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Seit dem 1. Mai 2023 können Menschen mit dem Deutschlandticket – auch 49-Euro-Ticket genannt – auch über die Tarifgrenzen hinaus den gesamten Nahverkehr nutzen. In der Praxis zeigt sich: Gerade für Senior*innen ohne Internetzugang ist es vielerorts gar nicht so einfach, an das Ticket überhaupt zu kommen.

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Es soll vieles einfacher machen, das Deutschlandticket. Zu einem monatlichen Preis von 49 Euro kann man seit diesem Monat mit Verkehrsmitteln des Nahverkehrs quer durch die Bundesrepublik reisen. Tarifgebiete Verkehrsverbunde und Bundesländer sollen damit keine Rolle mehr spielen. Doch wie gelangt man nun an das bereits angebotene Ticket?

Der ursprüngliche Plan von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), das 49-Euro-Ticket nur digital anzubieten, ist schon vor dem Start wieder verworfen worden. Zu groß war die Kritik, Menschen ohne Smartphone könnten von dem innovativen Ticket ausgeschlossen werden. Kund*innen sollen also optional eine Chipkarte ausgestellt bekommen. Allerdings zeigt sich derweil in der Praxis: Längst nicht überall ist das so einfach möglich.

Ein Marktcheck der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) zeigt, dass einige Anbieter die Möglichkeit eines analogen Ticketverkaufs an Schaltern oder Kundencenter explizit ausschließen. Bei anderen fehlten eindeutige Informationen dazu. „Das von Anfang an favorisierte Onlineticket droht für viele Verbraucher:innen zum Problem zu werden und der Abozwang zum Bumerang. Niemand darf ausgeschlossen werden“, wird vzbv-Vorständin Ramona Pop dazu in der Pressemitteilung zitiert.

Auch bei Heike Felscher von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) gingen viele Anrufe und Zuschriften zum Start des Deutschlandtickets ein. Die Referentin für Grundsatzfragen bei der BAGSO begrüßt gegenüber 24RHEIN zwar die Einführung einer deutschlandweiten Fahrkarte, kritisiert aber, dass nicht überall eine Chipkarten- oder Papierlösung verfügbar sei: „Wir stoßen seit Tagen immer wieder auf Fälle, wo Menschen uns berichten, dass bestimmte Verkehrsverbünde Chipkarten gar nicht anbieten“. Felscher berichtet dabei auch von einem konkreten Beispiel: „Da erreichte mich ein Anruf von jemandem, der aus Lörrach nach Freiburg fahren musste, um das Deutschlandticket als Chipkarte zu bekommen“ – einer Strecke von knapp 70 Kilometern.

„Von unserer Seite wäre es am einfachsten gewesen, wenn die Deutsche Bahn und die Kundenzentren der Verkehrsverbünde einfach Formulare hätten, die man vor Ort ausfüllen und abgeben kann, und dann bekommt man danach seine Chipkarte zugeschickt. Das wäre die einfachste Möglichkeit für die Menschen gewesen, die kein Smartphone und keinen Computer haben“, betont Felscher. Eine solche Lösung sei bislang nicht in Sicht, man habe aber noch einmal das Verkehrsministerium kontaktiert und hoffe auf Verbesserungen.

Die Bundesregierung sieht in dem digitalen Ticket, zu dem sie neben der App-Variante jedoch auch die Chipkarte zählen, indes eine große Chance. „Gerade in der ÖPNV-Branche besteht hier ein großer Nachholbedarf“, heißt es auf ihrer Internetseite. „Ein digitales Deutschlandticket ist ein wichtiger Schritt für die weitere Digitalisierung des Sektors.“ Dort wird allerdings auch darauf hingewiesen, dass Verkehrsunternehmen bis Ende des Jahres übergangsweise ein Ticket in Papierform (mit QR-Code) ausgeben dürfen.

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Bei der Auseinandersetzung um Armut im Alter, von der insbesondere Frauen bedroht sind, fällt hin und wieder der Begriff „Gender Pension Gap“. Geläufiger ist der sogenannte „Gender Pay Gap“. Doch was meinen die Begriffe eigentlich?

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Kürzlich haben wieder zahlreiche Organisationen den Weltfrauentag am 8. März zum Anlass genommen, über die Ungleichheit der Einkommen zwischen Frauen und Männern aufzuklären. Sie fordern unter anderem die Überwindung des "Gender Pay Gap", also der Lücke zwischen dem Lohn im Vergleich der Geschlechter. Ausgerechnet auf einen Tag zuvor fiel bereits der sogenannte "Equal Pay Day". Bis zu diesem Tag arbeiten Frauen mit Blick auf die Lohnlücke statistisch gesehen umsonst. Knapp 18 Prozent verdienen Frauen weniger als Männer, im Durchschnitt erhalten weibliche Arbeitnehmerinnen 4,31 Euro weniger Stundenlohn (brutto) als ihre männlichen Kollegen.

Nun liegt es nahe, dass Frauen, die im Erwerbsleben deutlich weniger Gehalt beziehen, auch im Alter von niedrigeren Renten betroffen sind. Und da kommt der Begriff des Gender Pension Gap ins Spiel. 2021 erhielten Frauen fast ein Drittel geringere Alterseinkünfte als Männer, wie aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Frauen, die 65 Jahre und älter waren, bezogen in dem Jahr Alterseinkünfte in Höhe von 17 814 Euro brutto im Jahr. Bei Männern dieser Altersgruppe waren es hingegen 25 407 Euro brutto.

Noch drastischer fällt die Rentenlücke aus, wenn Einkünfte aus Hinterbliebenenrenten abgezogen werden. 29 Prozent der Frauen ab 65 Jahren haben im Jahr 2021 Leistungen aus dieser Rentenart erhalten. Dabei handelt es sich allerdings um sogenannte abgeleitete Ansprüche, die Höhe hängt also von den Rentenansprüchen des verstorbenen Partners ab. Wird der Gender Pension Gap um die Ansprüche aus einer Hinterbliebenenrente bereinigt, liegt dieser sogar bei über 42 Prozent.

Die Ursachen dafür sind vielfältig. Neben der ohnehin schlechteren Bezahlung im Erwerbsleben (Gender Pay Gap) sind Frauen zudem häufiger in Teilzeit beschäftigt, nehmen häufiger als Männer Auszeiten für Erziehungs- und Pflegetätigkeiten und sind seltener in gut bezahlten Führungspositionen zu finden. Eine Folge der niedrigen Rentenansprüche ist die höhere Armutsgefährdungsquote von Frauen. Mehr als jede fünfte Frau ab 65 Jahren ist von Armut bedroht. Bei Männern dieser Altersgruppe fällt die Zahl mit 17,5 Prozent erwartungsgemäß niedriger aus.

