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2. September 2022

Grundsicherung im Alter: Erhöhung der Regelbedarfe?

Existenzsichernde Leistungen wie Arbeitslosengeld II („Hartz IV“) oder die Grundsicherung im Alter werden in sogenannten Regelbedarfen erbracht. Diese steigen automatisch zu einem Jahreswechsel durch einen festgelegten Index. Der Paritätische hat ausgerechnet, was das für 2023 mit aktuellen Daten bedeuten würde, wenn die Regierung nicht noch eingreift: Ein Plus von 4,6 Prozent, während die Inflation momentan bei etwa 7,5 Prozent liegt.

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Neben den Unterkunfts- und Heizkosten bekommen Menschen, die Sozialhilfe und andere Grundsicherungsleistungen beziehen, monatlich Geld für Ernährung, Kleidung, Mobilität und viele weitere existenznotwendige Bedarfe. Der dafür vorgesehene Betrag ist pauschaliert und heißt „Regelbedarf“. Für alleinstehende liegt dieser derzeit bei 449 Euro. Ermittelt wird dieser Wert auf Grundlage einer alle fünf Jahre erstellten Sonderauswertung der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS). In den Jahren, in denen keine neue EVS-Sonderauswertung vorliegt, werden die Regelbedarfe automatisch zum Jahreswechsel fortgeschrieben. Dafür ist ein gesetzlicher Mischindex aus Preisentwicklung (70 Prozent) und Lohnentwicklung (30 Prozent) vorgesehen. Wenn die Bundesregierung nicht vorher noch eingreifen sollte, bestimmt dieser Index auch die Regelbedarfsstufen für das kommende Kalenderjahr.

Die zur Berechnung dieses Fortschreibungsindex notwendigen Daten liegen nun vor, da sich diese auf das Jahr von Juli 2021 bis Juli 2022 beziehen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat mit diesen Daten errechnet, dass die Fortschreibung ein Plus von 4,6 Prozent zum 1. Januar bedeuten würde. Für eine alleinstehende Person wären das 470 statt 449 Euro wie bisher. „Unter anderen Umständen ohne Inflation könnte eine Anpassung um 4,6 Prozent eine relevante Erhöhung sein“, heißt es in der Meldung des Verbands. „Aktuell erleben wir aber eine extrem hohe Inflation.“

Tatsächlich lag die allgemeine Inflationsrate im Juli 2022 gegenüber dem Vorjahresmonat bei 7,5 Prozent, auch ist nicht abzusehen, dass die Preise in unmittelbarer Zukunft wieder drastisch sinken würden. „Die Inflation frisst damit die nominelle Erhöhung der Leistungen nicht nur auf, sondern sorgt dafür, dass die Betroffenen sich weniger leisten können als zuvor. Die Grundsicherungsleistungen sind unter dem Strich weniger wert. Einfacher ausgedrückt: sie werden faktisch ärmer“, warnt der Paritätische.

Was viele nicht wissen: Die Stromkosten der Grundsicherungs- und Sozialhilfeempfänger*innen sind durch den ihnen monatlich zur Verfügung stehenden Regelbedarfen zu decken. Sie werden nicht – wie oft angenommen – im Rahmen der Unterkunftskosten durch den zuständigen Träger separat übernommen. Die im Regelbedarf vorgesehenen Beträge für Haushaltsenergie hinken der Realität längst hinterher. Leistungsbezieher*innen müssen damit de facto an anderen Ausgaben sparen – zumeist zulasten sozialer Teilhabe.

Allerdings ist es bislang offen, ob es wirklich zu dieser faktischen Kürzung kommt. „Verschiedene Vertreter*innen der Ampel-Koalition haben sich öffentlich dafür ausgesprochen, dass die Regelbedarfe stärker erhöht werden sollen. Bundesminister Heil hat gegenüber der Presse 40 bis 50 Euro an Erhöhung genannt“, erklärt der Paritätische in der Hoffnung, dass die Regierung es nicht bei dem Automatismus der Regelbedarfsfortschreibung belässt. Vor allem im Hinblick auf die FDP heißt es dazu vom Wohlfahrtsverband allerdings ergänzend: „Innerhalb der Regierung scheint es hierzu aber keinen Konsens zu geben.“

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