Am 2. Dezember hat das Bundesfamilienministerium zu einer Online-Veranstaltung im Rahmen des in diesem Jahr erschienenen Achten Altersberichts unter dem Titel „Ältere Menschen in der Pandemie – Digitale Technologien als Chance?!“ eingeladen. Wir haben hier einige der Argumente und Vorschläge als Einblick zusammengefasst.
Im August dieses Jahres ist der Achte Altersbericht der Bundesregierung veröffentlicht worden. Der Achte Altersbericht widmet sich der überwiegend der technischen Entwicklung und trägt den Titel „Ältere Menschen und Digitalisierung“. Bereits am 5. November hatte das zuständige Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMSFJ) zu einer Auftaktveranstaltung zu Bericht eingeladen. Der eigentliche Bericht der Sachverständigenkommission, der von der Bundesregierung nur noch um eigene Stellungnahmen zu den Ergebnissen ergänzt worden ist, wurde bereits im Januar vorgelegt. Damit konnten die Entwicklungen der Corona-Pandemie noch nicht mit in die Analyse einbezogen werden.
Die am 2. Dezember organisierte Online-Veranstaltung des BMFSFJ sollte diese Diskussion nun nachholen. Dabei haben Mitglieder der Sachverständigenkommission gemeinsam mit der Vorsitzenden des Vereins „Wege aus der Einsamkeit e.V.“, Dagmar Hirche, und Janina Stiel von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) diskutiert. Die anderthalbstündige Veranstaltung widmet sich im ersten Teil der aktuellen entstanden (digitalen) Bedarfe älterer Menschen in der Corona-Pandemie, im zweiten Teil geht es dann vor allem um Möglichkeiten und Grenzen digitaler Technologien im Alter.
Einleitend hat der Vorsitzende der Achten Altersberichtskommission, Prof. Dr. Andreas Kruse von der Universität Heidelberg, auf den Altersbericht Bezug genommen und in die Ergebnisse eingeführt. Er wies darauf hin, dass der Bericht bereits Aspekte, die in der aktuellen Diskussion häufiger eine Rolle spielen, aufgegriffen hatte. So habe man sich mit der Frage nach der Bedeutung der Digitalisierung in Bezug zur sozialen Teilhabe (1.), zur Kommunikation (2.), bei Dienstleistungen (3.), Assistenz bei Mobilität und im Wohnraum (4.), Verbesserung der medizinischen Versorgung (5.) und im Pflegeberich (6.) beschäftigt.
Ein konkretes Beispiel, wie digitale Unterstützung im Alltag Älterer aussehen könnte, hatte der Psychologe und Alternsforscher Prof. Dr. Hans-Werner Wahl in einem Wortbeitrag verdeutlicht: „Da kommt die Altenpflegerin mit dem Tablet zu einer Bettledrigen Person und sagt: ‚Liebe Frau Schmidt, schauen Sie, hier sind Ihre Tochter und Ihr Enkel und wollen mit Ihnen reden (…). Sie haben auch ein paar tolle Fotos vorbereitet, die sie Ihnen zeigen wollen. Und wenn wir schon dabei sind – wenn Sie fertig sind komme ich nochmal und zeige Ihnen, dass Sie vielleicht auch noch Lust haben Doppelkopf zu spielen mit den Anderen (…).“
Konkrete Unterstützung bietet auch der Verein „Wege aus der Einsamkeit“ an. Dagmar Hirse skizzierte in ihrem Redebeitrag die Arbeit des Vereins in Bezug zur digitalen Unterstützung. Insgesamt habe Wege aus der Einsamkeit bereits 7.000 Menschen im Umgang mit entsprechenden Geräten unterstützt. Auch digital finde immer mehr Hilfe statt: Treffen über die Kommunikationsplattform Zoom gehörten ebenso dazu wie kleine Erklärvideos zur Smartphone-Nutzung.
Das Problem liege insgesamt nicht bei den älteren Menschen, die die Technologien nicht nutzten, sondern vielmehr an zu wenig Angeboten. Ein häufiger Fehler dürfe nach Auffassung der Vereinsvorsitzenden nicht gemacht werden: „Man traut älteren Menschen viel zu wenig zu, man reduziert sie immer auf das, was sie nicht können.“ Weitere Vorschläge von Dagmar Hirse zur besseren Unterstützung Älterer sind beispielsweise entsprechende Sendungen in den dritten Programmen oder Hilfestellungen in Ortsämtern.
„Was uns fehlt ist (…) eine bundesweite Strategie und Strukturen“, stellt Janina Stiel von der BAGSO in einem Redebeitrag fest. Zu oft verlasse man sich auf freiwillig Engagierte und das Ehrenamt. „Es gibt natürlich auch Hauptamtliche in den Volkshochschulen, in Mehrgenerationenhäusern, aber das ist zu wenig für die Älteren, die auf der Suche sind“, so Stiel weiter. Sie wiederholte in der Debatte auch die BAGSO-Forderung nach einem „Digitalpakt Alter“.
Es sei richtig, die Kommunen bei digitalen Unterstützungsangeboten zu stärken, „aber (…) wir brauchen noch einen anderen Akteur, den wir ansprechen, und das ist die Bauwirtschaft“, merkt Dr. Sibylle Meyer vom SIBIS-Institut in Berlin an. Die Immobilien müssten so ausgestattet sein, dass die Möglichkeiten überhaupt erst zu nutzen seien.
An der Online-Veranstaltung haben laut Moderatorin über 500 Menschen live teilgenommen. Die Veranstaltung wurde aufgezeichnet und kann noch bis einschließlich 26. Dezember 2020 angesehen werden. Dort ist auch der Chatverlauf des Live-Chats zur Veranstaltung nachzulesen.