Mit einem Ende der ungleichen Alterseinkünfte ist alsbald nicht zu rechnen. „Auch bei den aktuell Erwerbstätigen ist für die Zukunft ein geschlechtsspezifisches Gefälle bei den Alterseinkünften zu erwarten“, prognostiziert das Statistische Bundesamt. „Dafür spricht unter anderem die unterschiedliche Teilzeitquote von Männern und Frauen. Hier schlagen sich Geschlechtsunterschiede besonders deutlich nieder“.

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Seit dem 1. Oktober 2022 gilt für Bewohnerinnen und Bewohner die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske in den Gemeinschaftsbereichen der Pflegeheime. Verbände sehen darin einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte und Lebensqualität der Betroffenen und fordern eine Aufhebung.

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„Nach fast drei Jahren Pandemie sollen in den Pflegeheimen wieder Maßnahmen greifen, die die Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohnern massiv beschneiden. Dabei hatte die Politik versprochen, dass eine soziale Isolation in Pflegeeinrichtungen nie wieder vorkommen darf“, lässt sich Dr. Regina Görner, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) in einer Pressemeldung zitieren. Hintergrund der Kritik ist die im Bundestag beschlossene Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes, die unter anderem die Maskenpflicht in Pflegeheimen vorsieht. Zwar kann die Maske im eigenen Zimmer abgenommen werden, in allen öffentlichen und gemeinschaftlichen Bereichen der Einrichtungen, bei Wegen zu gemeinsamen Mahlzeiten oder bei der Teilnahme an Freizeitangeboten muss seit diesem Monat wieder zwangsläufig eine Maske getragen werden.

Die BAGSO sieht darin einen unverhältnismäßigen Grundrechtseingriff. Die Regelungen würden zu einem hohen Isolationsrisiko führen und Bedürfnisse von Bewohner*innen nach sozialen Kontakten und nach Nähe und Berührung verkennen. „Insbesondere Menschen mit Demenz, die mehr als die Hälfte der Heimbewohnerinnen und -bewohner ausmachen, trifft das Tragen einer Maske schwer, da sie auf die Mimik des Gegenübers angewiesen sind, um Kontakt aufzunehmen.“ Solche drastischen Eingriffe seien vor dem Hintergrund einer hohen Impfquote – die Bewohner*innen in Pflegeheimen sind in der Regel vierfach geimpft ­– regelmäßigen Testungen und besseren medizinischen Versorgungsmöglichkeiten nicht nachvollziehbar.

Senior*innen- und Pflegeverbände weisen darauf hin, dass es sich bei Pflegeheimen um das Zuhause der Bewohner*innen handelt. So argumentiert Dr. Manfred Stegger vom BIVA-Pflegeschutzbund: „Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner wohnen dauerhaft in den Einrichtungen. Es ist ihr zuhause. Sie sind anders zu behandeln als Patienten im Krankenhaus, die sich nur für eine begrenzte Zeit dort aufhalten“. Er ergänzt an anderer Stelle in der Pressemitteilung: „Es ist etwas anderes, ob man in geschwächtem Zustand eine begrenzte Zeit im Krankenhaus oder ob man im Pflegeheim sein gesamtes Lebensende verbringt“. Auch die BAGSO-Vorsitzende appelliert an die Politik: „Heben Sie die Maskenpflicht für die Bewohnerinnen und Bewohner auf. Keiner anderen Bevölkerungsgruppe wird zugemutet, trotz vier Impfungen im eigenen Zuhause eine Maske zu tragen.“

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Wie der NDR im Juli berichtete, ist mehr als jede dritte Gemeinde in Schleswig-Holstein ab 20 Uhr abgehängt. Es gebe dort dann keine regelmäßige Bus- oder Bahntaktung mehr. Doch nicht nur abends gibt es Probleme mit dem Angebot des öffentlichen Nahverkehrs, in einem anderen Beitrag schildert der Rundfunksender beispielsweise die Situation im Ort Alveslohe, wo eine „Kümmerin“ den fehlenden ÖPNV für Senior*innen ersetzt.

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Über 400 Gemeinden ohne Abendanbindung

„Nach dem Spätdienst mit Bus oder Bahn nach Hause, abends ins nächste Kino mit dem öffentlichen Nahverkehr: Für die Einwohner von 429 Gemeinden in Schleswig-Holstein ist das nicht spontan möglich“, schreibt der NDR zum Fazit einer eigenen Fahrplan-Analyse. In diesen Gemeinden gebe es nach 20 Uhr keine Haltestelle mehr, die regelmäßig angefahren werden würde. Diese Abend-Taktlücke betreffe über 230.000 Menschen und damit jede*n zwölfte*n Schleswig-Holsteiner*in. Bürgerbusse oder Anruftaxen blieben bei der Analyse unberücksichtigt, entscheidend für das Merkmal „abends abgehängt“ sei nur gewesen, ob es noch mindestens eine fahrplanmäßige Abfahrt gebe oder nicht.

Auf Anfrage habe der Verkehrsverbund Nah.SH das Ergebnis der Recherche bestätigt. „Es ist richtig, dass einige Gemeinden in Schleswig-Holstein gegenwärtig nicht gut an den Nahverkehr angebunden sind, insbesondere auch abends und am Wochenende“, wird Sprecher Dennis Fiedel in dem NDR-Beitrag zitiert. Das Ziel müsse sein, zum Beispiel durch On-Demand-Systeme (Angebote auf Abruf) die Erreichbarkeit in ländlichen Regionen zu verbessern.

Eine bessere Anbindung fordere auch Jörg Bülow vom schleswig-holsteinischen Gemeindetag. „Wenn wirklich das Ziel der Politik ist, den Individualverkehr zu reduzieren, muss auch im ländlichen Raum der ÖPNV ausgebaut werden“, so Bülow in dem Artikel. Gleichzeitig sei es unrealistisch, jede dieser teilweise sehr kleinen Gemeinden mit einer regelmäßigen Abendanbindung auszustatten. Hier brauche es „bedarfsgerechte“ Antworten.

Die „Kümmerin“ von Alveslohe

Im Kreis Segeberg, zwischen Kaltenkirchen, Henstedt-Ulzburg und Ellerau, liegt der kleine Ort Alveslohe. Weniger als 3.000 Menschen leben hier. Doch auch diese Menschen wollen mobil sein, was ohne Auto nicht einfach ist: „Wir haben hier so gut wie gar kein Angebot. Bus fährt hier eigentlich niemand“, wird der parteilose Bürgermeister des Ortes Peter Kroll in einem weiteren NDR-Beitrag zitiert. Neben dem Schulbus gebe es nur noch die Buslinie 6541 – einmal am Tag (morgens um 5:13) wird der Ort durch diese angefahren.

