Im Juli veröffentlichte die Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten Schleswig-Holsteins, Samiah El Samadoni, ihren Tätigkeitsbericht für den Berichtszeitraum 2023. Während der 35 Jahre des Amts der Bürgerbeauftragten wurden insgesamt 101.217 Petitionen eingereicht.
Laut Bericht waren dabei die häufigsten Themen: Grundsicherung für Arbeitsuchende (bzw. Bürgergeld) mit 673 Petitionen, Sozialhilfe mit 412 Petitionen und gesetzliche Krankenversicherung mit 397 Petitionen.
Ein zunehmendes Thema ist die Pflege. So lag der Eigenanteil für die stationäre Pflege in Altenheimen im Jahr 2023 bei etwa 2.700 Euro monatlich. Aktuell liegt dieser Anteil für Schleswig-Holstein bei 2.855 Euro. Eine aktuelle Aufschlüsselung des Eigenanteils und der Kosten findet sich unter pflege.de. Zwar stellt der Bericht fest, dass betroffene Partner*innen „einen Antrag auf Hilfe zur Pflege in Form von Übernahme der Heimkosten für den Eigenanteil bei der stationären Pflege“ stellen können. Allerdings gelten dafür einige Bedingungen.
Demnach besteht ein Vermögensfreibetrag für Ehepaare von 20.000 €. Zudem werden Leistungen nach dem SGB XII (Sozialhilfe), also z.B. Grundsicherung im Alter und die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG), nicht angegriffen. Laut Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB) beträgt die Grundrente für 2024 1.129 Euro. Die Grundsicherung liegt noch darunter. Auch Kindergeld – das gerade bei älteren Ehepaaren eher unwahrscheinlich ist – bleibt unberührt. Eine vollständige Liste findet sich auf der Seite der Verbraucherzentrale. Dort heißt es auch, dass zu den abzugsfähigen Beiträgen neben Einkommenssteuern und Beiträgen zur Sozialversicherung auch geförderte Altersvorsorgebeiträge (z.B. Riesterverträge) bis zur Höhe des Mindesteigenbeitrages nach § 86 Einkommensteuergesetz (EStG) sowie Werbungskosten abgesetzt werden können. „Das Sozialamt beteiligt sich in diesen Fällen nur dann an Pflegekosten, wenn die pflegebedürftige Person oder deren Ehe- oder Lebenspartner nicht ausreichend Einkommen oder Vermögen haben, um die Kosten bezahlen zu können.“
Mit anderen Worten, Personen, die eine Pflegeeinrichtung in Anspruch nehmen müssen, machen im Prinzip zwei Steuererklärungen. Hinzu kommt, dass viele der abzugsfähigen Gründe beim Renteneintritt wegfallen oder minimiert werden.
Für Menschen mit wenig Vermögen oder Einkommen bedeutet ein Pflegefall, der nicht mehr zuhause versorgt werden kann, häufig, dass Ehepartner*innen in finanzielle Not geraten. Diese müssen oft große Teile ihres Einkommens aufwenden, was zu Altersarmut führen kann, kritisiert auch El Samadoni. Die logische Forderung wäre eine grundlegende Reform der Pflegefinanzierung in Form einer Vollkostenversicherung, ähnlich der Krankenversicherung, um eine gerechtere Finanzierung sicherzustellen.
Wie der Bericht mit Bezug auf den Anstieg von Petitionen im Jahr 2023 zeigt, ist das Thema von großem Interesse für die Bürger*innen Schleswig-Holsteins. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass die Landesregierung und der Landtag den Bericht zur Kenntnis genommen haben. Gedanken zu Plänen zur Pflegereform oder zur Effizienz in der Pflege entnehmen Sie unseren jeweiligen Beiträgen.