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10. Januar 2022

Studie: Pflegewahrscheinlichkeit hängt vom Einkommen ab

Dass die Lebenserwartung auch mit dem Einkommen zusammenhängt, ist bereits bekannt und für viele Staaten untersucht und festgestellt worden. In einer im November veröffentlichten Studie stellt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) nun zudem fest, dass auch die Pflegewahrscheinlichkeit vom Einkommen abhängt.

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Ärmere Personen hätten ein höheres Risiko als Besserverdienende, pflegebedürftig zu werden. Außerdem seien sie früher auf Pflege angewiesen. Entsprechend stellt der Leiter der Abteilung Staat am DIW Berlin, Peter Haan, fest: „Nicht nur Einkommen und Lebenserwartung sind in Deutschland sozial ungleich verteilt, sondern auch das Pflegerisiko“. Haan habe für die Analyse Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) zusammen mit DIW-Kollegen Johannes Geyer, Hannes Kröger und Maximilian Schaller ausgewertet.

Männer, die unmittelbar vor dem Renteneintritt ein Einkommen von unter 60 Prozent des mittleren Einkommens bezogen hatten, seien laut der Studie sechs Jahre eher auf häusliche Pflege angewiesen als Männer mit einem Einkommen von über 150 Prozent des Mittelwerts. Bei Frauen viele die Differenz mit rund dreieinhalb Jahren etwas geringer aus. Auch die berufliche Stellung ließe Unterschiede sichtbar werden: Arbeiter*innen seien beispielsweise etwa vier Jahre früher auf Pflege angewiesen als Beamt*innen. „Pflegebedürftigkeit hängt also nicht nur vom Alter ab und tritt auch nicht zufällig auf. Im Gegenteil: Die Pflegebedürftigkeit wird durch Gesellschaft, Einkommen und Arbeitswelt beeinflusst“, betont Johannes Geyer vom DIW.

Die Tatsache, dass ärmere Personen nicht nur mit höherer Wahrscheinlichkeit überhaupt, sondern auch früher auf Pflege angewiesen sind, führe zu weiteren sozialen Problemen. So übernehme die gesetzliche Pflegeversicherung nur einen Teil der Pflegekosten. Kann der Eigenanteil nicht mehr aus eigenen Einkünften oder Vermögen beglichen werden, seien Betroffene auf Sozialhilfe angewiesen, was sich wiederum auf die Qualität der Pflegeleistungen auswirke. Nicht zu vernachlässigen seien zudem psychische und physische Belastungen für Angehörige bei häuslicher Pflege.

Die Studienautoren sehen daher politischen Handlungsbedarf: „Um diese Ungleichheit zu bekämpfen, brauchen wir sozialpolitische Maßnahmen, die das ausgleichen“, so Haan. „Wir brauchen dabei sowohl Konzepte, die sofort greifen, als auch solche, die langfristig angelegt sind“. Nachhaltige Politik müsse bereits in der Erwerbsphase ansetzen und beispielsweise die Arbeitsbelastungen in den Blick nehmen.

Hier gelangen Sie zu mehr Informationen zur Studie und zu weiterführenden Links.

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