die gezielt auf den Schutz alter Menschen vor Gewalt, Misshandlung oder Vernachlässigung ausgerichtet sind.“

Die BAGSO fordert die Einrichtung von Ombudsstellen in allen 16 Bundesländern, an die sich Betroffene wenden könnten. Einige Bundesländer hätten in den vergangenen Jahren bereits Pflegebeauftragte eingesetzt, die zum Teil die Funktion informeller Ombudsstellen wahrgenommen hätten. Solche Anlaufstellen müsse es bundesweit geben, argumentiert die BAGSO.

Zudem brauche es einen offenen Umgang mit dem Thema Gewalt gegen älterer Menschen, das immer noch tabuisiert sei. „Erkenntnisse aus Studien und Erfahrungen aus Projekten weisen darauf hin, dass Gewalt sowohl in der stationären als auch in der häuslichen Pflegesituation in einem Ausmaß vorkommt, dass deutlich über Einzelfälle hinausgeht“, meldet die BAGSO. „Die Erscheinungsformen sind vielfältig und umfassen unter anderem Vernachlässigung, verbale Aggressionen und körperliche Gewalt.“

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Knapp drei Jahrzehnte nach Einführung der Pflegeversicherung habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass das gegenwärtige System an seine Grenzen stoße. Kleine Reformen würden die wesentlichen Probleme nicht lösen. In einem Positionspapier fordert die BAGSO eine grundlegende Neuausrichtung.

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1995 wurde die soziale Pflegeversicherung als eigenständiger Sozialversicherungszweig eingeführt. Knapp dreißig Jahre später habe sich laut Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) die Erkenntnis verfestigt, dass das derzeitige System nicht mehr zeitgemäß sei. Wesentliche Probleme blieben ungelöst. Dazu zählt die BAGSO beispielsweise die permanente überschrittenen Belastungsgrenzen professioneller Pflegekräfte, die Zunahme älterer und pflegebedürftiger Menschen und das Defizit an spezifischen Angeboten. Problematisch sei zudem, dass ein großer Teil der Sorge- und Pflegearbeit auf pflegenden Angehörigen laste, viele befänden sich in extremen Belastungssituationen.

In einem 16-seitigen Positionspapier mit dem Titel „Sorge und Pflege: Neue Strukturen in kommunaler Verantwortung“, dass der BAGSO-Vorstand im Mai verabschiedet hat, fordert der Dachverband eine Neukonzeption der Pflege in Deutschland. Unter anderem müssten den Kommunen die Steuerungs- und Gestaltungsverantwortung für die Altenhilfe und Pflege zugewiesen werden, die mit der Einführung der Pflegeversicherung (SGB XI) stark eingeschränkt worden sei. „Dem Quartiersansatz folgend muss Sorge und Pflege lokal gedacht und sozialraumbezogen sowie sektorenübergreifend organisiert werden“, heißt es in dem Papier. „Ziel muss sein, Lebensorte zu fördern und zu entwickeln, in denen altengerechtes Wohnen und individuell ausgerichtete unterstützende Hilfsangebote zur Verfügung stehen und Teilhabe möglich ist.“

Des Weiteren müssten präventive Angebote der Altenhilfe nach § 71 SGB XII ausgebaut werden. Darunter fallen beispielsweise Begegnungsstätten und Informations- und Beratungsstellen, in der Realität führe die Vorschrift jedoch ein „Schattendasein“. Vielerorts seien entsprechende Angebote gar nicht oder nur eingeschränkt verfügbar. Zuletzt berichteten wir im Rahmen des vom Berliner Seniorenbeirat eingebrachten Altenhilfestrukturgesetzes über die Norm.

