Im Mai hatten wir bereits von den Fragen, die die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) an die Parteien gestellt hat, berichtet. Auch andere Organisationen und Sozialverbände haben sogenannte Wahlprüfsteine zur anstehenden Bundestagswahl aufgestellt.
Wahlprüfsteine können in Form von Fragen durch Organisationen und Verbänden vor der Wahl an die Parteien gerichtet werden. Den Einreichenden geht es darum, die Themen, für die sie sich im Besonderen einsetzen, dadurch noch einmal zu beleuchten und Interessierten ggf. eine Orientierung im Hinblick auf die Wahl im September zu ermöglichen.
Neben der BAGSO hat unter anderem auch der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) acht Fragen formuliert. Darunter beispielsweise:
- Wie wollen Sie Hasskriminalität gegen LSBTI wirksam bekämpfen (bundesweiter Aktionsplan zu Prävention und Bekämpfung, Berufung einer Expert*innenkommission, Benennung LSBTI-feindlicher Motive in §46 und §130 StGB, Sensibilisierung Polizei & Justiz, bessere Erfassung und Forschung zu Dunkelfeld?)
- Wie wollen Sie einen Nationalen Aktionsplan zur Akzeptanz von LSBTI mit klaren, zeitlich definierten Zielvereinbarungen, Selbstverpflichtungen staatlicher Stellen und Haushaltsmitteln auflegen, LSBTI-Demokratie-Projekte auf Bundesebene absichern, Bildung und Arbeit gegen Rechtsextremismus stärken?
Dass es sich um insgesamt um acht Fragen handelt, ist nicht die Entscheidung des Verbands, sondern Vorgabe der im Bundestag vertretenen Parteien. Diese hatten sich auf ein entsprechend begrenztes Verfahren zur Einreichung von Wahlprüfsteinen durch Lobbyorganisationen und -verbände geeinigt. „Diese Beschränkungen finden wir problematisch“, kritisiert der LSVD. „Wir denken aber, dass wir unsere zentralen Forderungen dennoch sehr konkret in den Fragen adressiert haben. Das sollte es Parteien erschweren, ins Unverbindlich-Allgemeine auszuweichen.“
Auch der Sozialverband VdK hat eigene Wahlprüfsteine aufgestellt. Der Sozialverband will unter anderem wissen:
- Wie wollen Sie Armut bekämpfen? Insbesondere Altersarmut und Kinderarmut?
- Wie wollen Sie erreichen, dass jede Patientin und jeder Patient die Gesundheitsversorgung bekommt, die notwendig ist? Auf dem Land, zeitnah, barrierefrei und ohne Übertherapie?
- Stimmen Sie zu, dass alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rente einzahlen sollen? Also auch Politiker, Selbstständige und Beamte? Wenn ja, wie wollen Sie dies erreichen? Wie wollen Sie Solo-Selbstständige und Mini-Jobber sozial absichern?
Zur letzten Frage zu einer Erwerbstätigenversicherung bei der Rente empfehlen wir auch unsere Zusammenfassung zu den rentenpolitischen Forderungen der Parteien, von denen einige diesen Punkt in ihren Wahlprogrammen vorsehen.
Auch die Fachverbände für Menschen mit Behinderung haben an Politik und Wähler*innen gerichtete Wahlprüfsteine aufgestellt. Diese sind allerdings nicht als Fragen, sondern als ausführlichere Forderungen formuliert. In den aufgestellten Forderungen heißt es unter anderem:
- „Nach der UN-Behindertenrechtskonvention (Art. 19 UN-BRK) muss gewährleistet sein, dass Menschen mit Behinderung gleichberechtigt die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben. Dafür müssen Menschen mit Behinderung Zugang zu gemeindenahen Unterstützungsdiensten haben.“
Auch Forderungen zu besserer Betreuung von Menschen mit Behinderung in Krankenhäusern oder zu digitaler Teilhabe finden sich in den Wahlprüfsteinen.
Wann, in welchem Umfang und auf welche der Fragen/ Forderungen die Parteien antworten ist noch unklar. Werden die Fragen der Organisationen durch die Parteien beantwortet, dürften die Antworten dann jedoch auch auf den jeweiligen Internetseiten veröffentlicht werden.