Insbesondere für Senior*innen ist eine fehlende Anbindung ein großes Problem, denn neben denen, die gar kein Auto haben, gibt es auch noch einige, die nicht mehr Auto fahren können. Trotzdem müssen diese Menschen genauso zum Arzt, zur Bank, zur Post, zu Freundinnen und Freunden oder zu Senior*innentreffs. In Alveslohe hat man eine Lösung gefunden, den fehlenden ÖPNV teilweise zu ersetzen: Den Fahrdienst leistet nun Marita Beine, die seit 2019 auf 450-Euro-Basis angestellte „Kümmerin“ im Ort. „Es gibt viele Angebote hier im Dorf, also Seniorenclub, Hausfrauenbund, einen Spielenachmittag von der Kirche. Aber Viele können halt nicht mehr hin. Die müssen gefahren werden“, beschreibt die 67-jährige die Situation gegenüber dem NDR. „Es war ursprünglich so gedacht, dass ich ältere Menschen besuche, um die Vereinsamung ein bisschen abzumildern“, erzählt Beine, doch de facto ersetze sie auch den Personennahverkehr.

„Wir sind froh, dass wir die haben“, so Peter Kroll. „Sonst wären wir komplett abgehängt.“ Eine bessere ÖPNV-Anbindung hätte der Bürgermeister des Orts allerdings trotzdem gerne.

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Am 8. Mai wählt Schleswig-Holstein einen neuen Landtag. Welches Bild haben die Parteien vom Älterwerden? Wie wollen sie die Lebensqualität im Alter verbessern? Wir haben uns für Sie die Wahlprogramme der derzeit im Landtag vertretenen Fraktionen mit dem Fokus auf senior*innenbezogene Aspekte angesehen.

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Senior*innenpolitik ist ein Querschnittsthema. So betrifft ein großer Teil politischer Themenbereiche auch das Leben im Alter unmittelbar: Die Daseinsvorsorge, (bezahlbarer) Wohnraum, Stadtplanung, Verkehrssicherheit und Mobilität, Umweltschutz und vieles mehr. Wir haben uns in diesem Rahmen auf die Forderungen konzentriert, die die Parteien ausdrücklich (auch) auf Senior*innen beziehen. Es handelt sich um eine Übersicht, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit hat. Die jeweiligen Programme sind daher auch zum eigenständigen Weiterlesen verlinkt.

CDU

Die CDU ist die größte Fraktion im Landtag und stellt derzeit mit Daniel Günther den Ministerpräsidenten. In ihrem Wahlprogramm haben sie senior*innenpolitischen Aspekten ein eigenes Unterkapitel mit dem Titel „Aktive Seniorinnen und Senioren – erfülltes und zufriedenes Leben im Alter“ gewidmet. „Wir setzen uns dafür ein, dass Seniorinnen und Senioren im Alter auskömmlich leben können“, heißt es darin. „Doch ist es auch Teil des Alterns, dass die Eigenständigkeit Einschränkungen erfahren kann, bei denen Seniorinnen und Senioren auf Familie, Fürsorge, Pflege und Unterstützung angewiesen sind.“ Deshalb wolle man beste Rahmenbedingungen für Lebensqualität im Alter schaffen.

Dazu zähle das Älterwerden in gewohnter Umgebung. Dafür kündigt die CDU an, Handlungsempfehlungen für das „Wohnen im Alter“ zu erarbeiten. Altersgerechte Wohnformen sollen finanziell und ideell gefördert werden.

Bedürfnisse von Senior*innen in Bezug auf bedarfsgerechte Infrastruktur und Verkehr sollen besser berücksichtigt werden. Dafür wolle die Partei die Senior*innenverbände bei der Verkehrsraumplanung mit einbeziehen und durch eine landesweite Kampagne über die altersspezifischen Bedürfnisse aufklären. Zur Stärkung der Mobilität im ländlichen Raum seien zudem Bürger*innenbusse oder Anruf-Linien-Fahrten (ALFA) wichtig. Die Angebote wollen die Christdemokrat*innen zu einem kreisübergreifenden System ausbauen.

Ehrenamtstätigkeit sollen gefördert werden, die Höchstaltersbegrenzungen für bürgerschaftliches Engagement wolle man „auf den Prüfstand stellen“.

Ein weiteres Thema, dass nicht nur, aber im Besonderen auch ältere Menschen betrifft, ist zunehmende Einsamkeit. „Ungewollte Einsamkeit macht krank und ein Leben in Würde wird immer schwieriger“, heißt es im Wahlprogramm. Daher wolle die CDU ein Konzept gegen Einsamkeit auf den Weg bringen und das Hilfesystem unterstützen.

Außerdem sollen Bildungs- und Beratungsangebote unterstützt werden, die „die digitale Kompetenz und digitale Fitness der älteren Menschen fördern.“

SPD

Auch die Sozialdemokrat*innen haben ihre senior*innenpolitischen Ideen unter dem Titel „In Schleswig-Holstein kann man gut alt werden“ in einem eigenständigen Unterkapitel gebündelt. In dem SPD-Programm wird begrüßt, dass viele Senior*innen heutzutage gesellschaftlich engagiert sind: „Wir freuen uns über eine Generation, die sich stark ehrenamtlich engagiert und die kulturelle und touristische Vielfalt in Schleswig-Holstein schätzt.“ Dieses Engagement sei der „Kitt“, der die Gesellschaft heute zusammenhalte. Ziele einer modernen Politik für Senior*innen sei daher die Schaffung guter Rahmenbedingungen für nachberufliche Bildung, Kreativität und ehrenamtliches Engagement. Für ehrenamtliche Arbeit wolle man entsprechende Räumlichkeiten und Equipment bereitstellen.

Doch viele ältere Menschen bräuchten auch gute Pflege. „Wir werden die Pflegeversorgung vor Ort umgestalten, verbessern und dabei den bewährten Grundsatz ambulant vor stationär in den Vordergrund stellen“, versprechen die Sozialdemokrat*innen in ihrem Programm. Zudem wolle man einen „präventiven Hausbesuch“ ab 75 Jahren einführen, welcher eine vorsorgende Beratung mit Blick auf eine altersgerechte Ausstattung der Wohnung beinhalten soll.

