Eine von der Investmentgesellschaft Fidelity in Auftrag gegebene Studie der Ruhr-Universität Bochum hat gezeigt, dass sogar ein um drei Jahr verspätetes Renteneintrittsalter von 70 Jahren nicht zwangsläufig für finanzielle Sicherheit im Alter ausreiche. Davon seien alle Einkommensklassen betroffen – und umso mehr man verdiene, desto größer sei später die sogenannte Wohlstandslücke. Der Bericht ist jedoch auch mit großer Vorsicht zu betrachten.
Als ein Alterseinkommen, mit dem der Lebensstandard gesichert werden kann, gelten 85 Prozent des Nettoeinkommens der letzten Erwerbsphase. Die Differenz zwischen diesem Wert und der errechneten Rente wird als Wohlstandslücke bezeichnet – und diese werde, je früher man in die Rente eintrete, größer. Demnach sei, so Holger Zschäpitz (die WELT 2018), selbst das Renteneintrittsalter von 70 Jahren noch nicht hoch genug, um den Lebensabend finanziell sorgenfrei zu sichern. Das offizielle Renteneintrittsalter könne vom Staat sogar noch erhöht werden, mutmaßt Zschäpitz, in Anbetracht der immer älter werdenden Bevölkerung.
Um den entgegenzuwirken, könnte naheliegender Weise eine Erhöhung des gesetzlichen Rentenniveaus empfohlen werden. Dies wäre also ein dringendes Thema der Seniorenpolitik, zu dem Sie auf diesem Portal einige Beiträge finden können. In dem Artikel der WELT wird der Schutz vor Altersarmut scheinbar nicht als Aufgabe des Staates gesehen, sondern vielmehr als Aufgabe der einzelnen Person und als Geschäftsfeld von Versicherungen. So folgen nur Hinweise, wie die Wohlstandslücke durch private Vorsorge aufzufangen sei. Völlig fehlen auch Hinweise für Menschen, die schlicht nicht länger arbeiten können oder aus Armutsgründen kein Vermögen zur privaten Anlage verfügbar haben.
So ist die auftraggebende Investmentgesellschaft Fidelity – vermutlich nicht zufällig – auch zugleich Anbieter für Geldanlagen. Nachrichten zu Altersarmut und Rentenniveau sollten also auch hinsichtlich möglicher Lösungsvorschläge kritisch betrachtet werden.