Im Falle der Pflegebedürftigkeit dürfe Pflege nicht arm machen, dies sei derzeit häufig der Fall. So müssten unter anderem die Eigenanteile nachhaltig begrenzt werden. Außerdem stellt die BAGSO klar: „Pflege hat sich zu einem lukrativen Markt entwickelt, in dem Wirtschaftlichkeitsaspekte eine immer stärkere Rolle spielen. Die Qualität der Pflege und die Beiträge zur Pflegeversicherung dürfen aber nicht von Renditeerwartungen von Leistungserbringern und Investoren dominiert werden; zumindest müssen Grenzen definiert werden.“

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Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) hat im Mai zu anhaltender Solidarität mit den Opfern des Erdbebens in der Türkei und in Syrien aufgerufen. Sie fordert weitere unbürokratische Hilfen.

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Anfang Februar erreichten uns die Bilder der verheerenden Verwüstungen, die ein Erdbeben im Südosten der Türkei und im Norden Syriens angerichtet hatten. Fast 60.000 Menschen konnten nach der Katastrophe nur noch tot geborgen werden, mehr als 125.000 Verletzungen wurden registriert. In den Wochen danach folgten zahlreiche Solidaritätsbekundungen, Spenden und Hilfen. Nun, 100 Tage nach der Erdbebenkatastrophe, mahnt die BAGSO zu weiterer Solidarität.

„Viele Menschen benötigen noch lange Zeit materielle und psychosoziale Unterstützung. Die Hilfsbedürftigkeit älterer Menschen ist dabei besonders groß“, heißt es von der BAGSO. Sie fordert weitere unbürokratische Unterstützung durch die Bundesregierung. Konkret müssten beispielsweise die Visa-Regelungen angepasst werden. Die Regierung habe zwar das Aufenthaltsrecht für Menschen aus den Erdbebengebieten von zunächst drei auf sechs Monate verlängert, in Anbetracht der Zerstörungen vor Ort gehe auch dies aber an der Realität vorbei – ein Wiederaufbau sei „keine Sache von Monaten, sondern von Jahrzehnten“.

Außerdem macht der Dachverband darauf aufmerksam, dass auch Menschen aus der Region, die schon lange in Deutschland leben, von der Katastrophe betroffen sind. „Viele haben Angehörige und Verwandte verloren, häufig wurde ihre Heimat zerstört. Depressionen, Ängste und Gefühle von Ohnmacht haben stark zugenommen“, erklärt die BAGSO. Man zeige sich solidarisch mit diesen Menschen und fordere dazu auf, die besonderen Bedürfnisse in den Angeboten der Seniorenarbeit zu berücksichtigen.

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Zum internationalen Tag der Pflege forderten Verbände und Gewerkschaften am 12. Mai bessere Arbeitsbedingungen und ein entschlossenes Handeln von Arbeitgeber*innen und Politik. Sie mahnen: Mit den derzeitigen Anforderungen würden 75 Prozent der Pflegekräfte davon ausgehen, nicht bis zur Rente in dem Beruf zu bleiben.

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Seit 1967 gilt der 12. Mai als internationaler Tag der Pflege. Der Tag ist der Geburtstag der 1820 geborenen Florence Nightingale, einer britischen Krankenschwester, die als Begründerin der modernen Krankenpflege gilt und zu deren Ehren der Tag ausgerufen wurde. Der 12. Mai wird von vielen Verbänden und Interessenvertretungen seither zum Anlass genommen, zu aktuellen Themen im Pflegebereich Stellung zu nehmen und Verbesserungen anzuregen.

„Der Fachkräftebedarf in der Pflege bleibt ungebrochen hoch“, teilt die Bundesagentur für Arbeit anlässlich des Tags der Pflege mit. So würden auf 100 zu besetzende Stellen lediglich 33 Arbeitslose kommen. Einen Überschuss hingegen gebe es bei den Pflegehilfskräften, hier seien es mehr Arbeitslose als verfügbare Stellen. Insgesamt seien 1,68 Millionen Menschen sozialversicherungspflichtig in Pflegeberufen tätig (Stand: Juni 2022).