Dieses Angebot soll auch Teil einer „Vor-Ort-für-Dich-Kraft“ sein, die die SPD in einem eigenständigen Kapitel ihres Wahlprogramms vorschlägt. Sie soll Angebotslücken vor Ort schließen. „Die Vor-Ort-für-Dich-Kraft ist immer vor Ort und im Dorf oder Quartier mit den Menschen bekannt. Sie ist in Kontakt und sucht die Menschen auf.“

Zur Verbesserung der Pflege- und Gesundheitsversorgung wolle man zudem Landesgesundheits- und Pflegekonferenz unter Einbeziehung der Bevölkerung und Akteur*innen im Gesundheitsbereich ausrichten. Auch vor dem Hintergrund einer Entlastung pflegender Angehöriger sollen Angebote der Kurzzeitpflege ausgebaut werden. Auch das Angebot des Pflegenottelefons wolle die SPD erweitern, um ungeklärte Pflegesituationen zu reduzieren. Der Demenzplan soll „wieder in den Fokus“ gerückt und weiterentwickelt werden.

Bündnis 90/Die Grünen

Im Wahlprogramm der Bündnisgrünen findet sich kein eigenes Kapitel zur Gruppe der Senior*innen. Trotzdem wird auch auf diese Altersgruppe stellenweise konkret Bezug genommen.

Im Bereich „Lebenslanges Lernen und Medienkompetenz stärken“ – wie eines der Abschnitte des Programms betitelt ist – wird beispielsweise angekündigt, dass man sich für ein landesweites Netzwerk ehrenamtlicher Senior*innen-Medienlots*innen einsetzen wolle. Auch Senior*innentreffs und andere öffentliche Orte wie Büchereien oder Gemeindezentren wolle man zu „Erlebnisräumen für digitales Kennenlernen“ machen. Die digitale Teilhabe der älteren Generation solle so gestärkt werden. Zur Verbesserung der Erwachsenenbildung sollen außerdem die Volkshochschulen bei einem Ausbau ihrer Angebote unterstützt werden.

Um speziellem Bedarf an Wohnräumen gerecht zu werden – dazu zählen die Grünen auch Senior*innen-WGs – soll zusammen mit Wohnungsbaugenossenschaften und sozialen Trägern ein Förderprogramm entwickelt werden, mit dem leichter Wohnungen getauscht und/oder umgebaut werden können, wenn sich die Bedarfslage ändert (z.B. ein hohes Stockwerk im Alter nicht mehr erreicht werden kann). Älteren Menschen wolle man zudem ermöglichen, geeigneten Wohnraum zu finden. Vielen sei es wichtig, im Alter im Quartier zu bleiben. Explizit an ältere Menschen gerichtete Mehrgenerationenhäuser unterstütze man, ebenso den Ausbau gemeinschaftlicher Wohnformen. Für barrierefreien Wohnraum sollen weitere Förderprogramme geschaffen werden.

Beim Ausrichten der Infrastruktur an die Bewohner*innen sollen verschiedene Perspektiven wie die von Senior*innen mitgedacht werden. Alle wichtigen Ziele in einer Stadt sollen künftig innerhalb von 15 Minuten erreichbar sein.  Mittels einer „familien- und generationsgerechten Stadtplanung“ sollen mehr Sitzmöglichkeiten oder öffentliche Toiletten geschaffen werden. Die Wege sollen zugleich sicherer und barrierearm werden, denn häufig seien Gehwege zu schmal oder Kantsteine zu hoch.

Im Bereich der Pflege wolle man ambulante Pflegeformen ausbauen, die in ein Umfeld eingebettet sind, „das ältere Menschen dabei unterstützt, aktiv am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können.“ Außerdem soll Kommunen künftig verbindliche Pflegebedarfsplanungen vornehmen dürfen; unterstützt durch Mittel eines zu schaffenden Bundesprogramms für eine Anschubfinanzierung.

FDP

„Was das Land jetzt braucht“ ist der Titel des Wahlprogramms der Freien Demokrat*innen. „Unsere Senioren: Ein Leben lang selbstbestimmt“ heißt der Abschnitt, in dem es um die älteren Menschen in Schleswig-Holstein geht. Gemeinsam „mit Jung und Alt“ sollen Konzepte zur Zukunftsgestaltung entwickelt werden. „Erst wenn die Vorurteile gegenüber dem Alter fallen, ist eine verantwortungsvolle und nachhaltige Politik für alle Generationen möglich“, heißt es zudem einleitend im senior*innenpolitischen Kapitel.

Ein wichtiger Aspekt scheint der FDP das Thema Alterseinsamkeit zu sein, mit dem die Freien Demokrat*innen beginnen. Als Gegenstrategie wolle man den „intragenerationalen Austausch“ stärken und in dem Zusammenhang beispielsweise generationenübergreifende Wohnprojekte fördern. Auch ehrenamtliches Engagement älterer Menschen soll gefördert werden. „Wir halten nichts davon, Menschen aufgrund ihres Alters in unterschiedliche Gruppen zu trennen. Gemeinsam können wir mehr erreichen und uns gegenseitig unterstützen.“ Es gebe bereits viele innovative, an Senior*innen gerichtete Angebote in Schleswig-Holstein, diese müsse man jedoch auch finden. Die schleswig-holsteinische FDP schlägt dafür eine digitale Plattform vor, die die Projekte gebündelt darstellen soll.

Der ÖPNV und die Barrierefreiheit müsse dringend weiter ausgebaut werden. Mobilität sei ein Beitrag zur gesellschaftlichen Teilhabe. Gleichzeitig kündigt die FDP an, die Mobilität im Alter auch präventiv zu verbessern, z.B. durch den Ausbau von Gesundheitsberatungen oder Sportangeboten.

Gezielt fördern wolle die FDP auch Bildungs- und Lernangebote, die sich an die älteren Generationen richtet. Dabei setze man auch auf Digitales. „Durch die Verlagerung vieler Lebensbereiche ins Netz verändert sich die gesellschaftliche Teilhabe.“ Auch digitale Lernangebote sollen entsprechend gefördert werden.

Das Renteneintrittsalter wolle man flexibler gestalten, so das ältere Menschen selbst entscheiden können, wann sie in Rente gehen. Arbeit im Ruhestand solle attraktiver gestaltet werden. Auf Bundesebene wolle man durch Einführung einer „Basis-Rente“ Altersarmut entgegenwirken.

