Das Bundesjustizministerium plant, das erst vor zwei Jahren geänderte Wohnungseigentumsgesetz (WEG) erneut zu ändern. Dabei sollen reine Online-Eigentümer*innenversammlungen ermöglicht werden. Der Verband Wohnen im Eigentum (WiE) fürchtet, die Änderung könne aufgrund technischer Hürden zulasten bildungsbenachteiligter und älterer Menschen sein.
Bekannt geworden war das Vorhaben zur Änderung des WEG nur über die Antwort des Bundesjustizministeriums auf eine Kleine Anfrage eines Bundestagsabgeordneten. Auf Anfrage des Tagesspiegel wurden entsprechende Reformvorhaben aus dem Ministerium bestätigt.
Im Kern soll es dabei um die Ermöglichung von Online-Versammlungen der Eigentümer*innen gehen – selbst dann, wenn beispielsweise aus technischen Gründen nicht alle Eigentümer*innen daran teilnehmen können. Der Verband Wohnen im Eigentum warnt davor, dass das besonders für ältere oder bildungsbenachteiligte Menschen von Nachteil wäre und befürchtet das Ende der Präsenzveranstaltungen. Denn vor allem die Verwalter*innen würden von einer solchen Gesetzesreform profitieren und dürften Online-Versammlungen künftig bevorzugen. Sie müssten keine Räumlichkeiten mehr zur Verfügung stellen oder anmieten und hätten bei gleichzeitiger Versammlungsleitung technische Möglichkeiten wie das Stummschalten einzelner Teilnehmer*innen zur Verfügung.
Bereits jetzt ermögliche die Rechtslage Hybridveranstaltungen, also die Kombination aus Präsenz und Online-Teilnahme, erklärt WiE. Selbst reine Online-Versammlungen seien bereits denkbar, wenn alle Eigentümer*innen zustimmen. Der Verband WiE formuliert hinsichtlich der noch vage bekannten Reformvorhaben einige Fragen an das Bundesjustizministerium. Darunter zum Beispiel:
- „Wie will das BMJ verhindern, dass hochbetagte oder bildungsbenachteiligte Wohnungseigentümer, die digital nicht versiert sind, nicht ausgegrenzt werden?“ oder
- „Wie will das BMJ verhindern, dass Stress, Konflikte und Streitigkeiten in die WEGs getragen werden – zwischen den Online-Befürwortern und der Verwaltung auf der einen Seite und den skeptischen bis ablehnenden Wohnungseigentümern auf der anderen Seite?“
„Digitalisierung kann nur Mittel zum Zweck sein“, argumentiert der Verband weiter. „Ist eine WEG nicht gut aufgestellt, weil die Miteigentümer nicht informiert und außerhalb der Eigentümerversammlung nicht miteinander vernetzt sind oder weil die Verwaltung intransparent arbeitet oder sich nicht engagiert, bringt die reine Online-Versammlung keine schnelleren und besseren Beschlüsse.“