Das es weiterhin einen Fachkräftemangel gibt, könnte zu einem bedeutenden Anteil auch an den Arbeitsbedingungen liegen. So argumentiert auch die Dienstleistungsgesellschaft „ver.di“, die Politik und Arbeitgeber*innen auffordert, entschlossen zu handeln. „Die Beschäftigten wollen gut und sicher pflegen, können das aber bei der viel zu dünnen Personaldecke oft nicht“, lässt sich Sylvia Bühler aus dem ver.di-Vorstand in einer aktuellen Pressemitteilung zitieren. „Das ist eine Gefahr für die Patientinnen und Patienten und belastet die Pflegekräfte“. Ver.di beruft sich bei der Problembeschreibung unter anderem auf Zahlen des Index für Gute Arbeit vom Deutschen Gewerkschaftsbund, nach denen 75 Prozent der Pflegekräfte unter derzeitigen Bedingungen nicht bis zur Rente in ihrem Beruf bleiben würden. Ein wesentlicher Schlüssel gegen den Fachkräftemangel sei eine bedarfsgerechte Personalausstattung.

Auch das Rote Kreuz schlägt Alarm und verdeutlicht die praktischen Konsequenzen eines Pflegenotstands: „Pflegeheime verhängen Aufnahmestopps, weil ihnen schlicht das Personal fehlt. Einrichtungen schließen, weil sie die Kosten schon lange nicht mehr decken können. Mitarbeitende fallen in die Arbeitsunfähigkeit, weil sie an das Ende ihrer Kräfte kommen“, erklärt die Vizepräsidentin des Bayerischen Roten Kreuzes Brigitte Meyer und hält fest: „Wir können so nicht mehr weitermachen.“ Die Auswirkungen würden insbesondere die Menschen zu spüren bekommen, die keine Angehörigen haben, die die Pflege übernehmen.

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2015 hatte die rheinland-pfälzische Landesregierung das Projekt „Gemeindeschwester Plus“ ins Leben gerufen. Der kürzlich vorgestellte zweite Evaluationsbericht zeigt: Das Programm wirkt – auch gegen Einsamkeit.

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Nach den ersten drei Jahren des „Gemeindeschwester Plus“-Modellprojekts ist das Projekt in eine ebenfalls dreijährige Verstetigungsphase übergegangen. Inzwischen ist aus dem „Vorzeigeprojekt“, wie die Landesregierung selbst es nennt, ein festes Landesprogramm geworden. Schon die Modellphase wurde wissenschaftlich begleitet und ausgewertet, im März wurde nun der zweite Evaluationsbericht in Mainz vorgestellt.

„Die Evaluation zeigt, dass die Umsetzung des Projekts GS+ in den Kommunen insgesamt gut gelingt und die GS+ gut in die kommunalen Strukturen und Prozesse integriert wurden“, heißt es im Fazit des Berichts, der die hochaltrigen Senior*innen in den Blick nimmt. Hochbetagte würden sich durch das Projekt sicherer, weniger einsam und eher gesehen fühlen. Die im Rahmen des Landesprogramm tätigen Fachkräfte seien damit ein „wichtiger Baustein einer funktionierenden Kümmerer-Struktur in den Kommunen“, lässt sich Sozialminister Alexander Schweitzer auf der Seite seines Ministeriums zitieren. Entsprechend positiv nimmt der Minister die wissenschaftliche Auswertung zur Kenntnis: „Die Gemeindeschwesterplus ist aus Rheinland-Pfalz nicht mehr wegzudenken. Der vorgelegte Evaluationsbericht bestätigt, dass wir mit dem Beratungsangebot für hochbetagte Seniorinnen und Senioren genau richtigliegen.“

Aus Einsamkeit Kontakt zur Gemeindeschwester Plus gesucht zu haben, gibt rund jede*r fünfte Hochbetagte an. Auch ein Großteil der im Rahmen des Programms angestoßenen Angebote sind Maßnahmen gegen Vereinsamung. Das Thema spiele neben hauswirtschaftlichen und pflegerischen Fragen zur Versorgung auch in den Gesprächen mit den Fachkräften immer wieder eine Rolle.