SSW

Das Wahlprogramm des Südschleswigschen Wählerverbands (SSW) sieht kein explizit an die Bedarfe älterer Menschen gerichtetes Kapitel vor. Im Unterschied zum Grünen-Wahlprogramm, das ebenfalls kein eigenständigen Abschnitt zu Senior*innen beinhaltet, finden sich im SSW-Programm jedoch auch sonst wenig Ausführungen, die die Zielgruppe der Älteren in den Blick nimmt. Stellenweise werden einige Forderungen aber mit Zusätzen wie „für alle Altersgruppen“ oder „alle Lebensalter“ versehen. So beispielsweise bei der Forderung nach kostenfreien Bildungsangeboten und der Gewährleistung kultureller Bildung.

Konkret benannt wird das Thema Altersarmut. Um dem entgegenzuwirken, müsse die gesetzliche Altersvorsorge sozial gerecht ausgestaltet werden. Die Einführung der Grundrente sei dabei ein erster Schritt in die Richtung, langfristiges Ziel sei jedoch ein „solidarisches, umlagefinanziertes Versicherungssystem in Form einer Erwerbstätigenversicherung, welche alle Erwerbstätigen und Einkommensarten mit einbezieht und geschlechtergerecht ausgestaltet ist.“

Zahlreiche Vorschläge macht der SSW im Bereich der Pflege- und Gesundheitsversorgung. Dazu zählt die Behebung des Pflegenotstandes unter anderem durch Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und Einführung eines allgemeinverbindlichen Branchentarifvertrags in der Altenpflege. Versorgungsstrukturen im ländlichen Raum sollen verbessert werden, das Land solle auch die Sanierung sowie Neubauten von Kliniken „weiterhin tatkräftig“ unterstützen. Grundsätzlich strebe man einen Systemwechsel der Pflegeversicherung hin zu einer Vollversicherung (ohne Zuzahlungen) an.

Auch zum Bereich Mobilität stellt der SSW eine Reihe von Forderungen auf, die allerdings nicht explizit auf die besondere Lebenslage älterer Generationen abzielen. Der SSW steht dem „motorisierten Individualverkehr“ eher kritisch gegenüber, in den Städten werde er zur „Belastung“. Deshalb müsse der ÖPNV weiter ausgebaut und fahrgastfreundlicher und kosteneffizienter werden.

Bei den Themen Einsamkeit und Isolation will man ein kontinuierliches Monitoring, auf dessen Grundlage Projekte entwickelt werden könnten, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkten.

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Mit dem Projekt „Digital souverän mit Künstlicher Intelligenz“ will die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) an 32 Standorten Künstliche Intelligenz für Senior*innen erfahrbar machen. Dabei sollen sowohl über Chancen als auch Risiken erkundet werden können.

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2020 ist das Projekt mit 16 Standorten gestartet, weitere 16 folgen nun. Mit „Standorten“ sind Mehrgenerationenhäuser, Seniorenbüros sowie Einrichtungen oder Freiwilligeninitiativen gemeint, die als Projektpartner*innen Einblicke in Künstliche Intelligenz für den Alltag älterer Menschen geben. Bis Ende 2022 sollen Multiplikator*innen geschult werden, die Senior*innen regelmäßig in die digitale Welt begleiten. Ziel des Projekts ist es, dass ältere Menschen Vor- und Nachteile kennenlernen und so besser entscheiden können, ob oder wie diese technischen Hilfsmittel eingesetzt werden sollen.

„Viele Menschen, auch Ältere, denken bei Künstlicher Intelligenz zunächst an Science-Fiction-Filme oder an Pflegeroboter“, so BAGSO-Vorsitzende Regina Görner zu dem Projekt. „Dabei können KI-Anwendungen einen Beitrag zur Lebensqualität im Alter leisten. Smarte Haushaltsgeräte erleichtern körperlich anstrengende Arbeiten, Sprachassistenten vereinfachen den Alltag, Apps helfen zum Beispiel bei Sehbeeinträchtigungen“. Doch auch die Risiken sollen nicht vernachlässigt werden. Denn „zu Recht möchten die Menschen wissen, wie zum Beispiel ihre Daten verwendet werden“, ergänzt Görner. „Lern- und Informationsangebote speziell für ältere Menschen sind deshalb wichtig.“

Unter anderem mit Kiel, Hamburg, Schwerin oder Bremerhaven sind auch eine Reihe Orte in Norddeutschland als Projektstandorte vertreten. Eine Liste der Standorte finden Sie hier. Gefördert wird das bei der BAGSO-Servicestelle „Digitalisierung und Bildung für ältere Menschen“ angesiedelte Projekt durch Mittel des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).

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Im Rahmen der Studie „Hohes Alter in Deutschland“ (D80+) wurden über 10.000 Personen über 80 Jahren schriftlich zu ihrer Situation und Lebenslage befragt. Die Ergebnisse werden nach und nach in thematischen Kurzberichten aufbereitet veröffentlicht, im nun erschienen dritten Bericht geht es um die Gesundheit im hohen Alter.

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„Erkrankungen, Pflegebedürftigkeit und subjektive Gesundheit im hohen Alter“ heißt der etwa 20-seitige Kurzbericht, der im Januar veröffentlicht wurde. Er ist der dritte dieser Art. Der erste Bericht ist im November 2021 erschienen. Er hatte die wahrgenommenen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Wohlbefinden im hohen Alter zum Thema. Der ebenfalls noch Ende letzten Jahres veröffentlichte zweite Kurzbericht hat sich mit dem Einkommen im Alter auseinandergesetzt.

Laut der Studie hätten die meisten Menschen in der Altersgruppe mindestens eine Erkrankung – im Durchschnitt hätten die repräsentativ befragten 80-Jährigen und Älteren angegeben, 4,7 Erkrankungen zu haben. Erwartungsgemäß steige die Anzahl der Erkrankungen mit dem fortschreitenden Alter. So berichte die Altersgruppe der 80- bis 84-Jährigen weniger häufig von Krankheiten als die Älteren. Ähnlich verhalte es sich mit dem Pflegebedarf. Fast zwei Drittel der Befragten hätten keinen Pflegebedarf, erst in der ältesten Population von 90 Jahren und älter überwiege die Pflegebedürftigkeit.

Frauen berichteten mehr von Erkrankungen als Männer ihrer Altersgruppe. Interessant ist darüber hinaus auch der Zusammenhang zum Bildungsstand. Hochaltrige mit höheren Bildungsabschlüssen hätten weniger Erkrankungen als jene mit niedrigerer Bildung.

