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24. September 2021

Parteien zur Wahl: Mobilität

Zwei Tage vor der Bundestagswahl veröffentlichen wir einen weiteren Beitrag in der Reihe „Parteien zur Wahl“. Die Positionen der im Bundestag vertretenden Parteien werden hier zum Thema Mobilität zusammengefasst. Dabei interessiert uns weniger der Individualverkehr (z.B. Auto- oder Flugverkehr), als mehr die seniorenpolitisch relevanteren öffentlichen Verkehrsangebote. Was fordern die Parteien also zu Erreichbarkeit mit Bussen und Bahnen, ihren Kosten oder der Barrierefreiheit und Sicherheit?

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Die Parteien werden hier in der Reihenfolge ihrer Wahlergebnisse bei der letzten Bundestagswahl dargestellt. Da wir in den „Parteien zur Wahl“-Beiträgen in der Regel nur einen Auszug der Ideen der Parteien zu einem bestimmten Thema zusammenfassen können, empfehlen wir für eine weitergehende Beschäftigung mit den Forderungen in die Wahlprogramme zu sehen. Dazu finden Sie jeweils einen Link in den Absätzen zu den einzelnen Parteien. Zu einer Wahlentscheidung können auch der „Wahl-O-Mat“ oder der „Sozial-O-Mat“ beitragen, die wir Ihnen vergangene Woche vorgestellt haben.


CDU/CSU

„Unser Ziel ist es, überall ein bedarfsgerechtes Grundangebot im öffentlichen Verkehr sicherzustellen – auch auf dem Land“, heißt es im gemeinsamen Wahlprogramm der Unionsparteien zur Mobilität. Die Parteien sprechen darin von der Schaffung von einem „flächendeckenden Mindeststandard“, um den Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln für alle zu gewährleisten. Der Deutschlandtakt soll realisiert werden.

Außerdem stellen die Christdemokrat*innen fest, dass Angebote der Verkehrsbetriebe dann mehr genutzt werden würden, wenn Menschen besser über sie informiert wären. Daher unterstütze man den Betrieb einer Mobilitätsplattform als „Eingangstür für alle Angebote“. Zur Bezahlbarkeit öffentlicher Verkehrsangebote findet sich im CDU/CSU-Programm keine Angaben.


SPD

Der Nahverkehr soll laut Wahlprogramm der Sozialdemokratie klimaneutral ausgebaut werden. Mobilität soll neu gedacht werden und „nachhaltig, bezahlbar, barrierefrei und verlässlich“ sein. Mit einer Mobilitätsgarantie sollen alle Bürger*innen auch auf dem Land eine wohnortnahe Anbindung haben. Bahnfahren solle künftig günstiger und attraktiver sein als Fliegen. Der Deutschlandtakt soll realisiert, ein Europatakt darüber hinaus aufgebaut werden. Modelle wie ein 365-Euro-Ticket zur Bezahlbarkeit der Angebote unterstütze die SPD, ebenso Modellprojekte für ticketlosen ÖPNV. Der Straßenverkehr soll sicherer gestaltet werden, insbesondere auch für Radfahrer*innen. Auch durch Förderprogramme und Änderungen im Straßenverkehrsrecht sollen Kommunen mehr Flächen für öffentlichen Verkehr, Radfahrende und Fußgänger*innen bereitstellen können.


AfD

Die AfD hat zwar ein eigenständiges Kapitel zu den Themen „Mobilität und Verkehrspolitik“ in ihrem Wahlprogramm, darin geht es allerdings kaum um öffentliche Mobilität. An einer Stelle spricht sich die AfD allerdings für den Ausbau des Schienenverkehrs aus und verweist auf das Modell Schweiz als Positivbeispiel. Zur Bezahlbarkeit öffentlicher Verkehrsangebote findet sich im AfD-Programm keine Angaben.


FDP

Öffentliche Verkehrsangebote werden im Wahlprogramm der Freien Demokrat*innen kaum diskutiert, das Thema Mobilität wird meist mit Begriffen wie „Technologieoffenheit“ und „Innovation“ genannt und zum Beispiel auf die Emissionsfreiheit von Autos bezogen. ÖPNV wird kaum erwähnt, allerdings sprechen sich die Liberalen für mehr Wettbewerb im Bahnverkehr durch Privatisierungen aus – der Bund solle allerdings das Netz im Eigentum halten. „Durch eine organisatorische Trennung kann sich der Bund voll auf die Bereitstellung und Modernisierung der Infrastruktur konzentrieren“, heißt es in der Begründung des Vorschlags zu Privatisierungen. Dadurch würden auch die Nutzer*innen der Angebote durch günstigere Preise profitieren.

