Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit
Laut Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sollen dazu Faktoren identifiziert und erforscht werden, die dazu beitragen können, Einsamkeit zu verhindern und zu bekämpfen. Des Weiteren soll mit dem Einsamkeitsbarometer ein Instrument entwickelt werden, um das Ausmaß der Einsamkeit in Deutschland erfassen zu können.
Informationen und Erkenntnisse über Einsamkeit sollen breit gestreut und zugänglich gemacht werden, um das Bewusstsein für dieses Thema in der Öffentlichkeit zu stärken. Für die Umsetzung der Strategie sind das Kompetenznetz Einsamkeit (KNE) sowie die Geschäftsstelle zur Begleitung der Strategie gegen Einsamkeit verantwortlich. Auf der Webseite des KNE findet sich eine Liste mit Hilfs und Beratungsangeboten.
Darüber hinaus bietet das KNE eine sogenannte „Angebotslandkarte“, in der Interessierte über die Eingabe ihrer Postleitzahl oder ihres Wohnortes nach passenden Angeboten in ihrer Nähe suchen können.
Tipps der Malteser gegen Alterseinsamkeit
Ein anderer Ansatz findet sich bei den Maltesern. Unter dem Titel „Tipps gegen Einsamkeit im Alter“ haben die Malteser eine Liste mit 10 Tipps für eigene Maßnahmen gegen Einsamkeit entwickelt. Die Malteser zielen in ihren Tipps vor allem auf das „aktive“ Individuum:
- Tipp 1: Lebensfreude wiederentdecken, indem man auch allein etwas unternimmt. „Alleine bedeutet nicht gleich einsam zu sein.“
- Tipp 2: Regelmäßigkeiten schaffen, sich Strukturen überlegen und diese in einem ersten Schritt auch auf Papier genau planen und festhalten.
- Tipp 3: „Handeln Sie proaktiv! Rufen Sie alte Bekannte an oder nehmen Sie Brieffreundschaften wieder auf […].“
- Tipp 4: Neue Technik und das Erlernen neuer Technik als Chance nutzen.
- Tipp 5: Die Nachbarn ansprechen oder, in Verbindung mit Tipp 4, Menschen über Online-Netzwerke wie nebenan.de oder nextdoor.de zunächst online kennenlernen, wenn der persönliche Kontakt schwer fällt.
- Tipp 6: Ehrenamtliches Engagement finden.
- Tipp 7: Mehrgenerationenhäuser: „Wäre das Leben in einer großen Wohngemeinschaft eine Option für Sie?“ Allerdings sollte hier eingeschränkt werden, dass es auch darauf ankommt, ob und wo solche Angebote vorhanden sind.
- Tipp 8 und 9: Gehen Sie einem Hobby nach und/oder machen Sie Sport.
- Tipp 10: Mit einem Haustier sind Sie in guter Gesellschaft. Allerdings gilt es hier ehrlich zu fragen, ob man diese Verantwortung übernehmen kann und will. Sollte das nicht der Fall sein, bieten die Malteser immerhin einen Besuchsdienst mit Hund an.
Weitere Perspektiven auf Einsamkeit im Alter
Das Problem an diesen Tipps liegt allerdings in ihren Voraussetzungen. Nicht jeder hat Zugang zu sozialen Gruppen oder ehrenamtlichen Möglichkeiten, sei es aus geografischen, finanziellen oder gesundheitlichen Gründen.
Gerade für Menschen in ländlichen Gebieten oder mit eingeschränkter Mobilität, die zudem nicht „digitalaffin“ sind, verfehlen diese Tipps ihren Zweck. Hinzu kommt, dass nicht jeder sich in großen Gruppen oder im Rahmen von Freiwilligenarbeit wohlfühlt. Introvertierte Menschen oder solche mit sozialen Ängsten könnten solche Vorschläge als überwältigend empfinden und sich dadurch noch weiter zurückziehen, anstatt Unterstützung zu finden.
Insbesondere, aber nicht nur, wenn Einsamkeit in Verbindung mit Depressionen auftritt, können solche Tipps zu Fehlschlüssen führen, die die Verantwortlichkeit im inaktiven Verhalten der betroffenen Personen sehen und dabei den Kontext, also die Lebensbedingungen, die Persönlichkeit oder eben die Gründe für die Erkrankung aus den Augen verlieren.
Eine erste Anlaufstelle bei Depression bietet hier die deutsche Depressionshilfe, wobei explizit auch Angehörige und Menschen, die nicht wissen, ob sie eine Depression haben, sich an diese Hilfe wenden können.
Soll Einsamkeit ernst genommen werden, sollten insbesondere in der Forschung die Menschen berücksichtigt werden, die aufgrund von Einschränkungen nicht aus eigener Kraft aus ihrer Einsamkeit herausfinden können. Forschungen im Rahmen der „Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit“ sollten daher Faktoren betrachten, die über das individuelle Verhalten hinausgehen. Ein „Einsamkeitsbarometer“ könnte zusammen mit anderen soziodemografischen Daten dabei helfen, strukturelle Problemfaktoren für Einsamkeit zu erkennen. Diese Erkenntnisse wären jedoch nur dann wertvoll, wenn daraus auch nachhaltig finanzierte Projekte zur Bekämpfung von Einsamkeit entstünden.
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