Allerdings: Trotz durchschnittlich mehrfacher Erkrankungen bewerte die Mehrheit der Hochaltrigen ihre Gesundheit als „eher gut“ oder sogar „sehr gut“. Darüber hinaus sei ebenfalls die Mehrheit der befragten Altersgruppe trotz gesundheitlicher Probleme mit ihrem Leben zufrieden und geben laut Studie an, nach ihren eigenen Vorstellungen zu leben. Auffällig ist hierbei allerdings, dass hochaltrige Heimbewohner*innen deutlich häufiger eine niedrigerer Lebensqualität angeben würden als Gleichaltrige in Privathaushalten.

Die Hochaltrigkeitsstudie D80+ wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) über einen dreijährigen Zeitraum gefördert und vom Deutschen Zentrum für Altersfragen (DZA) und dem Cologne Center for Ethics, Rights, Economics, and Social Sciences of Health (ceres) durchgeführt. Ausgangspunkt der Studie ist unter anderem die Feststellung, dass es bislang kaum Erkenntnisse über das hohe Alter in Deutschland gegeben habe – und das vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Gesellschaft. „Eine gute Datenlage ist jedoch notwendig“, heißt es auf der Internetseite von ceres. „Zum einen, um den besonderen Unterstützungsbedarfen im hohen Alter zukünftig besser gerecht werden zu können. Zum anderen, um Lösungsansätze für sozialpolitische Herausforderungen wie der sozialen Sicherung im Alter sowie im Hinblick auf eine Generationengerechtigkeit entwickeln zu können.“

Die Berichte können Sie hier herunterladen. Dort finden Sie auch weitere Informationen zum Hintergrund der Studie D80+.

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In der Diskussion um Verkehrssicherheit und Mobilität von Senior*innen wird häufig betont, dass ältere Menschen beispielsweise aufgrund eingeschränkter Reaktionszeiten das Auto besser stehen lassen sollten. Gleichzeitig ist der Erhalt von Mobilität im Alter Teil von Autonomie und Teilhabe. Immer mehr Kommunen zeigen in Modellprojekten, wie es gehen könnte: Kostenfreie ÖPNV-Jahreskarten gegen die Abgabe des Führerscheins.

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Mit zunehmendem Alter wird oft auch Seh- und Reaktionsvermögen schlechter. Das wird insbesondere im Hinblick auf den Straßenverkehr oft kritisch diskutiert, schließlich entstehe daher auch ein Fremdgefährden anderer Verkehrsteilnehmer*innen. Sollte es regelmäßige verpflichtende Tests zur Überprüfung des Fahrvermögens geben? Sollte man ab einem bestimmten Alter nicht mehr Autofahren dürfen? Solche und ähnliche Fragen finden sich in der Debatte wieder.

Bei der Frage, welche Altersgruppe statistisch die meisten Unfälle baut, liegen ältere Menschen allerdings nicht vorne: „Das höchste auf die Fahrleistung bezogene Risiko, als Pkw-Fahrer an einem Unfall mit Getöteten als Hauptverursacher beteiligt zu sein, liegt wiederum bei den 18- bis 20-Jährigen“, heißt es in der Studie „Seniorinnen und Senioren im Straßenverkehr“, die die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) 2018 publiziert hat. Die Studie ist zudem Grundlage für die SENIORWALK-Studie zur Sicherheit älterer Fußgänger*innen, über die wir im Dezember berichtet hatten.

Richtig ist aber auch, dass das Unfallrisiko mit zunehmendem Alter wieder steigt. Der Risikowert von Senior*innen liege etwas höher als der von 21- bis 24-Jährigen. „Sie sollten die eigenen Fahrfähigkeiten regelmäßig, vor allem aber selbstkritisch hinterfragen“, empfiehlt daher ADAC-Verkehrspsychologe Ulrich Chiellino. Der ADAC bietet zwar freiwillige Tests zur Überprüfung der Fahrtauglichkeit an, spricht sich selbst jedoch gegen regelmäßige verpflichtende Tests von Menschen über 65 Jahren aus. Die älteren Fahrer*innen würden riskante Manöver meiden und größere Abstände einhalten. „Mit einem derart besonnenen und selbstkritischen Fahrverhalten können altersbedingte Leistungseinbußen häufig ausreichend kompensiert werden“, heißt es weiter auf der Internetseite des Automobilclubs.

Autofahren ist Teil von Mobilität und damit auch eine Frage von Teilhabechancen und Unabhängigkeit im Alter. Zumal es – gerade in ländlichen Regionen – vielerorts an Alternativen fehlt. Mit Hilfe von Modellprojekten versuchen aber immer mehr Kommunen, für ältere Menschen Anreize zu schaffen, den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) dem Auto vorzuziehen. Wie der BR in einem Fernsehbeitrag Anfang 2020 berichtet, haben Seniorinnen und Senioren beispielsweise in Bamberg die Möglichkeit, ihren Führerschein für immer abzugeben – und im Gegenzug eine kostenfreie Jahreskarte für den ÖPNV zu erhalten. Allerdings wird diese nur für ein Jahr von der Stadt übernommen, danach müssen die Nutzer*innen selbst für das entsprechende Ticket aufkommen. Ähnliche Projekte gibt es auch in anderen Städten wie im nordrhein-westfälischen Recklinghausen.

Auch die schleswig-holsteinische Stadt Lübeck hat im August 2021 ein in diesem Jahr beginnendes Modellprojekt beschlossen, das mehr Menschen zu einem Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel bewegen soll. Auch hier bekommen Personen eine kostenfreie Jahreskarte für den ÖPNV, wenn sie im Gegenzug ihren Führerschein abgeben. Hierbei geht es allerdings nicht explizit nur um Senior*innen, auch, wenn das Projekt für diese vermutlich am interessantesten sein dürfte. „Ziel des Modellversuchs ist es, in Lübeck die Verkehrssicherheit zu erhöhen, den Kfz-Verkehr einschließlich des ruhenden Verkehrs zu reduzieren, Menschen für den ÖPNV zu begeistern und so einen nachhaltigen Beitrag zur Verkehrswende zu leisten“, heißt es in der Begründung des in der Lübecker Bürgerschaft angenommenen Antrags. Die Kosten für die Stadt würden sich am Ende einer dreijährigen Laufzeit auf rund 315.000 Euro belaufen.

Bereits 2019 gab es in Lübeck einen entsprechenden interfraktionellen Antrag von SPD und CDU. Im damaligen Beschlussvorschlag heißt es, der Lübecker Senior*innenbeirat stimme dem Vorschlag ausdrücklich zu. Fraglich ist allerdings, ob die Abgabe des Führerscheins für immer im Gegenzug zu lediglich einem Jahr kostenfreier ÖPNV-Nutzung ein guter Tausch ist. So bleibt abzuwarten, wie nachgefragt das Angebot der Stadt wirklich sein wird.