Gemeindeschwester Plus ist ein präventives Angebot, dass sich an Menschen ab 80 Jahren richtet, die keine Pflege, sondern Unterstützung und Beratung in ihrem derzeitigen Lebensabschnitt brauchen. Die Fachkräfte des Programms beraten, vermitteln und unterstützen die Senior*innen, beispielsweise bei Fragen rund um die Wohnsituation. Derzeit finanziert das Land Rheinland-Pfalz 39 Vollzeitstellen.

Evaluiert und begleitet wird das Programm durch "inav – privates Institut für angewandte Versorgungsforschung GmbH". Den Evaluationsbericht können Sie hier herunterladen.

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Oft werden Isolation, Verwahrlosung oder Unterversorgung alleinlebender älterer Menschen erst dann deutlich, wenn ein Rettungsdienst gerufen oder ein Krankenhausaufenthalt notwendig wird. Ein Pilotprojekt der Stadt Wiesbaden konnte zeigen, dass eine Kooperation zwischen Rettungsdiensten und Altenhilfe Krankenhauseinweisungen vermeiden und zeitnahe Betreuung organisiert werden konnte.

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„Schnittstellenmanagement bei Krankenhausaufnahme und -Entlassung“ heißt des Wiesbadener Projekt, bei dem Rettungsdienste mit den Beratungsstellen Leben im Alter des Sozialdezernats kooperieren. Über das Pilotprojekt informiert unter anderem das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) in einem ausführlichen Beitrag vom 30. März 2023. Zitiert wird darin Johannes Weber, der 2018 die Projektleitung als Abteilungsleiter der Altenarbeit im Sozialdezernat übernommen hatte: „Nach unserer Kenntnis gibt es diese Kooperation nur in Wiesbaden“, so der Projektleiter. „Es geht in Wiesbaden deshalb, weil die Beratungsstellen für selbständiges Leben im Alter im Sozialdezernat die Meldungen der Rettungsdienste annehmen und weiterbearbeiten können. Ein solcher Dienst ist Voraussetzung für das Gelingen einer solchen Kooperation.“

Eine Besonderheit des Projektes ist es, dass Rettungskräfte bei älteren Notrufenden nicht allein den gesundheitlichen Status überprüfen, sondern auch das Vorliegen möglicher sozialer Bedarfe. Dabei hilft den Einsatzkräften ein Meldebogen mit vorgegeben Kategorien. Je nach medizinischer Einschätzung erfolgt die Versorgung vor Ort oder durch einen Krankenhaustransport. Ob dann zusätzlich auch das Amt für soziale Arbeit eingebunden wird, entscheidet das Rettungsteam vor Ort. Die Rettungskräfte werden entsprechend geschult. Im Anschluss an die Meldung haben die Mitarbeiter*innen der Beratungsstellen fünf Werktage Zeit, eine Rückmeldung über die Versorgung der Person an den Rettungsdienst zu übermitteln.

Das Projekt wurde von Dr. Petra Schönemann-Gieck vom Institut für Gerontologie Universität Heidelberg wissenschaftlich begleitet. Sie kommt zu dem Schluss: „Das Kooperationsverfahren ist ein vielversprechender Ansatz zur Entlastung des Rettungsdiensts und der Krankenhäuser“. Durch das vierjährige Pilotprojekt habe man einen Beitrag zur Reduzierung von medizinisch nicht notwendigen Krankenhauseinweisungen geleistet. „Das Interesse am Verfahren ist groß und erstreckt sich auf Anfragen aus anderen Gebietskörperschaften“, wird Schönemann-Gieck in dem KDA-Beitrag weiter zitiert. Hingewiesen wird allerdings darüber hinaus darauf, dass die Weiterentwicklung der Notfallversorgung in Zukunft weitere Betrachtungen über die Grenzen von Gesundheitswesen und Altenhilfe hinweg bedürfe.

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