Explizit erwähnt die FDP beim Thema Mobilität hingegen die Barrierefreiheit: „Wir Freie Demokraten fordern die vollständige und umfassende Barrierefreiheit im öffentlichen Raum, denn barrierefreie Mobilität ist Bewegungsfreiheit. Von ihr profitieren Menschen mit Behinderungen, Familien mit Kindern, ältere Menschen und letztlich wir alle, denn Einschränkungen der Mobilität erfährt zeitweise jede und jeder Einzelne.“ Bei der Verkehrsplanung spricht sich die Partei außerdem für eine umfassende Berücksichtigung des Radverkehrs aus, auch um Konflikte mit motorisierten Verkehrsteilnehmer*innen zu vermeiden.


Die Linke

Das Thema Mobilität ist im Wahlprogramm der Linken an verschiedenen Stellen zu finden. So heißt es beispielsweise im Kapitel „Soziale Sicherheit für alle“: „Auch in ländlichen Regionen und in Pflegeheimen müssen Menschen Zugang zu öffentlicher Verwaltung, Einzelhandel und Versorgungseinrichtungen haben. Der öffentliche Nahverkehr, Rufbusse und mobile Versorgungsangebote sollen ausgebaut werden.“ Konkretisiert wird die Forderung dann rund 30 Seiten weiter hinten im Programm – dort spricht sich die Partei für eine Mobilitätsgarantie im ländlichen Raum von 6 bis 22 Uhr aus. Eine Grundversorgung soll durch weitere Angebote wie Bürgerbusse oder Flächenrufbussysteme ergänzt werden. Insgesamt soll der ÖPNV in Stadt und Land ausgebaut werden.

Zur Bezahlbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel schlägt Die Linke auf Sozialtickets und kostengünstige „365-Tage-Tickets“ vor. Eine „Sozial-Bahncard“ soll die Ticketpreise halbieren. Die Kosten für die Nutzer*innen sollen insgesamt drastisch gesenkt werden und perspektivisch ganz wegfallen.

Außerdem setze sich die Linkspartei für barrierefreie und nutzerfreundliche Bahnhöfe mit mehr Personal ein. Auf allen Bahnhöfen solle es künftig wieder Personal geben, Kameras und Informationssäulen würden keinen ausreichenden Schutz darstellen.

Um die Verkehrsplanung zu demokratisieren, sollen zudem „Bürgerräte“ auf Bundes-, regionaler und kommunaler Ebene eingerichtet werden und Bürger*innen frühzeitig mit einbezogen werden.


Bündnis 90/ Die Grünen

Auch die Grünen greifen das Thema Mobilität an vielen Stellen in ihrem Wahlprogramm auf. Sie sprechen von einer „Mobilitätswende“ und haben insbesondere die Klimaneutralität vor Augen. Die Partei setze sich, wie die Mehrheit der Parteien, auch für einen flächendeckenden ÖPNV ein. „Zur Selbstbestimmung gehört auch, den eigenen Bedürfnissen entsprechend mobil zu sein, unabhängig vom eigenen Pkw“, schreiben die Grünen in ihrem Programm. „Dafür muss das Nahverkehrsangebot in den Städten und auf dem Land ausgebaut und intelligent vernetzt sowie mit intelligenten On-Demand-Systemen wie beispielsweise Rufbussen ergänzt werden.“ Es brauche flächendeckend barrierefreie Zugänge zum ÖPNV und ausreichend Möglichkeiten zum Ausruhen auf Wegen zu öffentlichen Verkehrsmitteln.

An anderer Stelle im Programm erwähnt die Partei auch Senior*innen und Menschen mit Handicaps, die neben Kindern und Jugendlichen zu den „Verletzlichsten in unserer Gesellschaft“ gehörten. Verkehrspolitisch hieße das für die Grünen, nicht das Verkehrsmittel Auto, sondern den Menschen in den Mittelpunkt stellen zu wollen. Diesen Bevölkerungsgruppen bräuchten auch beim Thema Sicherheit eine besondere Aufmerksamkeit bei der Verkehrsplanung. Um sie zu schützen, setze man beispielsweise auf Tempo 30 als Regel in der Stadt, Tempo 50 solle dann vor Ort ausgewiesen werden.

Ein „Mobilpass“, der Angebote von 120 Verkehrs- und Tarifverbünden in Deutschland vereinfachen soll, soll eingeführt und ein einheitliches Ticketsystem Standard werden. Mehr Investitionen in Fahrzeuge und das ÖPNV-Netz, eine Mobilitätsgarantie mit flächendeckenden Anbindungen oder die Barrierefreiheit der Bahn – das sind weitere Forderungen von Bündnis 90/ Die Grünen. Zusätzlich müsse der ÖPNV für die Nutzer*innen bezahlbar sein. „Mobilität darf nicht vom Geldbeutel abhängen“, daher wolle man Länder, Kommunen und Verbünde bei attraktiven Preisangeboten „bis hin zu ticketlosem ÖPNV“ zu unterstützen.

Auch der Radverkehr soll durch den Ausbau und die Modernisierung von Radwegen attraktiver gestaltet werden.

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