Auch in Fragen der Verkehrssicherheit wäre ein zumindest für Senior*innen grundsätzlich kostenfreier ÖPNV sicherlich die attraktivere Alternative. Auch das im September 2021 zusammengekommene Altenparlament in Schleswig-Holstein hat sich zum wiederholten Male dafür eingesetzt. Im entsprechenden Beschluss heißt es: „Die Landesregierung Schleswig-Holstein möge sich dafür einsetzen, dass alle Bürger*innen ab Eintritt in den Ruhestand, alle Bürger*innen mit Grundsicherung und alle Bürger*innen mit einem Grad der Behinderung ab 50% den ÖPNV in Schleswig-Holstein kostenfrei nutzen können.“

Weiterführende Links zum Thema:

NDR: Modellversuch in Lübeck: Bus-Jahreskarte gegen Führerschein

NDR: Autofahren im Alter – Mehr Sicherheit durch freiwilliges Training

Bundesministerium für Digitales und Verkehr: Verkehrssicherheit für Seniorinnen und Senioren

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Vergangene Woche fand der 13. Deutsche Seniorentag statt, wie wir bereits berichteten. Wir haben für Sie an der Veranstaltung „Ältere digital verbinden – Lehren aus dem Lockdown“ teilgenommen, die wir hier zusammenfassen.

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Das Thema Digitalisierung ist beim Deutschen Seniorentag nicht nur aufgrund der kurzfristigen Umstellung auf eine Online- statt Präsenzveranstaltung von Bedeutung gewesen. Auch in zahlreichen Einzelveranstaltung stand das Thema im Mittelpunkt, schließlich sorgt seit knapp zwei Jahren eine Pandemie dafür, dass digitale Angebote zwangsläufig an Bedeutung gewonnen haben und auch den Alltag der Senior*innenpolitik bestimmen. Deshalb haben   wir uns dazu entschieden, die Veranstaltung „Ältere digital verbinden – Lehren aus dem Lockdown“ vom 26.11.2021 für Sie zu verfolgen und einige der zentralen Erkenntnisse zusammenzufassen. Bei der Veranstaltung ging es insbesondere um die Unterstützung der Senior*innen im Rahmen des Projekts Digital-Kompass.

Die rund 1,5-stündige Veranstaltung bestand aus zwei Teilen, einiger inhaltlichen Aufschläge und im Anschluss eine Podiumsdiskussion, in denen mehrere Digital-Kompass-Standorte vorgestellt und Einblicke in die Arbeit vor Ort gegeben wurden. Im ersten Teil haben der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) Franz Müntefering, Joachim Schulte von Deutschland sicher im Netz (DsiN) als Projektpartner des Digital-Kompass und Pof. Dr. Christian Kastrop, Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), welches den Digital-Kompass unterstützt, gesprochen.

Franz Müntefering nennt einleitend einige Aspekte, die bei der Digitalisierung im Alter wichtig seien. Dazu zählt er die emotionale Vorbereitung des Themas. „Mein Eindruck ist in den ganzen Diskussionen, dass manche von der Dynamik der Digitalisierung so überrollt sind, dass sie das Gefühl haben, das ist ein völlig anderes Leben, um das es da geht“, erklärt der BAGSO-Vorsitzende in der Veranstaltung. Es müsse daher darum gehen, den Älteren die Angst zu nehmen und zu erklären, dass von ihnen nicht der Beginn eines völlig neuen Lebens erwartet werde. So gebe es weiterhin Bücher, Fernseher, Telefone, Radios und so weiter, es gehe nur um ein wenig Fortschritt, insbesondere bei den Bildungsmöglichkeiten. „Man muss appellieren auch an das Recht der Älteren, informiert zu sein“.

Ängste abzubauen ist auch für Staatsekretär Prof. Dr. Christian Kastrop ein wichtiger Punkt. Er weist in seinem einführenden Beitrag aber auch auf die Folgen der Pandemie hin, die „uns von heute auf morgen in eine andere Dimension katapultiert“ hat. Das habe „gerade die älteren Menschen vor ganz besondere Herausforderungen gestellt“. Gleiches habe auch für die Internetlots*innen des Digital-Kompass-Projektes gegolten, die plötzlich „ohne den persönlichen Kontakt vor Ort arbeiten mussten“.

Das Projekt ist in der Überleitung zum zweiten Teil der Veranstaltung dann nochmal kurz von Eva Nehse von Deutschland sicher im Netz (DsiN) vorgestellt worden, die im Anschluss auch durch die Berichte aus den einzelnen Standorten führte. Der Digital-Kompass stellt Seniorinnen und Senioren durch bundesweit 100 Standorte mit ehrenamtlichen Internetlots*innen kostenlose Angebote rund um die Nutzung digitaler Angebote bereit. Die Standorte sind dabei auch Treffpunkte, zum Beispiel für persönlichen Austausch oder Schulungen.

„Uns kam natürlich sehr zugute, dass wir schon vorher Erfahrungen mit Zoom hatten“, berichtet beispielsweise Herbert Schmidt, engagiert im Standort Würzburg, von der Arbeit zu Beginn der Pandemie und dem Vorteil, dass es den Standort als einer der ältesten Digital-Kompass-Standorte schon Jahre vor der Pandemie gegeben hat. „Für uns war Zoom nicht neu und wir haben dann sofort starten können.“ Die Digital-Kompetenz stellt er eindrücklich anhand eines Einspielers mit einem sprechenden Roboter unter Beweis, der die kurze Vorstellung des Standortes für Herbert Schmidt übernommen hat.

Von Digital-Tandems zwischen Studierenden und Senior*innen, die vor einigen Jahren gestartet sind, berichtet Julian Hülsemann für den Standort Vechta in der Veranstaltung. „Da konnte man sich immer noch analog treffen“, erzählt Hülsemann von der Phase vor COVID-19 und den Kontaktbeschränkungen. Dieser soziale Kontakt zwischen den Generationen habe auch dazu beigetragen, dass nach Abschluss der jeweils neunwöchigen Tandem-Unterstützungen 70 Prozent der Tandems noch in Kontakt geblieben sind. „Das war total schön zu sehen und da haben wir auch gesehen wie wichtig diese Interaktion zwischen den Generationen ist. Und dann kam auf einmal Corona und wir waren total aufgeschmissen“, so Hülsemann weiter. Eine Weiterentwicklung der Digital-Tandems war nun die Zusammenstellung von „Digital-Tüten“, für die in Zusammenarbeit mit der Universität Vechta Materialien des Digital-Kompass ausgewählt und älteren dann zugestellt wurden. Die Studierenden hatten die entsprechenden Materialien in der Regel in digitaler Form vorliegen und haben sich dann telefonisch bei ihren Tandems gemeldet, um über die Materialien ins Gespräch zu kommen. Ziel war, im Laufe des Prozesses dann über Videokonferenzen teilnehmen zu können. Ab diesem Punkt war es dann leichter, berichtet Julian Hülsemann. Allerdings: „Diese Onboarding-Phase ist das eigentlich schwerste daran.“

Teil der Podiumsdiskussion war auch Susanne Hartzsch-Trauer vom Mehrgenerationenhaus Zwickau, die vor Ort digitale Wanderungen organisiert hat. Vielen ehrenamtlichen am Mehrgenerationenhaus ging es zu Beginn des Lockdowns schlecht, man sei viel zu Hause gewesen. „Das ging mit ganz einfachen Sachen los, dass wir gesagt haben, wir müssen spazieren gehen“, berichtet Hartzsch-Trauer. Per Telefon wurden dann Spaziergänge zu zweit vermittelt, die den Charakter eines „niedrigschwelligen Beratungsangebotes“ hatten. Unter Unterstützung einer Medienpädagogin wurden daraus dann die Wanderungen.

Susanne Hartzsch-Trauer thematisiert in einem Redebeitrag auch die soziale Frage der Digitalisierung: „Ich wünschte mir, dass wir an die Menschen auch denken, die bisher von der Digitalisierung nicht dadurch ausgeschlossen sind, dass sie sich dafür nicht interessieren, sondern weil sie es sich schlichtweg nicht leisten können.“ Es brauche daher zum Beispiel Leih-Geräte für Senior*innen an offenen Standorten wie Stadtteilzentren, Volkshochschulen oder Bibliotheken.

Neben einigen anderen Veranstaltungen wurde auch diese aufgenommen und ist auf YouTube abrufbar.

Zum YouTube-Kanal des 13. Deutschen Seniorentages und damit zu einer Übersicht der Mitschnitte gelangen Sie über diesen Link.

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Derzeit verhandeln SPD, Grüne und FDP noch über Inhalte einer möglichen gemeinsamen Koalition. Klar scheint schon: Bei der Rente wird es mit einer Ampelkoalition auf eine Form der Aktienrente hinauslaufen. Was damit gemeint ist, klären wir in diesem Beitrag.

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In ihrem im Oktober veröffentlichten Sondierungspapier haben die drei Parteien zugesichert, die Rente nicht zu kürzen und das Renteneintrittsalter nicht weiter zu erhöhen. Ergänzend dazu heißt es dann: „Um diese Zusage generationengerecht abzusichern, werden wir zur langfristigen Stabilisierung von Rentenniveau und Rentenbeitragssatz in eine teilweise Kapitaldeckung der Gesetzlichen Rentenversicherung einsteigen.“ Es wäre das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik, dass die gesetzliche Altersvorsorge – eigentlich ein umlagefinanziertes Rentensystem, bei dem Bezieher*innen Geld durch Beitragszahlende erhalten ­– um einen Kapitalmarkt-Anteil ergänzt würde. Als Kapitalstock planen die Ampelkoalitionär*innen laut Sondierungspapier zehn Milliarden Euro aus Bundesmitteln.

Unklar bleibt derzeit noch, wie groß der Anteil der Kapitaldeckung an den Beiträgen zur Gesetzlichen Rentenversicherung sein wird. Aufschluss darüber könnte ein im Februar veröffentlichtes Konzept der FDP-Bundestagsabgeordneten Johannes Vogel und Christian Dürr geben. Momentan betragen die Rentenbeiträge, die jeweils zur Hälfte durch Arbeitnehmer*in und Arbeitgeber*in vom Bruttolohn gezahlt werden, 18,6 Prozent. Dieser Betrag soll bleiben, allerdings sollen zwei Prozentpunkte davon in Kapitalanlagen wie Aktien angelegt werden. Das solle die Rente erhöhen, da die Zuwächse am Kapitalmarkt höher seien, während der Beitragssatz gleichzeitig nicht steigen soll. „Gerade Menschen mit geringen Einkommen würden so erstmals von den Chancen der globalen Aktienmärkte profitieren und zu Unternehmensteilhaberinnen und - teilhabern werden“, heißt es in dem FDP-Papier.

Die FDP orientiert sich dabei am schwedischen Modell. In Schweden wird die gesetzliche Rente bereits seit der Jahrtausendwende durch Anlagen in Fonds ergänzt. 2,5 Prozent des Bruttolohns müssen dort angelegt werden. Wer sich nicht aktiv für einen anderen Fonds entscheidet, zahlt automatisch in den risikoarmen „AP7“-Staatsfonds ein.

Während beispielsweise die Verbraucherzentrale das Vorhaben einer teilweise kapitalgedeckten Rente befürwortet, ist unter anderem Juso-Vorsitzende Jessica Rosenthal skeptisch. Aktienmärkte würden das Problem nicht lösen. „Ich glaube, dass wir die gesetzliche Rente stärken müssen. Das ist ja auch das Konzept, für das wir mit der SPD angetreten sind“, sagte die Juso-Vorsitzende im Oktober in der ARD. „Wenn wir uns da anschauen, was da wichtig ist, dann glaube ich, hilft es nicht, nur auf die Aktienmärkte zu schauen, sondern dass wir vor allem über Lohnniveau sprechen.“

Neben einem höheren Lohnniveau und damit auch höheren Beiträgen gäbe es auch weitere Alternativen, um die gesetzliche Altersvorsorge zu stärken. SPD und Grüne hatten im Wahlkampf noch eine Bürger*innen- bzw. Erwerbstätigenversicherung versprochen, in die alle einzahlen sollen. Also auch Selbstständige und Berufsgruppen, die derzeit nicht Teil der Gesetzlichen Rentenversicherung sind. Von diesem Vorschlag ist im Sondierungspapier allerdings nichts zu lesen. Denkbar wäre auch, die Beitragsbemessungsgrenze anzuheben, wodurch Gutverdienende höhere Beiträge zahlen müssten. In seinem Buch „Die Rente“, welches wir in einem gesonderten Beitrag vorgestellt haben, schlägt der Autor Klaus Müller auch vor, die Rente durch staatliche Zuschüsse – finanziert durch eine gerechtere Steuerpolitik – zu ergänzen und damit das umlagefinanzierte System zu stabilisieren.

Allerdings haben die möglichen Koalitionspartner*innen dem durch Nicht-Einführung einer Vermögenssteuer offenbar bereits eine Absage erteilt.

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